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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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welchem Simon sprach er? Wie
betreten plötzlich alle dreinschauten! Oma Glück seufzte auf und zwinkerte heftig
mit den Augen. Der Cousin hatte plötzlich einen Krümel entdeckt, der unbedingt vom
Ärmel gewischt werden musste.
    Simon? Dieser
Name war noch nie gefallen. Ich beschloss, Katinka später zu fragen.
    Ein Räuspern
ihrer Mutter beendete die Gesprächspause. »Und der Mann, der bei euch im Garten
war? Kam er wieder?«
    Katinka
wich ihrem Blick aus und schüttelte den Kopf.
    »Mach dir
wegen dem keine Sorgen«, sagte ihr Vater. »Spinner gibt es überall.«
    »Da braucht
sie sich wirklich keine Sorgen zu machen«, bestätigte ich und reckte mich. »Ich
bin ja auch noch da.«
    Wenigstens
dem Cousin entlockte ich ein schwaches Grinsen. Seine Frau stand auf, um nach den
Kindern zu sehen. Sie hatte einen vierjährigen Sohn, der mit Fiona spielte. Moritz
schlief im Nebenzimmer.
    »Trotzdem
beunruhigt uns die Sache«, sagte Heiner. »Schon wegen der Kinder. Wir sind froh,
dass Herr Koller da ist, aber alles kann er auch nicht verhindern.«
    »Ein Spinner«,
wiederholte Katinkas Vater wegwerfend. »Dafür setzt man seinen Lebenstraum doch
nicht aufs Spiel!« Mit diesen Worten schien alles gesagt. Er erhob sich ebenfalls
und verließ den Raum. Seine Tochter sah ihm mit zusammengepressten Lippen nach.
    Katinkas
Mutter begann, das Geschirr abzuräumen. Heiner und der Cousin halfen ihr, während
ich das Privileg des übernächtigten Gasts genoss. Bei so vielen Freiwilligen hätte
ich ohnehin nur gestört. Oma Glück stand auf, um sich neben Katinka zu setzen.
    »Olympia
vergisst man sein ganzes Leben nicht«, sagte sie versonnen und streichelte ihr übers
Haar. »Das kann ich bestätigen, mein Kind.«
    »Ich weiß«,
flüsterte Katinka. »Ich weiß … Trotzdem frage ich mich, ob es das alles wert ist.
Verstehst du, Oma, die ganze Situation wird immer unerträglicher. Der Konkurrenzkampf,
dieses Gerangel um die paar Plätze …«
    Sie brach
ab. Natürlich, das waren schwache Argumente, solange sie nichts von de Weert und
Tietje erzählte. Und diese Namen waren am Geburtstag ihrer Großmutter tabu.
    »Ich glaube
an dich«, sagte die alte Dame, nahm ihr Enkelkind in den Arm und drückte es an sich.
»Diese jungen Läuferinnen mögen stark sein, aber du bist stärker. Du hast zwei Kinder
zur Welt gebracht, die nicht.«
    »Ja eben.
Ich habe Familie. Von irgendetwas müssen wir ja leben. Und ich trage nichts dazu
bei. Die paar Sponsoren, die ich habe, reichen gerade dazu aus, meinen Sport zu
finanzieren. Ich trainiere wie ein Profi, aber vom Ertrag her ist es bloß ein Hobby.
Und dann bin ich dauernd unterwegs.« Ich sah, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten.
»Fiona ist doch erst drei!«
    »Also, wenn
es finanziell eng wird, musst du es mir sagen, hörst du? Am Geld soll es nicht scheitern,
auf keinen Fall!«
    »Darum geht
es nicht«, sagte Katinka mit erstickter Stimme. Es entstand eine kleine Pause, in
der Oma Glück ihrer Enkelin den Arm tätschelte und die beiden Tanten, die noch am
Tisch saßen, ihre Köpfe tuschelnd zusammensteckten.
    »Waren Sie
auch bei Olympia?«, durchbrach ich schließlich die Stille.
    Oma Glück
sah überrascht auf.
    »Sie sagten
eben etwas in dieser Richtung: Ich weiß, wie es bei den Spielen zugeht.«
    Sie lachte.
»Ja, ich bin in der Tat so eine Art Olympiateilnehmerin. 1936 in Berlin war ich
dabei.«
    Ich kniff
ein Auge zusammen. »Mit 14 Jahren?«
    »Warum nicht?
Bei den Schwimmern gab es eine 12-jährige Goldmedaillengewinnerin. Aber das war
nicht meine Disziplin.«
    »Sondern?«
    Schau an,
was sie für ein kokettes Lächeln aufsetzte! Sollte ich etwa raten, wie zuletzt bei
Dr. Eichelscheid, dem Banker mit der Hockeyvergangenheit?
    Die beiden
Tanten kamen mir zuvor: »Hol doch mal die Fotos«, drängte die eine. »Ja, zeig sie
dem jungen Mann!«, sekundierte die andere.
    Da ließ
sich Oma Glück nicht lange bitten. Sie ging zu einem Schränkchen, zog eine Schublade
auf und entnahm ihr ein Album. Das legte sie, nachdem ich Serviette und Zuckerschale
beiseitegeräumt hatte, vor mich auf den Tisch. Ich schlug es auf und blickte einem
Mädchen ins Gesicht, das Katinka von fern ähnelte.
    »Sind Sie
das?«
    »Das sieht
man doch!«, riefen die Tanten.
    »Bodenturnen,
nehme ich an.« Ich tippte auf das nächste Bild, das die Oma und eine Reihe von Altersgenossen
bei gymnastischen Übungen zeigte.
    »So ähnlich.
Es war ein Auftritt am Eröffnungsabend der Spiele. Im Rahmen des

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