Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
Vom Netzwerk:
für sich zu beanspruchen.
    »Im Rudel-Protokoll nennen wir das den Tanz der Wölfin«, erklärte Professor Lyall. »Sie sind – und Sie werden mir vergeben, wenn ich das so sage, Miss Tarabotti – einfach zu sehr eine Alpha.«
    »Ich bin keine Alpha«, protestierte Miss Tarabotti, während sie aufsprang, um dann im Raum auf und ab zu marschieren. Die Bibliothek ihres Vaters hatte sie in Bezug auf die Gepflogenheiten und Paarungsgewohnheiten von Werwölfen kläglich im Stich gelassen.
    Lyall betrachtete sie, wie sie die Hände in die Hüften stemmte, mit üppiger Figur, resolut. Er lächelte. »Es gibt nicht viele weibliche Werwölfe, Miss Tarabotti. Der Tanz der Wölfin bezieht sich auf Verbindungen im Rudel: Das Weibchen trifft die Wahl.«
    Miss Hisselpenny hüllte sich in entsetztes Schweigen. Diese bloße Vorstellung war ihrer Erziehung völlig fremd.
    Miss Tarabotti sann darüber nach und befand, dass ihr die Vorstellung gefiel. Insgeheim hatte sie schon immer die Vampirköniginnen wegen ihrer überlegenen Stellung in der Hierarchie des Stocks bewundert. Sie hatte nicht gewusst, dass es bei Werwölfen etwas Ähnliches gab. Sie fragte sich, ob Alpha-Weibchen auch außerhalb des Bereichs romantischer Beziehungen über den Männchen standen.
    »Warum?«, fragte sie.
    Lyall erklärte es ihr. »Die Entscheidung muss dem Weibchen überlassen bleiben, da es so wenige von ihnen und so viele von uns gibt. Es sind keine Kämpfe um Weibchen erlaubt. Werwölfe leben kaum länger als ein oder zwei Jahrhunderte wegen all der internen Kämpfe. Die Gesetze sind streng, und der Diwan persönlich achtet auf ihre Durchsetzung. Die Wölfin allein bestimmt jeden Schritt des Tanzes.«
    »Also hat Lord Maccon darauf gewartet, dass ich auf ihn zugehe.« Zum ersten Mal wurde Miss Tarabotti bewusst, wie schwer es den älteren Übernatürlichen fallen musste, sich den gesellschaftlichen Normen der Tageslichtwelt unter Königin Victoria anzupassen. Lord Maccon schien es stets gut zu meistern, denn zuvor war sein Verhalten gegenüber Alexia immer fehlerfrei gewesen. »Was war dann mit seinem Verhalten von heute?«
    Miss Hisselpenny keuchte auf. »Was hat er getan?« Sie zitterte vor köstlichem Entsetzen.
    Miss Tarabotti versprach, ihr die Einzelheiten später zu erzählen. Obwohl sie diesmal, so vermutete sie, nicht in der Lage sein würde, ihr jedes Detail zu enthüllen. Die Dinge waren ein wenig zu weit gegangen für jemanden mit Ivys Zartgefühl. Alexia errötete ja schon, wenn sie den Armsessel nur ansah, also wäre es für ihre liebe Freundin sicherlich zu viel gewesen.
    Professor Lyall hüstelte. Miss Tarabotti glaubte, dass er damit seine Belustigung verbergen wollte. »Das war möglicherweise meine Schuld. Ich sprach ein ernstes Wort mit ihm und ermahnte ihn, Sie wie eine moderne britische Lady und nicht wie eine Werwölfin zu behandeln.«
    »Hmm«, machte Miss Tarabotti, die immer noch über den Armsessel nachdachte. »Vielleicht halten Sie mich für ein bisschen zu modern.«
    Professor Lyalls Augenbrauen schossen nach oben, und er beugte sich ein bisschen aus dem Schatten zu ihr vor.
    »Alexia«, sagte Miss Hisselpenny äußerst streng, »du musst ihn zwingen, seine Absichten deutlich zu machen. Wenn du fortfährst, dich auf diese Weise zu benehmen, könnte das einen beachtlichen Skandal verursachen.«
    Miss Tarabotti dachte an ihren Zustand der Außernatürlichkeit und an ihren Vater, der vor seiner Heirat ein ziemlicher Schürzenjäger gewesen sein sollte. Du hast ja keine Ahnung , hätte sie beinahe gesagt.
    Miss Hisselpenny fuhr fort. »Was ich damit sagen will, ist …« Sie stockte und sah äußerst verstört aus. »Was ist, wenn er nur beabsichtigt, dir carte blanche anzubieten?« Ihre Augen waren groß und ihr Blick mitfühlend. Ivy war intelligent genug, um zu wissen – ob sie das nun zugeben mochte oder nicht –, wie Alexias Aussichten wirklich waren. Im Grunde war eine Hochzeit mit jemandem von Lord Maccons gesellschaftlicher Stellung unmöglich, wie romantisch die Vorstellung auch sein mochte.
    Alexia wusste, dass Ivy nicht beabsichtigt hatte, grausam zu sein, doch sie war dennoch verletzt. Mürrisch nickte sie.
    Professor Lyall, den Miss Tarabottis mit einem Mal traurig blickende Augen berührten, sagte: »Ich bin überzeugt davon, dass die Absichten meines Lords keineswegs irgendetwas Geringeres als ehrenhaft sind.«
    Miss Tarabotti lächelte kläglich. »Es ist nett von Ihnen, das zu sagen, Professor.

Weitere Kostenlose Bücher