Glut der Gefuehle - Roman
nicht.«
»Vielleicht solltest du den Gentleman-Dieb um Hilfe bitten«, schlug sie sarkastisch vor. »Jedenfalls versichere ich dir – die Bilder befinden sich in meinem Besitz.«
»In den verschlossenen Räumen«, sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu India.
»Wie bitte?«
»In den verschlossenen Räumen«, wiederholte er. »Diese Türen brach ich nicht auf.«
»Wie rücksichtsvoll von dir|...«
Nie zuvor hatte ihre Stimme so eisig geklungen.
»Warum ich dort war, weißt du, India.«
»Im Auftrag des Obersts. Um den Mord an Kendall zu untersuchen.«
»Außerdem wollte ich meine Neugier befriedigen. Ich hoffte, irgendetwas würde auf die Identität deines Beschützers hinweisen.«
»Nicht er unterstützt mich, sondern seine Mutter. Das habe ich dir bereits erzählt.«
»Von Lady Margrave erhältst du nur Unterhaltszahlungen. Ihr Sohn ist dein Beschützer.«
»Nein, du irrst dich.« India holte tief Atem. »Das verstehst du noch immer nicht – ich gehöre ihm.«
Den Kopf an den Rand der Kupferwanne gelehnt, schloss sie die Augen und schöpfte mit beiden Händen heißes Wasser auf ihre Schultern.
Diese Wanne hatte South für sie aufgestöbert, einige Eimer mit dampfendem Wasser ins Wohnzimmer geschleppt und sie dann allein gelassen, damit sie das Bad ungestört genießen konnte. Dafür hatte sie ihm noch nicht gedankt. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, wie wundervoll und rührend sie sein Verhalten fand. Seit sie ihn kannte, stellte sie seine Geduld auf eine harte Probe. Und er war stets freundlich gewesen. Schlimmstenfalls hatte er die Geduld verloren.
Wieso glaubte er, sie würde ihn eines Tages nicht brauchen? Das konnte sie sich nicht vorstellen!
Ohne mit der Wimper zu zucken, akzeptierte er, was sie ihm erzählt hatte. Obwohl es ihn schockiert haben musste |...
Seine Schritte auf der Treppe unterbrachen ihren Gedankenfluss. Hastig öffnete sie die Augen, richtete sich auf und zog die Beine an die Brust. Wasser spritzte aus der Wanne, ein paar Tropfen zischten im Kaminfeuer.
»Darf ich eintreten?« South öffnete die Tür nur einen Spaltbreit.
»Daran kann ich dich wohl kaum hindern.«
»Doch, India, du brauchst nur Nein sagen.«
Natürlich, er hatte betont, solche Entscheidungen lägen immer bei ihr. Aber wenn sie Ja sagte, müsste sie sich eingestehen, wie sehr sie sich nach seiner Gesellschaft
sehnte – obschon sie sich vor seinem prüfenden Blick verletzlich fühlte. »Das will ich nicht.«
»Ich habe mein Buch hier unten liegen lassen.« In weitem Bogen ging er um die Wanne herum zur Fensterbank. Dort war der Schauerroman nicht mehr. Feuchte Fußspuren am Boden erregten Southertons Aufmerksamkeit, und er folgte ihnen zu dem Stuhl, den India neben die Wanne gerückt hatte. Darauf lagen ordentlich gefaltete Handtücher – und das Buch. »Oh, ich wusste gar nicht, dass du dich für diese Art von Literatur interessierst.«
»Das wusste ich auch nicht«, gab sie zu. »Solche Romane habe ich noch nie gelesen. Natürlich hätte ich fragen müssen, ob du mir das Buch leihst. Aber du warst bereits in dein Zimmer gegangen, und ich wollte dich nicht stören. Also stieg ich aus der Wanne und|...« Als sie South grinsen sah, unterbrach sie sich. »Hoffentlich stört es dich nicht.«
»Oh, nicht besonders. Nur ein bisschen.«
India rutschte noch tiefer in die Wanne hinab. »Sicher möchtest du den Roman jetzt lesen.«
»Ja, in der Tat.« Die Brauen hochgezogen, musterte er India. »Du willst dich doch nicht ertränken? In diese kleine Wanne könnte ich wohl kaum springen, um dich zu retten. Da würde ich mir den Hals brechen.«
»Den würde ich dir im Moment am liebsten umdrehen.«
Lachend nickte er. »Daran zweifle ich nicht.«
»Also gut«, seufzte sie, »nimm das Buch mit.«
»Würdest du’s vorziehen, wenn ich die Augen schließe, während ich an dir vorbeigehe?«
»Um ehrlich zu sein – es wäre mir lieber, du wärst erst nach meinem Bad heruntergekommen.«
»Natürlich.« South setzte sich auf die Fensterbank.
»Das hätte ich mir denken können. Bitte tu so, als sei ich gar nicht hier.«
Wenn er so schelmisch lächelte, war es unmöglich, ihm zu zürnen. Voller Mitgefühl dachte sie an all die Kinderfrauen, die er um den Finger gewickelt hatte. Nun wollte sie sich beweisen, dass sie aus härterem Holz geschnitzt war. Sie ergriff den Roman, und ehe South sie daran hindern konnte, hielt sie ihn über das Wasser. »Dieses Buch ist ziemlich schwer. Hoffentlich entgleitet
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