Glueckstreffer - Roman
dein Handy vielleicht nicht ab. Mein Chef hat uns verboten, während der Arbeit mit dem Handy zu telefonieren. Und vielleicht darfst du das bei deinem Chef auch nicht.«
Beim Klang von Alex’ Stimme entspannte sich Sophie. »Der Chef bin ich, Alex«, sagte sie. »Aber es ist trotzdem nett von dir, daran zu denken. Wie geht es dir? Bist du denn nicht auch auf der Arbeit?«
»Ich habe gerade Pause. Da darf ich telefonieren. Deshalb habe ich die Nummer von deinem Schokoladengeschäft aus dem Telefonbuch rausgesucht.«
»Verstehe. Und was kann ich für dich tun?«
Sophie glaubte beinahe zu hören, wie angestrengt er am anderen Ende nachdachte. »Hmm … Ich hab was gefunden.«
»Oh? Und das wäre?«
»Den Brief.«
Sophie war mit einem Mal hochkonzentriert. »Den Brief deines Vaters?«
»Ja. Den Brief, den er an dich geschrieben hat.«
Sophie war einen Moment still.
»Sophie? Bist du noch da?«
Sie räusperte sich. »Bist du sicher, dass er für mich bestimmt ist?«
»Ja. Stehen doch dein Name und deine Adresse drauf. Außerdem hat er noch einen Zettel an den Umschlag geheftet. Darauf steht, dass ich den Brief an dich abschicken soll, wenn ich ihn finde. Es kleben sogar schon Briefmarken drauf.«
»Und wo hast du den Brief gefunden, Alex?«
»In Wer die Nachtigall stört .«
»In einem Buch hast du ihn gefunden?«
»Sicher! Ich hätte gleich daran denken müssen, als du bei uns warst. Mein Schlafzimmer ist mein liebster Raum, aber das Buch ist mein Lieblingsplatz, um Sachen zu verstecken. Ich mag, wie es endet. Und besonders den Namen Boo. Ich lese die Geschichte mindestens einmal im Jahr. Deshalb hat mein Dad den Brief vermutlich auch in das Buch gelegt.«
»Wow! Hast du den Brief gelesen?«
»Nein. Der Umschlag ist zugeklebt. Soll ich dir den Brief schicken?« Er machte eine kleine Pause. »Oder … Oder möchtest du ihn vielleicht abholen?«
Sophie überlegte fieberhaft. Sie wollte Alex wiedersehen, war jedoch nicht sicher, ob sie in den folgenden Tagen die Zeit für einen Besuch erübrigen konnte. Der Postweg wäre definitiv schneller. Davon abgesehen hatte sie im Moment andere Dinge im Kopf.
»Sophie? Bist du noch da?«
»Entschuldige, Alex«, antwortete sie. »Tut mir leid, aber diese Woche kann ich nicht zu dir kommen. Magst du mir den Brief schicken?«
»Okay«, sagte er. Sophie merkte sofort, wie enttäuscht er war.
»Ich komme dich besuchen, sobald ich kann, versprochen!«, fügte sie hastig hinzu. »Wenn hier nicht mehr so viel los ist.«
Alex schwieg eine Weile, um dann auf einmal unvermittelt zu fragen: »Sophie? Hast du dein Glück gefunden?«
»Leider nein«, erwiderte sie mit einem Seufzer.
»Hast du keine Zuschriften mehr auf die Anzeige bekommen?«
»Oh, doch, sehr viele sogar. Aber ein Rezept für echtes Glück war nicht dabei.«
»Habe ich mir schon fast gedacht. Deine Stimme klingt nicht so fröhlich, wie ich sie in Erinnerung habe.«
»Du bist sehr lieb, Alex. Aber auch wenn meine Stimme nicht so klingt, freue ich mich doch, mit dir zu sprechen.«
»Sophie?«, sagte Alex nach kurzem Schweigen. »Meine Pause ist vorbei, Sophie.«
Kapitel 33
Zwischen Erfolg und Misserfolg verläuft ein schmaler Grat. Du hast ihn überschritten.
SOPHIE WARF EINEN Blick auf die Wanduhr und reichte dem Kunden einen Apfelspieß, der rundum von einer dicken Schicht cremiger weißer Schokolade sowie Milchschokolade, Karamell, gehackten Cashew- und Keksraspeln überzogen war.
»Köstlich«, murmelte der Kunde. Schon beim Anblick der Süßigkeit lief ihm vor Vorfreude das Wasser im Mund zusammen.
Sophie sah auf die Armbanduhr, um zu prüfen, ob die Wanduhr die korrekte Zeit anzeigte. Beide Uhren sagten ihr, dass es bereits fünf Minuten vor fünf war. Der Postbote verspätete sich. Wenn er nur Rechnungen gebracht hätte, die bezahlt werden mussten, wäre ihr das gleichgültig gewesen. Diesmal jedoch waren bereits drei Tage seit ihrem Telefonat mit Alex vergangen, ohne dass der besagte Brief eingetroffen war, und mit jedem Tag waren Sophies Spannung und Nervosität gestiegen. Sie wollte endlich wissen, was Jacob Barnes ihr vor seinem Tod geschrieben hatte.
Jacob Barnes war die einzige Person, die geahnt haben konnte, welche Rolle sie bei dem Unfall in jener dramatischen Nacht gespielt hatte. Zumindest schien ihre kurze Begegnung am Straßenrand ihn so beeindruckt zu haben, dass er sich bis zu seinem Todestag an ihren Namen erinnert hatte. Auch wenn Alex’ Betreuerin Meredith behauptete,
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