GlücksWeib (heiterer Frauenroman) (German Edition)
spitz?“, mutmaßt mein Inneres.
„Also, Frau Stern, was kann ich denn für Sie tun?“, fragt Herr Zeck, wobei er die Spitze des Faber -Bleistiftes mit Argusaugen begutachtet, als handle es sich dabei um einen Rohdiamanten. Ich hingegen betrachte die Haare, die aus seiner Nase herausquellen.
Ich bringe mein Anliegen auf den Punkt.
„Sie möchten also ihr Kreditvolumen erweitern?“ Seine Spinnenfinger krabbeln über die Tastatur. Herr Zeck runzelt die Stirn. „Ich finde, dass Sie mit 2.500 Euro gut bedient sind.“
„Aber meiner Freundin Marlene Kaluschke, mi t der ich zusammen das Geschäft führe, haben Sie einen Überziehungskredit von 5.000 Euro eingeräumt“, gebe ich mich verhandlungsbereit.
Herr Zeck schmunzelt geheimnisumwittert. „So, so, hat Ihnen das Marlene, ich meine: Frau Kaluschke, erzählt?“, fragt er gepresst.
„Ja klar, sonst wüsste ich das ja nicht“, bestätige ich gewieft.
Herr Zeck beugt sich mit seinen schmalen Oberkörper über den Schreibtisch und mustert mich wie ein Insektenforscher ein seltenes Kerbtier. Nun ja, vielleicht sollten wir das Thema mal unter vier Augen besprechen? Sind Sie eigentlich bei Facebook?“
Ich halte seinen Blick stand und stelle mir vor, wie Herr Zeck wohl aussehen mag, wenn er in Ekstase gerät . Wie sich seine Nasenflügel aufblähen, wie seine Spinnenfinger …
Ich bin bedient !
„Auf Wiedersehen Herr Zecke!“
Dann geh ich lieber betteln, bevor ich mich dieser Bankzecke an den Hals werfe. Diesen Zahlenknecht werde ich als Feind auf meiner Facebook-Seite hinzufügen, fluche ich vor mich hin, während ich mich die endlosen Stufen zu meiner Wohnung hinaufschleppe.
Das Laufen fällt mir in letzter Zeit auch viel schwerer als sonst, auch das Atmen, das Schlafen, das Arbeiten, das Leben …
Es gibt Tage , da schwanke ich zwischen Wut, Trauer und Hoffnung. Die Wuttage machen mich stark. Sie bauen meinen Hass auf und meine Sehnsucht ab.
Die Trauertage machen mich hilflos, tränken mich in Selbstmitleid und füttern mich mit Erinnerungen. Die Hoffnungstage verleihen mir neuen Lebensmut und versorgen mich mit neuem Tatendrang. Liebeskummer ist eine Krankheit . Ein gebrochenes Herz ist wie ein Rippenbruch, man sieht nichts, aber hat Schmerzen. Warum ist noch keiner auf die Idee gekommen, eine Praxis für Liebeskranke zu eröffnen?
Jedenfalls habe ich heute meinen Wuttag. Ich fluche vor mich hin, wobei ich konzentriert mit dem neuen Staubsaugergerät meine neue Auslegware reinige, als plötzlich mein Handy ertönt. Nur den sanften Geräuschpegel meines Multifunktionsstaubsaugers habe ich es zu verdanken, dass ich das Klingeln überhaupt wahrnehme.
„Stern!“, plärre ich in den Hörer. „Hallo!“, schiebe ich noch ungehalten nach, als sich nicht sofort jemand meldet.
„Hallo Tosca, hier ist Markus.“
Ich vernehme am anderen Ende der Leitung ein sehnsuchtsvolles Seufzen.
„Was willst du?“, fauche ich zurück, den Staubsauger beharrlich hin- und herschiebend.
„Was machst du gerade?“, will er wissen.
„Saugen!“
„Kannst du das Ding nicht mal abstellen, ich versteh dich so schlecht.“
Ich schalte mein Gerät aus, aber nur, weil ich sowieso fertig bin.
„ Was ist?“
„Wie geht es dir?“
„Gut!“
„ Tosca, ich vermiss dich.“
„ Ach, hast du jetzt niemanden mehr, über den du lachen kannst“, denke ich.
Markus räuspert sich , bevor er wieder zu reden beginnt: „Ich … habe versucht dich zu vergessen, aber es geht nicht.“
Für einen kurzen Moment hören wir uns beim Schweigen zu.
Ich ergreife das Wort.
„Ich habe auch versucht dich zu vergessen …“, sage ich zuckersüß , „… aber es geht!“
Ich schalte das Handy aus und lass e mich auf den Teppich sinken. „Das habe ich jetzt nicht wirklich gesagt?“, denke ich erschüttert.
„ Doch hast du! Dem hast du’s jetzt richtig gegeben!“ züngelt meine innere Stimme. „ Volle Breitseite. Da kannste jetzt richtig stolz drauf sein!“
Meine Wohnung wirkt plötzlich sehr still und düster. Draußen hat es angefangen zu regnen. Ich muss an die frische Luft, sonst drehe ich durch. Ich schnappe mir meine Jacke und verlasse meine Wohnung.
Draußen erwartet mich ein nasskaltes , nebliges Wetter. Die Luft ist benzinhaltig und die Nässe kriecht spürbar in meine Kleider.
Außer ein paar alkoholisierten Pennern, die mir gutgelaunt mit ihrer Schnapsflasche zuprosten, ist kein Mensch auf der Straße. Kein normaler Mensch
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