Glut der Gefuehle - Roman
verteidigte! Immerhin bist du deshalb vor dem Traualtar gelandet.«
»So etwas können wir ebenso für dich arrangieren, East«, schlug North vor. »Du musst uns nur das Ziel deiner Sehnsucht nennen – Lady Sophia oder Mrs Sawyer.«
Hastig stellte Eastlyn sein Glas auf den Tisch und warf beide Arme hoch, um seine Kapitulation zu bekunden. Dann wechselte er wieder einmal das Thema. »Was hast du über Rutherford gesagt, West?«
Marchman lachte. Neben seinem Mundwinkel erschien ein Grübchen. »Lediglich dass er verschwunden ist. Da er keine reiche Erbin eingefangen hat, ist er vielleicht wirklich nach Amerika ausgewandert, um ein Vermögen zu machen.«
»Oder zu heiraten«, ergänzte North.
South klopfte mit einem Fingernagel auf den Stiel seines Schwenkers. Zwischen seinen dunklen Brauen erschien eine kleine Falte. »Was ist an diesen Gerüchten dran?«
»Vor zwei Tagen wurde im Simon’s darüber geredet.« Marchman zuckte die Achseln. »Warum? Ist das wichtig?«
»Nun, ich zweifle an seiner Flucht«, erwiderte South leichthin. Nach seiner Erfahrung verwandelten sich oft wiederholte Klatschgeschichten irgendwann in vermeintliche Fakten. »Vor nicht allzu langer Zeit sah ich Rutherford, und da plante er gerade eine Belagerung. Also dürfte er wohl kaum über den Atlantik segeln.«
»Eine Belagerung?«, fragte East. »Interessiert er sich wieder für Lady Powell?«
»Nein.« Drei Augenpaare schienen South zu durchbohren. Um einem Missverständnis vorzubeugen und sich nicht neuen Spekulationen auszuliefern, die Grace Powell und ihn selbst betrafen, verriet er die Wahrheit. »Für Miss India Parr.«
Nachdenklich lehnte sich Marchman in seinem Sessel zurück. »Das erklärt, warum eine Belagerung nötig wäre. Aber ist sie vermögend? Davon habe ich noch nie gehört!«
»Ich ebenfalls nicht«, murmelte South. Seit der Einladung in ihr Haus gab ihm India Parrs finanzielle Situation zu denken. Diese Überlegung hatte zu jener Frage geführt, ob da jemand sei. Wenn sie auch nicht im Luxus lebte, so pflegte sie doch einen gewissen Stil, den sie sich mit der Gage einer Schauspielerin nicht leisten konnte. Vielleicht nahm sie Geschenke von hoffnungsvollen Verehrern an. Wie er inzwischen herausgefunden hatte, lehnte sie kostbare, teure Juwelen ab und akzeptierte nur minderwertigen Schmuck, für den sie sich nicht mit ihrer Gunst revanchieren musste und den sie als Anerkennung ihrer künstlerischen Darbietungen betrachtete.
Keine Gegenleistungen...
Energisch hatte sie bestritten, der Oberst würde ihre Dienste vergüten. Dergleichen war ihr offenbar sehr wichtig, bei ihren Kontakten mit allen Männern.
Doch das erklärte nicht ihr komfortables Haus, das zahlreiche Personal, die schlichten, aber exquisiten Möbel, die elegante Garderobe. Inzwischen hatte er ihr Domizil schon mehrmals während ihrer Abwesenheit tagsüber besucht und Informationen gesammelt. Davon ahnte sie nichts. Die meisten Dienstboten waren unterwegs
gewesen, um irgendwelche Besorgungen zu erledigen, und den restlichen hatte er mühelos ausweichen können.
Da gibt es jemanden, nicht wahr ? Diese Frage hatte er an jenem Abend gestellt, aus dem instinktiven Gefühl heraus, ein Mann müsse eine bedeutende Rolle in Miss Parrs Leben spielen. Sie hatte seine Vermutung bestätigt, sonst jedoch nichts verraten. Wie der Betreffende hieß, wusste South noch nicht. Wer sorgte für sie? Jemand, der es ihr ersparen wollte, die Geliebte eines reichen Verehrers zu werden?
Immer neue Fragen tauchten auf, und er fand keine Antworten. Blackwood versicherte, er sei nicht Miss Parrs Wohltäter. Aber Souths Behauptung, ein solcher Mann müsse existieren, faszinierte den Oberst. Und so sah sich der Viscount mit einer langen Liste von Möglichkeiten konfrontiert.
Plötzlich lenkte Eastlyn die Aufmerksamkeit seiner Freunde auf sich, indem er Southerton anstarrte und die Augen verdrehte. »Schon wieder versinkt er in Tagträumen! Wenn ich den Verdacht hegte, ein privates Problem könnte ihn bedrücken, würde mich sein Schweigen kränken. Aber ich glaube eher, diese Absencen hängen mit einer Charakterschwäche zusammen.«
»Sehr amüsant«, meinte South trocken. Doch er war mit seinen Gedanken tatsächlich woanders gewesen, weshalb er sich nur lächerlich machen würde, wenn er es bestritt. »Noch eine Partie Karten?«
»Ein zweites Mal mit dir als Partner?«, stöhnte North. »Dann stünden die Gläubiger bald vor meiner Tür Schlange. Und der Kompass Klub würde
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