Glut der Gefuehle - Roman
Viscount Southerton, nur ganz selten um Worte verlegen, war völlig verwirrt.
Und dann brach es aus ihm hervor: »Ich fürchte, du wirst nie wieder behaupten, ich sei zartfühlend mir dir umgegangen. Verzeih mir, India!«
»Oh Matthew!« Mit ihrer freien Hand berührte sie seine kühle, von der frischen Winterluft gerötete Wange. »Dachtest du, ich sei dir böse? Da irrst du dich, es gibt nichts zu verzeihen.«
»Aber ich|...«
Energisch schüttelte sie den Kopf, ihr Daumen glitt über seinen Mundwinkel. »Du warst ungeduldig mit mir. Das verstehe ich. Und ich muss dankbar sein, wenn deine Ungeduld das negativste Gefühl war, das ich in dir erregt
habe.« Nun senkte sie die Hand und schlang ihre Finger in seine. »Ich dachte sogar, du würdest nicht zurückkommen, ins Dorf reiten und Darrow zu mir schicken.«
»Niemals würde ich etwas Derartiges tun – zumindest nicht, ohne dich vorher zu verständigen.«
»Das hatte ich gehofft. Aber du warst so lange weg, und ich machte mir Sorgen.«
»Bist du deshalb hinausgegangen? Um mich zu suchen?«
»Woher weißt du|...?«
»Weil der Saum deiner Pelisse nass ist.«
»Oh.«
»Aber dein Kleid und deine Schuhe sind trocken.«
Errötend nickte sie. »Als ich dich aus dem Stall kommen sah, zog ich mich um.«
»Wolltest du mir verheimlichen, dass du draußen warst?«
»Nun, ich hatte dir versprochen, nicht davonzulaufen. Und du solltest nicht glauben, ich hätte mein Wort gebrochen.«
In seinen grauen Augen erschien ein eigenartiger Glanz. »War das der einzige Grund?«
»Was meinst du?«
»Hat dich allein die Sorge in die Kälte hinausgetrieben? Oder war es Angst?« Ihr Zögern war Antwort genug. »Warum willst du vor mir verbergen, wie sehr du dich fürchtest, India?«
»Ich muss mich um unser Dinner kümmern. Nichts schmeckt grässlicher als ein verbrannter Eintopf.«
»Das hast du auch vom Haferbrei behauptet.« Er drückte ihre Hand. »Sag es mir, India!«
Resignierend zuckte sie die Achseln und wich seinem Blick aus. »Du sollst mich nicht für einen Feigling halten.
Ich kann so tapfer sein wie du. Zumindest bemühe ich mich darum. Du fürchtest dich vor gar nichts. Im Gegensatz zu mir – es gibt nichts, wovor ich keine Angst habe.«
»Nur ein Narr fürchtet gar nichts.«
»Oh, ich meinte nicht, du seiest ein|...«
»Das weiß ich«, unterbrach er sie sanft. »Und es ist durchaus nicht so, dass ich gar nichts fürchte. Aber ich versuche lediglich dann Angst zu empfinden, wenn es sich lohnt. Alle Gefahren muss man richtig einschätzen. Wann hast du dich zum letzten Mal wirklich sicher gefühlt, India?«
»Vor gar nicht allzu langer Zeit«, entgegnete sie lächelnd.
Unwillkürlich glitt sein Blick an ihr vorbei, ins Schlafzimmer hinauf.
»So, jetzt weißt du’s«, wisperte sie.
»In der Tat.«
»Und das amüsiert dich.«
Ohne eine Miene zu verziehen, beteuerte er: »Keineswegs.«
»Doch. Du überlegst, wie einfach es wäre, mich den ganzen Tag im Bett festzuhalten – weil ich mich dort sicher fühle.«
»Nun amüsiere ich mich tatsächlich.« Als sie an ihm vorbeischlüpfen und die Treppe hinablaufen wollte, schlang er einen Arm um ihre Taille. »Hör mir zu, India. Ganz egal, ob wir im Bett liegen oder sonst wo zusammen sind – du kannst dich überall sicher fühlen. Zumindest ist das ein Anfang. Bald wirst du erkennen, dass du auch in der Welt da draußen geschützt bist, sogar ohne meine Gegenwart.« Sie wollte ihm glauben, das sah er ihr an. Aber ihre Ängste waren zu tief in ihrer Seele verwurzelt. Mit ein paar besänftigenden Worten ließen
sie sich nicht besiegen. »Du wirst mich nicht immer brauchen.«
Schon jetzt brauchte sie ihn nicht, und es lag ihr auf der Zunge, diesen Gedanken auszusprechen. Doch sie besann sich anders, denn sie wusste nicht, ob das der Wahrheit entspräche. Innerhalb weniger Wochen war ihr klar geworden, welch eine wichtige Rolle er in ihrem Leben spielte. Bei jener ersten Begegnung in ihrer Theatergarderobe hatte sie es bereits geahnt – und dann in ihrem Haus. Deshalb hatte sie bisher keinen Fluchtversuch unternommen. Und jetzt behauptete er, sie würde ihn nicht immer brauchen!
Beklommen biss sie sich auf die Unterlippe. »Meinst du|... ich kann das selbst bestimmen?«
»Genau.«
»Aber|... vielleicht würde ich mich nicht für dich entscheiden.«
»Gewiss, diese Möglichkeit besteht.« South lächelte ironisch. »Und davor habe ich Angst. Trotzdem finde ich, das Risiko lohnt sich.«
India legte die
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