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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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nahm den Platz, der ihm gegeben worden war, mit unglaublicher Würde ein. Was sich ihr hier zeigte, war beeindruckender als jedes Museum, das Alexia je besucht hatte – und sie hatte eine Schwäche für Museen.
    Die Drohnen, die sie antraf, waren sorgfältig ausgesucht und mit zurückhaltender Eleganz gekleidet, um dem Grundtenor des Hauses zu entsprechen.
    Alexia fehlte die Seele, um das alles wirklich würdigen zu können. Allerdings wusste sie über Stil gut genug Bescheid, um es entsprechend einzuschätzen. Es machte sie äußerst nervös. Verlegen strich sie sich erneut das Kleid glatt und machte sich Sorgen, dass man es vielleicht für zu einfach halten könnte. Dann straffte sie die Schultern. Eine unscheinbare alte Jungfer mit dunklem Teint konnte niemals mit solcher Pracht konkurrieren. Besser, sie besann sich auf die Vorzüge, über die sie verfügte. Sie warf sich ein wenig in die Brust und tat einen tiefen, beruhigenden Atemzug.
    Das französische Mädchen öffnete die Tür zu einem großen Salon und bedeutete ihr mit einem Knicks einzutreten, bevor sie mit wiegenden Hüften und auf Füßen, die auf dem roten Teppich kein Geräusch verursachten, davonglitt.
    »Ah, Miss Tarabotti! Willkommen im Westminster-Haus.«
    Die Frau, die auf Alexia zukam, um sie zu begrüßen, war völlig anders, als sie erwartet hatte. Die Dame war klein, mollig und sah gemütlich aus. Ihre Wangen waren rosig, und die kornblumenblauen Augen funkelten. Sie wirkte wie eine Schäferin, die gerade einem idyllischen Renaissancegemälde entstiegen war. Alexia sah sich nach ihrer Herde um. Und da war sie auch, in gewisser Weise.
    »Countess Nadasdy?«, fragte sie vorsichtig.
    »Ja, meine Liebe. Und das hier ist Lord Ambrose. Dies ist Dr. Caedes. Dieser Gentleman hier ist Seine Durchlaucht der Duke of Hematol, und Miss Dair kennen Sie ja bereits.« Während sie sprach, deutete sie auf die genannten Personen. Ihre Bewegungen wirkten zugleich zu anmutig und zu gekünstelt, als wären sie perfekt einstudiert, so sorgfältig artikuliert, wie ein Linguist eine fremde Sprache spricht.
    Abgesehen von Miss Dair, die ihr von ihrem Platz auf dem Sofa aus freundlich zulächelte, schien niemand besonders erfreut zu sein, sie zu sehen. Miss Dair war außerdem die einzige anwesende Drohne. Alexia war sich sicher, dass die anderen drei Vampire waren. Obwohl sie mit keinem von ihnen gesellschaftlich bekannt war, hatte sie in der Zeit ihrer abenteuerlichen akademischen Bestrebungen ein paar von Dr. Caedes’ Forschungsarbeiten gelesen.
    »Guten Abend«, sagte Miss Tarabotti höflich.
    Die Anwesenden murmelten einen Gruß.
    Lord Ambrose war ein großer, äußerst ansehnlicher Mann, der so aussah, wie sich romantisch veranlagte Schulmädchen einen Vampir vorstellten – dunkel und auf grüblerische Weise arrogant, mit raubvogelhaften Zügen und tiefen, bedeutungsvoll blickenden Augen.
    Dr. Caedes war ebenfalls groß, aber dürr wie ein Gehstock, mit schütterem Haar, das mitten im Haarausfall durch die Metamorphose aufgehalten worden war. Er hatte einen Arztkoffer bei sich, obwohl Alexia aus ihren Büchern wusste, dass sich seine Mitgliedschaft bei der Royal Society auf seine extensive Arbeit als Ingenieur, nicht als Mediziner stützte.
    Das letzte Mitglied des Westminster-Hauses, der Duke of Hematol, wirkte auf eine wohlüberlegte Weise unscheinbar, die Alexia an Professor Lyall erinnerte. Daher betrachtete sie ihn mit großer Vorsicht und Respekt.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, meine Liebe, dürfte ich Ihnen vielleicht die Hand schütteln?« Die Königin des Westminster-Hauses trat mit dieser abrupten und geschmeidigen übernatürlichen Schnelligkeit auf sie zu.
    Alexia war verblüfft.
    Aus der Nähe betrachtet sah Countess Nadasdy weniger heiter aus, und es war ersichtlich, dass ihre rosigen Wangen nicht vom Sonnenlicht herrührten. Unter Schichten von Cremes und Puder war ihre Haut aschbleich. Ihre Augen funkelten nicht, sie glänzten hart wie das dunkle Glas, das Astronomen verwenden, um die Sonne zu untersuchen.
    Miss Tarabotti zuckte zurück.
    »Wir müssen uns Ihrer Eigenschaft versichern«, erklärte die Vampirkönigin und trat wieder auf sie zu.
    Fest ergriff sie Alexias Handgelenk. Die zarte Hand der Countess war unglaublich stark. In dem Augenblick, als sie sich berührten, verblasste viel von der Härte der Königin, und Miss Tarabotti war veranlasst, sich zu fragen, ob Countess Nadasdy vor langer, langer Zeit vielleicht tatsächlich

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