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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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mir die Preise egal.
    Die restliche
Fahrt verlief unspektakulär, um nicht zu sagen langweilig. Wenn man einmal von dem
Brummi absah, der mich in den Kasseler Bergen mit jähem Schwenk auf die Überholspur
ausbremste. Ich hupte ihm eins, dem Deppen, aber gegen diesen röhrenden Elefanten
war das hilflose Quäken unserer Bonsaikarosse ein Witz.
    »Und stinken
tut er auch noch!«, moserte ich, sämtliche Lüftungsschlitze schließend.
    Katinka
ließ sofort das Fenster auf ihrer Seite herunter.
    »Nicht!
So kommt die Pest doch erst rein.«
    Anstatt
zu antworten, sah sie starr hinaus ins Freie. Dorthin, wo sich die schwärzlichen
Abgase des LKW in der Luft verteilten.
    Spät am
Nachmittag erreichten wir Buchholz. Katinka dirigierte mich einmal quer durch den
Ort. Sofort verlor ich die Orientierung, die Gegend war einfach zu flach. Da lobte
ich mir Süddeutschland mit seinen Bergen, die als Fixpunkt dienten. Unser Hotel
lag etwas außerhalb, am Waldrand. Es war nicht groß, eher eine Pension, roter Klinker
und Reetdach, so richtig bilderbuchmäßig. Katinka gefiel es, mir waren die Betten
zu weich. Außerdem trieb sie mich sofort wieder ins Freie.
    »Lass uns
das Wetter ausnutzen. Lieber heute etwas länger und dafür morgen piano.«
    »Und dein
Sponsor? Der Veranstalter? Keine Termine mehr heute Abend?«
    Nein, hatte
sie nicht. Um so mehr Lust auf weichen, federnden Heideboden, der einem das Gefühl
gab zu schweben. Einem Läufer, wohlgemerkt. Denn was gut für Katinkas Füße war,
war schlecht für jedwede Art von Gummibereifung. Fluchend kämpfte ich mich auf dem
geliehenen Hotelfahrrad durch den Heidesand, atmete auf, wenn wir festen Untergrund
erreichten, wünschte den gesamten deutschen Spitzensport zum Teufel, wenn sich uns
die nächste Düne in den Weg stellte.
    »Dann fahr
halt zum Hotel zurück«, schlug Katinka vor, als ich mal wieder schimpfte, dass das
Heidekraut rechts und links in Deckung ging. »Wird schon nichts passieren hier draußen.«
    Aber so
schnell wollte ich auch nicht klein beigeben. Also weiter im Text. Moorige Abschnitte
vermieden wir. Dafür wurde es hügelig. Von wegen norddeutsche Tiefebene! Dichte
Baumgruppen wechselten mit lockerem Bewuchs, hochaufgeschossene Wacholdergewächse
wirkten wie die norddeutsche Variante von Zypressen. Dann kamen wieder weite Flächen
mit niedrigem Heidekraut. Vögel flatterten aus den Büschen auf, hinter einer Biegung
stand plötzlich ein Reh, das erstaunlich spät floh.
    »Hörst du
das?«, fragte Katinka.
    »Was?«
    »Na, den
Vogel da.«
    »Nö.«
    »Hör halt
mal genau hin, Banause!«
    Okay, hörte
ich halt hin. Tatsächlich, da war was. Lockende Flötentöne, immer wieder von einer
Art Geschnatter unterbrochen.
    »Alles klar,
ich hab’s vernommen. Ist der was Besonderes, der Vogel?«
    »Eine Heidelerche.
Der Frühling kommt.«
    »Ah.«
    »Nun sag
schon, wie findest du das hier?«
    »Was?«
    »Na, alles.
Die Gegend, die Landschaft, die Luft.«
    »Ach, das.«
In ihren Augen las ich, dass sie glücklich war. »Nun … pittoresk.«
    Sie lachte.
    Endlich
schlug sie den Rückweg ein. Keine Ahnung, wie sie es schaffte, nach 25 Kilometern
noch so frisch auszusehen. Ich war übrigens nicht der Einzige, der sich das fragte.
Eine Gruppe von Heidewanderern, die uns kniebestrumpft und knotenbestockt entgegenkam,
konnte gar nicht anders, als uns anzugaffen. Warum fährt DER da und lässt SIE laufen?
Und warum schaut SIE dabei so entspannt drein?
    »Reaktionäres
Pack«, schimpfte ich den Herrschaften hinterher. »Noch nie was von Gleichberechtigung
gehört?«
    Im Hotel
belohnte ich mich mit dem kalorienreichsten Eintopfgericht, das die Karte hergab.
Fleisch, Bohnen, Speck, alles drin. Oben schwammen die Fettaugen. Dazu ein Bier
aus der Gegend, und das Klischee war perfekt. Von der Wand äugte ein Hirschgeweih
auf uns herab. Ich seufzte wohlig. Reetdach, Kniestrümpfe, Vierzehnender – es war
wie Urlaub.
    Auch Katinka
bestellte ein Pils.
    »Das darfst
du?«, fragte ich.
    »Warum nicht?«
    »Als Leistungssportlerin?«
    »Gerade
dann. Auf meine Ernährung muss ich weniger achten als der Rest der Bevölkerung.
In den Mittelmeerländern trinken sie Wein am Abend vor dem Wettkampf.«
    »Und so
ein Eintopf?«
    »Ist eh
nicht mein Fall. Fleisch kommt bei mir nur selten auf den Tisch, daran wird sich
auch nach meinem Karriereende nichts ändern.«
    »Aber Sahnetorten,
fettige Pizza und solches Zeug – da musst du doch vorsichtig sein, oder?«
    »Ach, Appetit
auf so was kommt

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