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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit
Autoren: Gail Carriger
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lustiger als ein Vampir, der versuchte, einen Werwolf nachzuahmen.
    »Ich rate dir ganz ausdrücklich , ihm morgen einen Besuch abzustatten, bevor du zur Westminster-Königin gehst.« Lord Akeldama streckte die Hand aus und ergriff ihr Handgelenk. Seine Fangzähne verschwanden, und seine Augen wirkten plötzlich so alt, wie er tatsächlich war. Er hatte Alexia nie gesagt, wie alt genau. » Du liebe Güte , Darling!«, pflegte er zu sagen. »Ein Vampir verrät, ebenso wie eine Dame, niemals sein wahres Alter.« Doch er hatte ihr ausführlich die finsteren Zeiten geschildert, die herrschten, bevor sich die Übernatürlichen dem Tageslichtvolk offenbarten, bevor sich Vampire und Werwölfe auf den Britischen Inseln zu erkennen gegeben hatten. Vor dem revolutionären Umdenken in Philosophie und Wissenschaft, das es ihnen erst möglich gemacht hatte, öffentlich in Erscheinung zu treten, und das manchen als Renaissance, den Vampiren allerdings als Zeitalter der Aufklärung bekannt war. Übernatürliche nannten die Zeit davor das Finstere Mittelalter, aus offensichtlichen Gründen. Denn für sie war es ein Zeitalter gewesen, das sie damit verbracht hatten, nachts im Verborgenen herumzuschleichen.
    Normalerweise waren mehrere Flaschen Champagner erforderlich, damit Lord Akeldama davon sprach. Dass er schon in dieser Epoche gelebt hatte, bedeutete Alexias Berechnungen nach, dass er mindestens vierhundert Jahre alt sein musste.
    Sie musterte ihren Freund aufmerksamer. War das etwa Furcht, das sie in seinem Gesicht sah?
    »Mein Täubchen«, sagte er, » ich weiß nicht, was hier vor sich geht. Ich bin unwissend . Bitte lass in dieser Angelegenheit größte Vorsicht walten.«
    Miss Tarabotti kannte nun die wahre Ursache für die Beklommenheit ihres Freundes. Lord Akeldama hatte keine Ahnung, was vor sich ging. Jahrelang hatte er in jeder größeren politischen Angelegenheit Londons die Trümpfe in der Hand gehalten. Er war es gewohnt, vor allen anderen alle maßgeblichen Fakten zu wissen. Und doch war er gegenwärtig genauso verwirrt wie sie.
    » Versprich mir «, sagte er ernst, »dass du aus Lord Maccon möglichst viele Informationen hinsichtlich dieser Sache herauszulocken versuchst, bevor du in dieses Vampirhaus gehst.«
    Alexia lächelte. »Damit ich dich besser ins Bild setzen kann?«
    Er schüttelte das blonde Haupt. »Nein, mein Herz, damit du besser im Bilde bist.«

3

Unsere Heldin beherzigt guten Rat
    Z um Kuckuck!«, rief Lord Maccon, als er sah, wer vor ihm stand. »Miss Tarabotti. Was habe ich getan, dass Sie mich in aller Herrgottsfrühe mit Ihrem Besuch beehren? Ich hatte noch nicht einmal meine zweite Tasse Tee.« Bedrohlich ragte er in der Tür zu seinem Büro vor ihr auf.
    Alexia ignorierte seine unwirsche Begrüßung und rauschte an ihm vorbei ins Zimmer. Dieses Vorbeirauschen und die Tatsache, dass der Türrahmen recht klein war, und das im Gegensatz zu Alexias Busen (selbst im Korsett), führten zu einer intimen Berührung mit dem Earl. Beschämt musste Alexia feststellen, dass sie ein klein wenig erschauderte, was eindeutig eine Reaktion auf den Zustand des Büros dieses Mannes war.
    Überall lagen Papiere herum, gestapelt in den Ecken und ausgebreitet auf dem, was vermutlich ein Schreibtisch sein sollte – das war schwer zu erkennen unter all dem Durcheinander. Darunter befanden sich auch noch aufgerollte geätzte Metallblätter und zylindrische Behälter, die, wie sie vermutete, noch mehr davon enthielten. Alexia fragte sich, aus welchem Grund er wohl metallische Aufzeichnungen brauchte; der schieren Menge nach musste dies ein triftiger sein. Sie zählte mindestens sechs benutzte Tassen und Untertassen und entdeckte zudem einen Teller mit den Überresten einer großen rohen Fleischkeule. Miss Tarabotti war bereits ein oder zwei Mal in Lord Maccons Büro gewesen. Es war ihr stets ein bisschen zu männlich für ihren Geschmack erschienen, doch niemals so unansehnlich wie diesmal.
    »Ach du liebe Güte!«, stieß sie hervor und schüttelte das Gefühl des Erschauderns ab. Angesichts all dieses Durcheinanders fragte sie: »Wo steckt denn Professor Lyall?«
    Lord Maccon rieb sich mit der Hand durchs Gesicht, griff verzweifelt nach einer in der Nähe stehenden Teekanne und trank sie durch die Tülle bis auf den letzten Tropfen aus.
    Miss Tarabotti wandte sich von diesem grässlichen Anblick ab. Wer war es gleich noch mal, der gesagt hatte, dass er sich erst seit Kurzem zivilisiert benahm? Sie schloss die
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