Glücksspiel der Liebe
Entschuldigungen auszudenken — warum der werte Herr Sokn noch nicht bereit ist sich niederzulassen oder schon zu viel Verantwortung trägt, um sich mit einer Ehefrau zu belasten — oder gar gelegentlich etwas«, hier senkte Tante Edwina die Stimme und sah verlegen beiseite, »über den Wahnsinn zu murmeln, der unter den männlichen Mitgliedern der Familie kursiert.«
»Tante Edwina!« Fiona prustete heraus. »Das hast du nicht getan!«
»Sei dir da nicht so gewiss.« Sie dachte kurz nach, dann zuckte sie entschuldigend die Achseln. »In einem speziellen Fall erwähnte ich das der Mutter einer jungen Frau gegenüber, deren Verhalten bei weitem zu wild und zügellos war und die wahrscheinlich eines Tages in Schimpf und Schande enden wird. Ich war der Meinung, sie sollte ihre Bemühungen lieber auf einen anderen kaprizieren. Deshalb schien es mir in dem Moment eine phantastische Idee, ihr von einer erblichen Belastung in unserer Familie zu erzählen.«
Fiona lachte. »Ich gehe davon aus, dass ich diese Angelegenheit Oliver gegenüber ebenfalls besser nicht erwähne.«
»Da hast du sicher Recht«, gab Tante Edwina trocken zurück. »Also gut.« Sie stand auf. »Oliver schlug vor, dass ich deinen Schwestern heute Morgen das British Museum zeige und wir danach einige Besuche abstatten. Daher werden wir wohl den Großteil des Tages unterwegs sein. Möchtest du dich uns gerne anschließen?«
»Vielen Dank, aber lieber nicht.« Fiona erhob sich ebenfalls. »Ich möchte lieber zeichnen oder vielleicht etwas schreiben.«
»Du musst sicher einige Freunde in Italien haben, die gespannt auf ein paar Zeilen von dir warten. Mit der Korrespondenz kann man sich schier endlos aufhalten, nicht wahr? Ich selbst bin ganz schlecht darin.« Sie runzelte die Stirn. »Vielleicht sollte ich auch lieber zu Hause bleiben.«
»Aber dann wären die Mädchen sicher sehr enttäuscht«, beeilte sich Fiona zu versichern und wünschte, sie hätte ihren Mund gehalten.
»Auch ich wäre betrübt.« Tante Edwina nickte und ging zur Tür. »Außerdem sind sie Engländerinnen und es wird höchste Zeit, dass sie mehr über ihre Herkunft und die englischen Sitten und Gebräuche lernen. Und nebenbei werden wir uns noch prächtig unterhalten.« An der Tür sah sie sich noch einmal nach ihrer Nichte um. »Und sobald wir dich verheiratet haben, suchen wir eine Frau für Oliver.«
Während Fiona am Tisch in der Bibliothek saß und auf Jonathon wartete, las sie das gestern Aufgezeichnete noch einmal. Es war mehr vielsagend als explizit und besaß eine gewisse Art erotischer Eleganz. Zumindest ihrer Ansicht nach. Dennoch — eine heiße Röte überzog ihre Wangen — war es eindeutig erregend. Würde es aber auch das Publikum ansprechen, das Jonathon im Sinn hatte? Kurz gesagt, würde es sich gut verkaufen?
Fiona hörte Stimmen in der Eingangshalle und wappnete sich innerlich für einen weiteren Tag der Verstellung. Nein, Jonathons Worte übten keinerlei Wirkung auf sie aus. Die Bilder, die vor ihrem geistigen Auge entstanden, ließen sie völlig unbeeindruckt. Ebenso das zittrige Gefühl in ihrer Magengegend. Oder diese Hitze im Raum, die zu Beginn des Tages nicht übertrieben wirkte, doch gegen Abend kaum zu ertragen war.
Die Tür schlug auf und eine zarte blonde Dame schwebte herein. »Guten Morgen, meine Liebe.«
Die Frau sah einige Jahre älter aus als Fiona, war ein ganzes Stück kleiner und außergewöhnlich hübsch. Fiona erhob sich und begrüßte sie verhalten. »Guten Morgen.«
Die Blonde musterte sie abschätzig. Fiona fühlte sich äußerst unbehaglich, sie konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, von einem Fuß auf den anderen zu treten. »Herrje, Sie sind aber hübsch. Man käme niemals auf den Gedanken, Sie könnten so alt sein, wie Sie sind.«
»Vielen Dank.« Fiona zwang sich zu einem freundlichen Tonfall. »Ich würde denken, dass Sie ebenfalls jünger aussehen, als Sie sind.«
Die Augen der Dame weiteten sich, dann brach sie plötzlich in Gelächter aus. »Gut pariert, Miss Fairchild.« Sie kräuselte die Stirn. »Sie sind die ältere Miss Fairchild, richtig? Miss Fiona Fairchild?«
»Sollte es eine noch ältere Miss Fairchild geben, wäre ihre Lage zweifellos noch misslicher als meine«, gab Fiona trocken zurück. »Und Sie sind?«
»Wie unhöflich von mir, mich nicht vorgestellt zu haben, bevor ich Kommentare von solch intimer Natur abgebe. Solche Details entfallen mir nur allzu häufig. Ich bin Lady Chester.« Sie
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