Glueckstreffer - Roman
eingeklemmt zwischen einem anderen Fahrzeug und der Leitplanke quer zur Fahrbahn. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Verkehr zum Stillstand gekommen war, öffnete er die Autotür, sprang heraus, rannte zum Fahrbahnrand und spurtete über den Highway zu Sophie hinüber.
Die Tür zum Beifahrersitz war nicht verriegelt. Er riss sie auf. Sophie saß zusammengesunken hinter dem aufgeblasenen Airbag des Lenkrads, das Gesicht in beide Hände vergraben.
Garrett atmete erleichtert auf. Sie war offenbar unverletzt – zumindest äußerlich. »Sophie? Ist mit dir alles in Ordnung?«
Sophie sah nicht auf, wollte ihre Tränen nicht zeigen.
Der Motor des Fords lief noch immer, also kletterte Garrett in den Wagen und schaltete den Motor ab. Sophie weinte und gab durch nichts zu erkennen, dass sie ihn überhaupt wahrgenommen hatte.
»Sophie?«
In seiner Hilflosigkeit legte ihr Garrett die Hand auf den Rücken, worauf sie zusammenzuckte, die Hände vom Gesicht nahm, sich aufrichtete und sich mit dem Handrücken die Tränen abwischte.
»Alles in Ordnung«, sagte sie schließlich.
»Sicher?«
Sie nickte.
Garrett drehte sich um und blickte durch das Rückfenster des Wagens. »Ich muss nachsehen, ob jemand verletzt ist. Kann ich dich kurz allein lassen?«
»Ich komme mit. Ich muss wissen, was ich angerichtet habe.«
Garrett half ihr heraus. Gemeinsam trabten sie von Auto zu Auto, um nach Verletzten zu suchen. Die meisten Fahrzeuginsassen standen bereits auf dem Seitenstreifen, unterhielten sich und versuchten zu rekonstruieren, was geschehen war. Ein ungefähr fünfzigjähriger Mann klagte über leichte Rückenschmerzen, und eine Frau im Hosenanzug hatte dort, wo sie mit der Stirn auf das Lenkrad aufgeschlagen war, eine Beule. Alle anderen hatten keine Blessuren davongetragen.
Erst nachdem sie sich vergewissert hatten, dass niemand medizinische Hilfe benötigte, gingen Garrett und Sophie zum Ford Explorer zurück, um endlich aus dem Regen herauszukommen.
»Zumindest ist niemand verletzt«, brach Garrett das Schweigen, nachdem sie sich in den Wagen gesetzt hatten.
Sophie starrte durch die Windschutzscheibe auf die Wasserfläche unterhalb der Brücke. Ihr Blick schien auf eine Stelle auf der gegenüberliegenden Uferseite fixiert, wo sie einst Garrett dazu gebracht hatte, einen Springstein über die Wasseroberfläche zu werfen. Sie sagte kein Wort, gab keinerlei Zeichen, dass sie ihn überhaupt gehört hatte.
»Soph, ist alles in Ordnung?« Er berührte zärtlich ihren Arm.
Als Sophie ihre Sprache wiederfand, sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus: »Du hättest es mir sagen müssen!«
»Sagen? Was denn?« Garrett zog seine Hand zurück.
Sophie war am Ende ihrer Kräfte. Ein Jahr lang hatte sie nicht gewusst, weshalb Garrett sie verlassen hatte. Die neunzehn Jahre davor hatte sie mit dem Verlust ihrer Familie leben müssen. Das Wissen um ihre Schuld hatte so schwer auf ihr gelastet, dass sie jede Hoffnung auf Glück aufgegeben hatte, und all das nur, um letztendlich herauszufinden, dass die beiden tragischsten Ereignisse ihres Lebens untrennbar miteinander verknüpft waren. Der Unfall, den sie nun verursacht hatte, brachte das Fass zum Überlaufen.
»Du hättest mir reinen Wein einschenken müssen!«, schrie sie beinahe hysterisch. Sie schluchzte und begann, sein Bein mit den Fäusten zu bearbeiten. »Du hast es gewusst! Du hattest kein Recht, es für dich zu behalten! Ich hätte verdient, es zu erfahren.«
Garrett war angesichts dieser Reaktion, die er nach einer Massenkarambolage als Letztes von ihr erwartet hätte, völlig fassungslos. Er packte sie an den Handgelenken, um sie daran zu hindern, weiter auf ihn einzuboxen. Dann verschränkte er seine Finger sanft mit den ihren. »Sophie«, begann er sanft. »Was hätte ich dir sagen müssen? Ich sag dir alles, was du willst.«
Draußen lief ein Mann auf Sophies Wagen zu, ein Handy am Ohr, die andere Hand zum Schutz gegen den Regen über die Augen erhoben. »Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«, rief er durchs Fenster.
Garrett nickte.
Der Mann hob den Daumen. »Gut«, sagte er so laut, dass man ihn durch die geschlossenen Fenster und Türen hören konnte. »Ist nicht viel passiert. Die meisten sind sehr langsam gefahren. Zum Glück!« Er winkte ihnen zu und half, den Verkehr an Garretts verbeultem Wagen vorbei auf die linke Fahrbahn umzuleiten.
»Glück«, murmelte Sophie ruhiger. »Ja, genau das ist es.«
Ein Martinshorn mischte sich unter das
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