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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Neckar zurück. Unten in der Uferstraße kam uns das große
Teilnehmerfeld entgegen. Von den Läufern gab es Beifall und Aufmunterungen für Katinka.
Einer aus unserer Gruppe legte einen Zwischensprint ein, um sich an die Spitze zu
setzen. Seht ihr das?, rief er aller Welt mit seiner Aktion zu. Wenn ich will, habe
ich die Glück locker im Griff. Gebe ihr sogar Windschatten!
    Dann führte
die Strecke nach links, und vorbei war es mit solchen Spielchen.
    »Es geht
los«, meinte einer.
    Der Anstieg
zum Philosophenweg begann. Fast 100 Höhenmeter auf einem einzigen Kilometer. Erst
steil, zwischendurch flach, dann extrem steil. In der letzten Kurve hatte ich das
Gefühl stehen zu bleiben. Auch Grothe kämpfte. Katinkas Gruppe fiel sofort auseinander.
Fast eine halbe Stunde lang hatten die Jungs an ihr geklebt wie Pattex, und nun
genügten ein paar zügige Schritte, um sie abzuschütteln. Nur ein alter Knochen mit
einer Art Säbelbeinlauftechnik hielt mit.
    »Dass ich
das noch erleben darf«, keuchte er oben. »Fahrradbegleiter für mich, und dann gleich
zwei!«
    Weiter.
Rechter Hand das berühmte Heidelberg-Panorama. Fluss, Brücke, Altstadt, Schloss
und darüber der mächtige Buckel des Königstuhls. Ich würde es mir später zu Gemüte
führen, per Bildband am besten, denn jetzt war ich mit anderen Dingen beschäftigt.
Mit Schwitzen zum Beispiel. Die Sonne brannte. Noch immer ging es leicht bergauf.
Die nächste Getränkestelle, bitter nötig. Auf den Asphalt hatten Zuschauer mit Kreide
oder weißer Farbe die Namen ihrer Helden geschrieben. »Hopp, Arthur, hopp!« – »Quäl
dich, Dicker!«
    Wie bei
der Tour de France.
    Und dann
las ich Folgendes: »Klasse, Katinka! BB«.
    Katinka
zuckte zusammen. Sie machte ein paar Trippelschritte, wich unwillkürlich zur Seite
aus und sprang schließlich über die Schrift, ohne einen Buchstaben zu berühren.
Wir wechselten Blicke.
    »Was ist
los, Katinka?«, rief Grothe. »Irgendein Problem?«
    Sie schüttelte
den Kopf und nahm wieder Fahrt auf. Sah stur geradeaus. Tatsächlich, sie wurde schneller.
    »Piano«,
mahnte ihr Trainer. »Da kommt noch was.« Der Läufer mit den Säbelbeinen stöhnte
auf.
    Endlich
tauchten wir in den Wald ein. In den knospenden, atmenden, sich belebenden Frühlingswald.
Unter unseren Reifen knirschten Steine. Ein weiteres Mitglied der Spitzengruppe
kam in Sicht. Ganz vorn war höchstens noch eine Handvoll Läufer unterwegs. Katinka
sah zur Uhr. Blickte über die Schulter, musterte den Alten neben ihr eingehend.
Auch ihre Atmung schien von Unruhe ergriffen.
    »Bleib locker!«,
rief Grothe. »Nimm die Arme mit, Katinka!«
    Nach einer
90-Grad-Kurve stieg der Weg wieder an. Weniger steil als zuvor in der Stadt, dafür
länger. Eine Biegung folgte der anderen. Den Läufer vor uns hatten wir fast eingeholt.
Ich ging aus dem Sattel, setzte mich wieder, griff nach meiner Trinkflasche, nahm
einen Schluck.
    Und in diesem
Moment hörte ich Schritte.
    Ich schaute
zurück. Da kam einer die Steigung hochgeflitzt – oder besser: hochgeschlichen, denn
er hatte nicht Katinkas dynamischen, vorwärtsstrebenden Laufstil, sondern blieb
mit den Füßen immer nahe am Boden. Sein Oberkörper war leicht nach vorn gekippt,
die Arme bewegten sich kaum. Eine Schleichkatze, aber eine verdammt schnelle.
    »Hey, hey«,
sagte er und grinste.
    Sofort schnellte
Katinkas Kopf herum. Der Mann hatte raspelkurze schwarze Haare, außerdem war ein
großer Teil seines Gesichts durch eine verspiegelte Triathlonbrille verdeckt. Er
trug eine Startnummer mit dem Namen Julian. Der Name war allerdings durchgestrichen,
und darüber stand mit Filzschreiber: Alice.
    Er war also
doch gekommen.
     
     
     
     

42
     
    In den Sekunden nach der Ankunft
Broses passierte einiges. Allerdings fiel kein einziges Wort, die Szene lief komplett
stumm ab. Zunächst beschleunigte Katinka. Am Berg! Grothe machte große Augen. Der
Säbelbeinige seufzte noch einmal auf, dann blieb er zurück. Ich stiefelte Katinka
hinterher, um gemeinsam mit ihr den Läufer aus der Spitzengruppe einzusammeln. Aus
den Augenwinkeln sah ich sein fassungsloses Gesicht. Gleich darauf wurde er auch
von Brose überholt.
    Zu dritt
erreichten wir die Karlshütte, den höchsten Punkt der Strecke.
    Auf der
Abfahrt schloss Grothe wieder auf. »Spinnst du?«, herrschte er seinen Schützling
an. »Wir haben gerade mal Halbzeit! Was sollen diese Spielchen?«
    Brose lachte.
    »Privatduell«,
gab Katinka zur Antwort. »Er oder ich. Geht keinen etwas

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