Glücksspiel der Liebe
sich zu einem lockeren Tonfall. »Wie... ideal.«
»Ideal? Ich würde sagen, Helmsley ist alles andere als...« Er stockte und musterte sie. »Warum?«
Unschuldig riss sie die Augen auf. »Warum was?«
»Warum hältst du ausgerechnet Helmsley für ideal? Kennst du ihn etwa?«
»Nein, natürlich nicht. Ich habe noch keine zwei Worte mit dem Mann gesprochen.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich habe ihn allerdings einmal gesehen, bevor meine Familie London verließ. Ach, wie lange mag das her sein? Neun Jahre vielleicht?« Am kommenden Heiligabend wären es auf den Tag genau neun Jahre. »Er gefiel mir rein äußerlich, mehr nicht. Wenn er sich nicht grundlegend verändert hat, dürfte er nicht unansehnlich sein. Und wenn ich schon jemanden so überstürzt heiraten muss, wie es meine Situation erfordert, schadet es sicher nichts, wenn er mir wenigstens äußerlich gefällt.«
Oliver betrachtete sie prüfend. »Ich weiß nicht, ob ich dir glauben soll.«
» Aber es stimmt, ich mochte sein Aussehen.«
Konnte dieser Mann denn einer Frau nicht gefallen? Wenn ihre Erinnerung sie nicht trog, war Jonathon Effington groß, hatte bestrickend breite Schultern, dunkelbraunes Haar, und er tanzte wie ein junger Gott. Außerdem verfügte er über ein zauberhaftes Grübchen, wenn er lachte, und Augen, in denen der Schalk blitzte. Nicht, dass sie je mit ihm getanzt oder ihm in die Augen geblickt hätte, und auch sein Lachen hatte sie nur aus der Ferne vernommen.
»Das meinte ich nicht, und das weißt du ganz genau.«
»Wie dem auch sei, er ist eine gute Partie, selbst Vater hätte seinen Segen dazu gegeben. Er wäre ein mehr als standesgemäßer Gatte.«
»Und du bist bei weitem nicht die einzige junge Dame in London, die dieser Ansicht ist. Helmsley ist einer der begehrtesten Junggesellen im ganzen Land. Eines Tages wird er der Duke of Roxborough sein, und außerdem ist er noch unverschämt reich.«
»Ich sagte doch, er sei fabelhaft.« Sie strahlte. »Jetzt müssen wir ihn nur noch davon überzeugen, dass auch ich für ihn ideal bin.«
»Und hast du dafür auch schon einen Plan?«
»Keineswegs.« Sie seufzte. »Einige Gentlemen wollten mich zur Heirat überreden, doch nie kam ich in die Verlegenheit, einen von ihnen dazu verlocken zu müssen. Es gibt natürlich immer die Möglichkeit, ihn in eine kompromittierende Situation zu bringen, so dass er gezwungen wäre mich zu heiraten, um meine Ehre zu retten und all das.«
Oliver zog eine Augenbraue hoch. »Das würdest du tun?«
»Leider fürchte ich, dass ich es nicht tun würde. Nicht, dass ich dazu nicht verzweifelt genug wäre, aber selbst ich habe gewisse Moralvorstellungen.
Außerdem muss ich den Rest meines Lebens mit ihm verbringen und würde daher den Groll, den eine erzwungene Heirat sicherlich hervorriefe, lieber vermeiden.«
»Sehr gut.«
»Freut mich, dass du mir zustimmst. Obwohl es die Sache wesentlich vereinfachen würde, wenn ich die Sorte Frau wäre, die einen Mann in eine ungewollte Ehe zwingt. Oliver.« Sie beugte sich zu ihm. »Seid ihr beide nicht befreundet? Kannst du dir nicht etwas ausdenken?«
»Etwas, was einen alten Freund dazu verleiten würde, eine völlig fremde Frau zu ehelichen? Das ist doch eine recht gewaltige Herausforderung.« Oliver grinste. »Andererseits könnte die Herausforderung eben der Schlüssel sein.«
»Was meinst du damit?«
»Helmsley kommt aus einer Familie von äußerst willensstarken Frauen.« Er kicherte in sich hinein. »Vertrau mir in diesem Punkt einfach; es gab einmal eine Zeit, in der ich mir einbildete, in seine jüngere Schwester verliebt zu sein. Jedenfalls war er früher sehr strikt was seine Erwartungen an eine Ehefrau anging. Still, zurückhaltend, wohlerzogen, du verstehst.«
»Oje«, murmelte sie.
»In den letzten Jahren jedoch wurde ihm allmählich bewusst, dass dieser spezielle Frauentypus ihn zu Tode langweilen würde. Er will eine Frau mit Verstand, die weiß, was sie will. Er wünscht sich eine Braut, die ihm etwas mehr« — Oliver musste grinsen — »Herausforderung bietet.«
»Ich weiß nicht, ob ich schon einmal absichtlich versucht habe, eine Herausforderung darzustellen. Aber ich könnte es ja mal probieren«, ergänzte sie rasch. »Und ich weiß unleugbar, was ich will.«
»Eine Frau, die lieber durch halb Europa flieht statt den Mann zu heiraten, den ihr Vater für sie vorsah, könnte durchaus die richtige für Helmsley sein.«
»Ausgezeichnet.«
Jonathon Effington
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