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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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Halsbinde und zog sie etwas herunter, um defensiv seine Kehle zu zeigen. »Es tut mir leid, Sir, aber ich bin der Einzige, der noch übrig ist.«
    Ein kalter Schauer sorgte dafür, dass sich alle Härchen auf Professor Lyalls Körper sträubten.
    Anstatt nach Brighton zu fahren, nahm er die nächste Postkutsche zurück nach London.

4

Unsere Heldin schlägt guten Rat in den Wind
    E s beschämte Alexia, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als sich aus dem eigenen Haus zu schleichen. Aber es war nicht möglich, ihrer Mama zu erzählen, dass sie einem Vampirhaus einen spätabendlichen Besuch abstatten wollte. Floote, wenngleich auch er die Sache missbilligte, erwies sich als talentierter Verbündeter. Er war schon Alessandro Tarabottis Kammerdiener gewesen und hatte als solcher viel mehr gelernt als nur die üblichen Aufgaben eines Butlers zu erfüllen. Er schleuste seine »junge Miss« durch den Dienstboteneingang an der Rückseite des Hauses, nachdem er ihr in den alten Mantel des Küchenmädchens geholfen hatte, und bugsierte sie in eine Mietkutsche, wobei es ihm gelang, die ganze Zeit über ein steifes, aber kompetentes Schweigen aufrechtzuerhalten.
    Die Droschke rumpelte ratternd durch die dunklen Straßen. Trotz der Sorge um ihre Frisur und den Hut schob Miss Tarabotti den Fensterrahmen herunter und steckte den Kopf in die Nacht hinaus. Der Mond, zu drei Vierteln voll und zunehmend, war noch nicht über die Dächer der Gebäude emporgestiegen. Über sich glaubte Alexia, ein lang gestrecktes Luftschiff zu sehen, das sich die Dunkelheit zu Nutzen machte, um einer letzten Ladung Passagiere die Sterne und die Lichter der Stadt zu präsentieren. Ausnahmsweise einmal beneidete Alexia sie nicht um ihren Flug. Die Luft war kühl und so hoch oben wahrscheinlich unerträglich frostig. Das war keine Überraschung, da London im Allgemeinen nicht gerade für seine milden Nächte bekannt war. Sie schauderte und schloss das Fenster wieder.
    Schließlich hielt die Kutsche bei einer Adresse in einem der eleganteren Viertel der Stadt, allerdings keines, das von Miss Tarabottis Bekanntenkreis frequentiert zu werden pflegte. Da sie nur mit einem kurzen Besuch rechnete, bezahlte sie den Mietkutscher dafür, auf sie zu warten, und eilte mit gerafften Röcken ihres besten grün und grau karierten Besuchskleids die Stufen der Vordertreppe hinauf.
    Bei ihrer Ankunft öffnete ein junges Dienstmädchen mit einem Knicks die Tür. Sie war beinahe zu hübsch mit ihrem dunkelblonden Haar und den riesigen veilchenblauen Augen und sah mit ihrem schwarzen Kleid und der weißen Schürze wie aus dem Ei gepellt aus.
    »Miss Tarabotti?«, fragte sie mit starkem französischem Akzent.
    Alexia nickte, während sie sich das von der Fahrt zerknitterte Kleid glatt strich.
    »Die Comtesse erwartet Sie bereits. ’ier entlang bitte.« Das Mädchen führte sie einen langen Flur entlang. Sie bewegte sich mit der wiegenden, fließenden Anmut einer Tänzerin. Alexia fühle sich zu groß, zu dunkel und unbeholfen neben ihr.
    Das Haus war typisch für seine Art, wenn auch vielleicht einen Hauch luxuriöser als die meisten und mit jeder vorstellbaren modernen Annehmlichkeit versehen. Miss Tarabotti konnte nicht umhin, es mit der palastähnlichen Residenz der Duchess of Snodgrove zu vergleichen. Hier gab es mehr echten Reichtum und Erhabenheit, von der Art, die sich nicht offen zur Schau stellen musste – sie war einfach da . Die Teppiche waren dick und weich, in harmonisierenden Schattierungen von Dunkelrot, vermutlich vor dreihundert Jahren direkt aus dem Osmanischen Reich importiert. An den Wänden hingen wunderschöne Kunstwerke. Manche davon waren sehr alt, manche zeitgenössischere Leinwandgemälde, signiert mit Namen, die Alexia aus den Bekanntmachungen der Galerien in den Zeitungen kannte. Auf luxuriösen Mahagonimöbeln präsentierten sich herrliche Statuen: römische Büsten aus cremefarbenem Marmor, mit Lapislazuli besetzte ägyptische Gottheiten und moderne Stücke aus Granit und Onyx.
    Als sie um eine Ecke bog, trat Miss Tarabotti in einen Korridor voller glänzender Maschinen, die ähnlich wie die Statuen mit derselben ausgesuchten Sorgfalt präsentiert wurden. Da gab es die erste Dampfmaschine, die je gebaut worden war, und ein Monorad aus Silber und Gold und … Alexia schnappte nach Luft. War das etwa ein Modell des analytischen Rechenautomaten von Babbage? Alles war makellos sauber und mit äußerster Präzision ausgewählt, und jedes Objekt

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