Glücksspiel der Liebe
etwa?«
»Absolut. Noch nie hat es dir an Selbstvertrauen gemangelt und noch nie hast du mich um Unterstützung gebeten, gleich welche Dame gerade deine Aufmerksamkeit erregt hatte.«
»Das ist etwas anderes«, protestierte er im Brustton der Überzeugung.
»Ach ja?«
»Sie ist anders.« Er wusste nicht recht, wie er das erklären sollte.
»Mir scheint sie nicht so anders zu sein. Gut, ihre Umstände sind sicherlich ungewöhnlich, aber ich möchte dennoch behaupten, dass sie kaum anders ist als jede andere junge Frau auf der Suche nach einem Ehemann. Etwas verzweifelter vielleicht, aber nicht grundlegend anders. Frauen heiraten doch unentwegt, um ihre finanzielle Situation zu verbessern.« Unvermittelt setzte sie sich auf, das Hündchen musste mit den Pfoten strampeln, um nicht auf den Boden zu rutschen. »Ich sollte sie so bald als möglich kennenlernen. Vor allem, wenn sie so anders ist, wie du meinst. Ich kann dir doch keinen vernünftigen Rätschlag geben, bevor ich deine Miss Fairchild überhaupt getroffen habe.«
Jonathon war nicht überzeugt, dass ein Treffen zwischen Judith und Fiona ratsam wäre, ungeachtet seiner möglichen Gefühle für Fiona. Oder für Judith. »Judith, ich weiß nicht, ob...«
»Ich werde Norcroft sofort schreiben.« Sie klemmte sich den Hund unter den Arm, stand auf und rauschte durchs Zimmer. Jonathon hätte schwören können, dass das Tierchen ihm im Vorbeifliegen einen drohenden Blick zuwarf.
» Judith.. .«, rief er ihr nach.
»Er muss Miss Fairchild mit zum Twelfth Night Ball bringen.« Judith setzte den kleinen Hund in ein mit Schleifen und Spitze verziertes Körbchen und nahm vor einem kleinen Schreibtisch Platz. »Ich werde sie einfach einladen. Oder glaubst du, sie wird gekränkt sein? Dass ich sie so spät einlade, meine ich? Die übrigen Einladungen gingen bereits vor Wochen heraus.«
»Kein bisschen«, gab Jonathon matt zurück. Oliver und er hatten zwar ohnehin die feste Absicht gehabt, Fiona mit auf Judiths Ball zu nehmen. Doch es war nie die Rede davon gewesen, dass die beiden Damen sich tatsächlich kennenlernten.
»Weißt du, das ist seit Jahren der erste Ball, den ich in der Stadt gebe.« Judith zog ein Blatt Papier aus einer Schublade und tauchte die Feder in ein reich verziertes Tintenfass. »Üblicherweise ziehe ich den vertrauteren Rahmen meines Landsitzes vor, aber manchmal sehnt man sich einfach nach einem großen, extravaganten Ereignis, auch ohne besonderen Grund.«
»Selbstverständlich«, murmelte er.
»Es ist bereits zehn Jahre her, dass mein Gatte starb. Ein volles Jahrzehntals Witwe.« Sie hielt beinahe wehmütig inne. »Ich habe mich wirklich sehr gut amüsiert.«
Jonathon starrte sie an. Nun waren sie schon so lange befreundet, doch er konnte sich nicht erinnern, dass sie jemals vorher ihren verstorbenen Ehemann erwähnt hatte. Oder auch nur im Ansatz wehmütig geklungen hatte.
»Ich sollte jetzt gehen.« Er näherte sich der Tür. »Miss Fairchild und ich müssen weiter an dem Buch arbeiten.«
»Jonathon.« Judith legte die Feder ab und schwang auf dem Stuhl herum. »Du bist gekommen, um mich um Rat zu fragen. Hier ist mein Ratschlag. Nutze die Gelegenheit dieser Arbeit an dem Buch, um die Dame besser kennenzulernen.«
»Besser kennenzulernen?« Er schüttelte den Kopf. »Sie wird mir nicht gestatten...«
»Ich spreche von Freundschaft.« Sie seufzte ungeduldig. »Biete ihr die Hand der Freundschaft an. Das wirst du doch wohl schaffen, ohne unanständige Avancen?«
Fionas strahlendes Lächeln und die unwiderstehlichen grünen Augen schoben sich flüchtig vor sein geistiges Auge.
»Um Himmels willen, mach wenigstens den Versuch, deine natürlichen Neigungen zu unterdrücken.« Sie verdrehte die Augen. »Sie sagte doch, sie könnte sich in dich verlieben. Das kannst du nicht zulassen, solltest du ihre Zuneigung nicht erwidern.«
»Natürlich nicht.«
»Allerdings sollte ich darauf hinweisen, dass einige der besten Ehen meiner Anschauung nach sowohl auf Freundschaft als auch auf Liebe beruhen. Freunde dich mit Miss Fairchild an, und im Verlaufe dessen kannst du deine eigenen Gefühle erforschen.«
Er atmete tief durch. »Ich weiß nicht, welcher Art meine Gefühle sind.«
»Genau darum besteht ja die Notwendigkeit, sie zu erforschen. Jonathon.« Ihr Tonfall wurde nüchterner und sie suchte seine Augen. »Wenn sie wirklich ist, wie du es dir immer gewünscht hast, kannst du sie nicht gehen lassen. Das könnte der größte Fehler
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