Glut der Gefuehle - Roman
Besen und der Schaufel und fegte den Ruß zusammen.
Erst jetzt wich Margrave zurück. Erleichtert löste South die Finger von dem scharfkantigen Kohlenstück,
das in seine Handfläche schnitt. Das Blut floss in die misshandelten Adern zurück und erzeugte ein heftiges Prickeln. Um den Auftrag sofort auszuführen, hatte er die Handschuhe, die er bei seiner Tätigkeit normalerweise trug, auf dem Hocker neben dem Küchenherd liegen lassen. Und so war er der harten Schuhsohle des Earls schutzlos ausgeliefert gewesen.
Am liebsten hätte er den Schurken am Fußknöchel gepackt, zu Fall gebracht und ihm die Zähne eingeschlagen. Doch das würde ihn nicht zu India führen. Wenn sie sich nicht hinter einer Tür im Ostflügel befand, würde Margrave ihr Versteck niemals preisgeben, nachdem er verprügelt worden war.
South schüttelte die malträtierte Hand und beendete seine Arbeit. Anschließend hob er den Kopf und wartete auf weitere Befehle.
»Lassen Sie die Eimer hier stehen und verschwinden Sie!«, stieß der Earl hervor. »Sagen Sie Smythson, in Zukunft dürfen Sie nicht mehr hierher geschickt werden.«
Langsam und scheinbar steifbeinig stand South auf. Dann nahm er eine gebückte Haltung ein, als würden ihm alle Knochen wehtun, wenn er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete. Den Blick hinter den Brillengläsern ehrerbietig gesenkt, trat er von einem Fuß auf den anderen. »Sehr wohl, Mylord.«
»Gehen Sie!«, wiederholte Margrave ungeduldig.
Gehorsam machte South auf dem Absatz kehrt und verließ den Korridor, so schnell es der hinkende Gang, den er sich angewöhnt hatte, erlaubte.
Auf halber Höhe der Dienstbotentreppe hielt er inne und lauschte. Da sich keine Schritte näherten, wusste er, dass seine Tarnung nicht durchschaut worden war. Margrave sah keinen Grund, ihm zu folgen. Lautlos schlich
South wieder nach oben. Im Flur angekommen, presste er sich an die Wand, wo ihn dunkle Schatten verbargen.
Der Earl stand immer noch bei den Kohleneimern und schien etwas zu betrachten, das in seiner Hand lag. Während Southerton ihn beobachtete, versuchte er, Mrs Garretys Gesicht in den aristokratischen Zügen zu erkennen. Das gelang ihm, als er sich ein großes braunes Muttermal an der rechten Wange vorstellte, aus dem drei Haare ragten, und die Adlernase, mit Kitt verbreitert, unter einer grauen Perücke.
Vorhin hatte Margrave seine Missbilligung nicht mit jener schrillen Stimme ausgedrückt, an die der Viscount sich so gut erinnerte, und kein einziges Mal mit der Zunge geschnalzt.
South dachte an das Gespräch, das er einige Wochen zuvor mit der Countess auf Marlhaven geführt hatte, und an Doobins Beschreibung Ihrer Ladyschaft.
Und da erkannte er, dass ihn seine Instinkte nicht getrogen hatten. Jene Frau war nicht Lady Margrave gewesen, sondern ihr Sohn.
In jener Verkleidung hatte sich der Earl nicht bemüht, seiner Mutter zu gleichen. Er wusste, dass Southerton und Lady Margrave einander nie begegnet waren. Und so hatte er ihm einfach nur weisgemacht, er sei die Countess – mit einer perfekten Mischung aus Ärger und Verachtung, Zweifel und Sorge. Wegen jener bemerkenswerten schauspielerischen Leistung hatte South vermutet, India und Ihre Ladyschaft müssten sich in London aufhalten.
Der Viscount lächelte grimmig. Mühelos hatte der Earl ihn hinters Licht geführt... Dass er nicht Margraves einziges Opfer war, tröstete ihn nicht sonderlich. Immerhin hatte er jedoch die drohende Gefahr lange genug überlebt, um das Täuschungsmanöver zu durchschauen. So
glücklich waren Mr Kendall und Mr Rutherford nicht gewesen.
Jetzt erregte der Earl erneut Southertons Aufmerksamkeit, denn er näherte sich einer Tür zu seiner Rechten. Der kleine Gegenstand in seiner Hand war offenbar ein Schlüssel, den er im Schloss herumdrehte und dann einsteckte. Mit einer Stiefelspitze stieß er die Tür auf und trug die beiden Kohleneimer in die Suite.
Sobald sich die Tür geschlossen hatte, eilte South darauf zu.
Erschrocken schauten sich die Countess und India an, als sie das Klappern des Schlüssels hörten. Über den Stickereien erstarrten die Finger, dann befassten sich die beiden Frauen wieder mit ihren Handarbeiten.
Margrave durchquerte das Schlafzimmer und blieb in der Salontür stehen. Misstrauisch musterte er das Bild, das sich ihm bot. »Welch hübsche häusliche Szene! Wieso kann India dich zu dieser Tätigkeit überreden, Mama? Obwohl du deinen Stickrahmen verabscheust?«
»Nein, ich verabscheue ihn
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