Glücksspiel der Liebe
gegangen. Wenn aber Lizzie Fiona auf dem Flur gesehen hatte, hätte er noch eine Chance, sie abzufangen.
»Nein«, antwortete Lizzie gelassen. Trotzdem bestand die entfernte Möglichkeit, dass sie Fiona gesehen hatte und es ihm nur nicht erzählen wollte. Seine Schwester war nicht gerade nachsichtig mit seinen weihnachtlichen Tete-a-tetes.
»Verstehe.« Wenn Lizzie sie wirklich nicht getroffen hatte, war Fiona vermutlich bereits wieder im Ballsaal.
»Hast du Nicholas gesehen?«, fragte Lizzie.
»Nicholas?« Jonathon starrte immer noch den Korridor hinunter, als könnte er Fionas Rückkehr durch seinen bloßen Willen erzwingen. Oder er müsste versuchen, sie unten in der Menge zu finden; allerdings wusste er aus Erfahrung, dass es beinahe unmöglich war, eine einzelne Frau unter all den Gästen des Balls aufzuspüren. Aber er konnte es wenigstens versuchen.
»Ja«, fauchte sie. »Nicholas Col li ngsworth. Sir Nicholas. Deinen guten alten Freund.«
»Aber natürlich.« Jonathon warf einen letzten sehnlichen Blick in den dunklen Flur, dann steckte er Fionas Karte in seine Westentasche.
Lizzie hatte mit ihren eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen. Und ungeachtet der Lage, in die Jonathon sich manövriert hatte, schuldete er ihr jede erdenkliche Unterstützung. Zwar war er überzeugt davon, dass sie schon bald glücklich verheiratet wäre, doch ihr auf diesem Weg behilflich zu sein war das Mindeste, was er tun konnte. Es war eine Schuld, die längst überfällig war.
Er seufzte tief auf und wandte sich seiner Schwester zu.
»Ich höre?«, fragte Lizzie ungeduldig. »Hast du ihn gesehen?«
»Nur kurz...«
Bis er mit Lizzie und Nicholas fertig war, wäre es bestimmt zu spät, Fiona zu finden und dieses Missverständnis aufzuklären. Er würde ihr und Oliver so bald als möglich einen Besuch abstatten müssen. Doch bei all den familiären Festivitäten und Verpflichtungen an den folgenden beiden Weihnachtsfeiertagen würden sicherlich zwei Tage vergehen, bevor er sie wiedersah.
In der kurzen Zeitspanne von zwei Tagen konnte doch sicherlich nichts Unwiderrufliches geschehen?
Drittes Kapitel
Ein, zwei oder drei Tage später, je nach Standpunkt und Verzweiflungsgrad...
»Glaubt ihr, er hat seine Meinung geändert?« Genevieve Fairchilds beiläufig dahingesagte Frage hing in der Luft des Salons, den Tante Edwina den Schwestern zur Verfügung gestellt hatte. Gen ließ sich auf eine Chaiselongue sinken, den Blick weiterhin auf die Zeitschrift in ihrer Hand gerichtet, obwohl sie wie jeder andere im Raum sich schmerzlich der Tragweite ihrer Frage bewusst war. Wenn auch niemand bisher gewagt hatte, sie laut auszusprechen. »Es sind bereits zwei volle Tage vergangen, drei, wenn man heute mitzählt.«
»Ich zähle heute nicht mit«, verkündete Fiona und wanderte weiter auf und ab. Wie sie es auch schon gestern und vorgestern in den schier endlosen Stunden getan hatte, sofern sie nicht von weihnachtlichen Festlichkeiten abgelenkt worden war. Tante Edwina liebte ein volles Haus und hatte alle möglichen Beschäftigungen arrangiert. Es wäre ein großer Spaß gewesen, hätte Fiona sich nicht unentwegt Sorgen um ihre bevorstehende Hochzeit gemacht.
Sophia Fairchild sah von ihrer Stickarbeit auf und tauschte wissende Blicke mit ihrer Zwilhngsschwester Arabella, die gerade einen Brief schrieb.
»An deiner Stelle würde ich heute mitzählen«, murmelte Belle.
»Drei Tage sind eine lange Zeit«, fügte Sophia hinzu.
»Zwei Tage«, zischte Fiona. »Es sind nur zwei Tage. Und da es die Weihnachtstage waren, zählt es fast überhaupt nicht. Man könnte mit Fug und Recht behaupten, dass Lord Helmsley und ich erst vor weniger als einem ganzen Tag zu einer Einigung gekommen sind.«
»Wenn du dir selbst etwas vormachen und in einer Welt voller Elfen und Feen und anderen Fantasiegeschöpfen leben willst.« Gen sprach mehr mit sich selbst.
Fiona blieb stehen und funkelte die Jüngere an. »Ich mache mir nichts vor. Lord Helmsley ist ein Ehrenmann. Er hat eingewilligt, mich zu heiraten — erstaunlicherweise etwas rascher, als ich erwartet hatte, aber immerhin eingewilligt. Und ich bin vollkommen zuversichtlich, dass er zu seinem Wort stehen wird.«
»Tatsächlich?« Gen warf das Magazin beiseite und setzte sich auf. »Und warum hast du dann Cousin Oliver noch nichts von seiner Lordschaft Zustimmung erzählt?«
»Ich hatte noch keine Gelegenheit dazu«, gab Fiona zurück.
»Du bist ihm aus dem Weg gegangen, so war es
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