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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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schieße!«, brüllte ich.
    Ebenso gut
hätte ich sie in diesem Moment mit Freibier ködern können. Das Getrommel ihrer Schritte
verlor sich in der Tiefe. Jemand hupte, ein entgegenkommender Fahrer wahrscheinlich,
Bremsen kreischten kurz auf, dann war alles ruhig. Ich beugte mich über das Geländer
der Rampe und schaute nach unten. Nichts.
    Und Katinka?
    Sie wartete
am Ausgang! Halt die beiden auf, dachte ich im Weiterhetzen, stell ihnen ein Bein,
ramm ihnen deinen Ellbogen ins Gesicht! Oder lass sie mit dem Adamsapfel gegen deine
Handkanten laufen …
    Alles Quatsch.
Nichts sollte sie tun, gar nichts. Was, wenn die zwei bewaffnet waren?
    Kurz danach
stand ich keuchend vor dem Ausgang des Parkhauses. Die Zufahrt war hell erleuchtet,
ebenso der Fußweg zum Krankenhaus, die Gebäude ringsum, die Straßenbahnhaltestelle
in einiger Entfernung – von den Flüchtenden fehlte jede Spur.
    Katinka
kam auf mich zu. »Was war denn das eben?«
    »Das wüsste
ich auch gern. Hast du die beiden erkannt?«
    »Wen?«
    »Schon gut«,
seufzte ich. »Kommst du bitte mit?«
    Sie folgte
mir widerstrebend. Oben fuhr sie konsterniert mit dem Finger über die Blechhaut
des Smart. Die beiden Unbekannten hatten die Werbeaufschriften mit schwarzer Farbe
übersprüht. An einem Seitenfenster war der Ansatz eines Tags zu erkennen, wie man
ihn aus der Graffitiszene kannte. Bevor der Sprayer ihn vollendet hatte, war er
von mir gestört worden.
    »Was soll
das?«, rief Katinka. »Hast du die Typen gesehen?«
    »Mittelstreckler«,
entgegnete ich. »Für Olympia wird es nicht reichen, aber gut im Futter waren sie.
Irgendwelche Jungs mit schwarzen Kapuzenshirts, mehr konnte ich nicht erkennen.
Denen war es wohl zu langweilig, immer nur Wände zu verunstalten.«
    »Aber warum
dann mein Auto?«
    Das war
allerdings eine berechtigte Frage. Warum hatten sie nicht den Japaner daneben genommen
oder den dicken Benz in der nächsten Reihe?
    »Vielleicht
haben sie sich an der Reklame gestört. Oder sie dachten, ein Smart ist kein Auto,
da darf man das.«
    Sie lachte
nicht.
    Und so erfuhr
unser Aufenthalt in Frankfurt eine unerwartete Verlängerung. Immerhin war ziemlich
rasch ein Streifenwagen vor Ort. Mit einer Mischung aus Beamtenpingeligkeit und
hessischer Bräsigkeit wurde der Vandalismus zu Protokoll genommen sowie fotografisch
dokumentiert. Nein, von ähnlichen Fällen aus letzter Zeit sei ihnen nichts bekannt,
meinten die Polizisten. Aber Jugendliche, ja, das passe.
    »Das kriegen
Sie wieder ab«, sagte der eine und zeigte auf die Sprühfarbe. »Es gibt da ein Spezialmittel.
Fragen Sie mal bei der Bahn nach.«
    »Machen
wir«, sagte ich und stieg ein. Langsam rollten wir die Rampe hinunter. Nichts wie
raus aus dieser Stadt!
    Einen Zuschlag
gab es aber noch. Als wir das Gebäude der Sportmedizin passierten und ich eben in
den dritten Gang hochschaltete, schnellte plötzlich Katinkas Kopf herum. Sie verrenkte
sich schier den Hals, um nach hinten zu schauen!
    »Was ist?«,
fragte ich.
    Sie schwieg
und starrte. Ich verringerte die Geschwindigkeit, setzte den Blinker, bog rechts
ab – nichts. Endlich wandte sie den Kopf, aber nur, um stumm geradeaus zu schauen.
    »Hast du
die zwei gesehen, oder was?«
    »Die zwei?«
Sie warf mir einen irritierten Blick zu. »Ach, die. Nein, ich … Aber das kann nicht
sein.«
    »Sondern?
Hallo, Katinka, ich rede mit dir!«
    »Nichts.«
Sie setzte sich gerade hin. »Für einen Moment dachte ich, ich hätte den Mann aus
unserem Garten wieder gesehen. Direkt vor der Klinik. Aber das ist ja unmöglich,
vergiss es. Wahrscheinlich bin ich doch hysterisch, wie Eichelscheid und Harboth
glauben.«
    »Der Stalker?
Der aus eurem Garten?«
    »Vergiss
es«, murmelte sie. »Ich bin eine hysterische Kuh.«
    Wenn ich
ehrlich bin, fehlten mir in diesem Augenblick die Argumente, um sie vom Gegenteil
zu überzeugen. Der Stalker in Frankfurt? Niemand hatte den Mann im Garten der Glücks
gesehen – nur sie. Und jetzt sollte er am Main herumlungern! War es möglich, dass
Katinka Glück hin und wieder Dinge ganz exklusiv wahrnahm? Dass ihr der Leistungsstress
mehr zusetzte, als sie eingestehen mochte?
    So dachte
ich während der Rückfahrt von Frankfurt. Weil wir fast durchgehend schwiegen, hatte
ich viel Zeit zum Denken.
    Aber dann
kam der Wettkampf in Karlsruhe. Der alles änderte.
     
     
     
     

7
     
    »Green Island Sea Resort«, buchstabierte
Kommissar Fischer in seinem lustigen Kurpfalz-Englisch. »Da möchte man ja mal Urlaub
machen.«

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