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Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise

Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise

Titel: Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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wobei jeder die Oberhand zu gewinnen suchte. Merripen war so schwer, wie er groß war.
    Als Cam erkannte, dass er schweren Schaden nehmen könnte, wenn ihn sein Bruder mit aller Gewalt zu Boden drückte, entwand er sich dessen Griff und sprang auf die Beine. Im selben Moment ging er in Deckung, zog den Kopf ein und sprang blitzschnell
zur Seite, als Merripen wie ein wütender Tiger auf ihn zukam.
    Erschrocken eilten die Waldarbeiter herbei. Zwei Männer packten Merripen und zogen ihn zurück, während sich der andere um Cam kümmerte.
    »Du bist so ein Dummkopf!«, rief Cam und funkelte Merripen wütend an. Dann schüttelte er den Mann ab, der ihn zu bändigen versuchte. »Du bist fest entschlossen, dein Leben zu zerstören, nicht wahr?« Cam schüttelte verächtlich den Kopf. »Ich hatte auf eine oder zwei Minuten gehofft, in denen wir uns vernünftig unterhalten können, aber dazu bist du anscheinend nicht fähig.« Er blickte die Waldarbeiter an. »Lasst ihn los! Ich komme schon mit ihm klar. Es ist einfach, gegen einen Mann zu gewinnen, der sich von seinen Gefühlen leiten lässt.«
    Daraufhin bemühte sich Merripen redlich, seine Wut zu unterdrücken und sich zu beruhigen. Das wilde Glitzern in seinen Augen verglomm zu einem Funken kalten Hasses. Ganz allmählich und mit derselben übertriebenen Vorsicht, mit der die Waldarbeiter die schweren Baumstämme gehandhabt hatten, lockerten sie den Griff um seine Arme.
    »Du hast deinen Standpunkt deutlich gemacht«, sagte Cam zu Merripen. »Und wie es scheint, wirst du ihn so lange vertreten, bis du es jedem bewiesen hast. Aber spar dir die Mühe: Ich stimme dir zu. Du bist ihrer nicht würdig.«
    Mit diesen Worten verließ er den Holzlagerplatz, während Merripen ihm zornentbrannt nachstarrte.

    Merripens Abwesenheit warf einen Schatten auf das Abendessen, egal, wie sehr alle bemüht waren, sich natürlich zu geben. Das Sonderbare war, dass Merripen nie derjenige gewesen war, der eine Unterhaltung beherrscht oder sich in den Mittelpunkt gedrängt hätte, und dennoch entzog sein Verschwinden ihnen allen den Boden unter den Füßen.
    Julian füllte die Lücke mit Charme und Esprit, gab amüsante Geschichten über seine Bekannten in London zum Besten, erzählte von seinem Sanatorium und erklärte die Ursprünge der Therapien, die bei seinen Patienten solch erstaunliche Wirkungen erzielten.
    Win lauschte lächelnd. Sie heuchelte Interesse an den Gesprächen um sie herum, dem Tisch, der mit feinstem Porzellan, Kristall, Servierplatten mit köstlichem Essen und Silber beladen war. Äußerlich war sie ruhig. Aber in ihrem Innern brodelte es vor überschäumenden Gefühlen, vor Wut und Begierde und Trauer.
    Genau zwischen dem Fisch- und Fleischgang eilte ein Lakai mit einem Silbertablett ans Kopfende der Tafel und reichte Leo einen Umschlag. »Mylord«, murmelte der Dienstbote.
    Der gesamte Tisch verstummte, während alle Anwesenden Leo beobachteten, der den Brief mit ausdrucksloser Miene las. Beiläufig steckte er das Papier in sein Jackett und befahl dem Lakaien, sein Pferd zu satteln.
    Ein Lächeln erhellte Leos Gesicht, als er die Blicke bemerkte, die auf ihn gerichtet waren. »Verzeiht vielmals«, sagte er ruhig. »Meine Anwesenheit wird andernorts verlangt.« Seine hellblauen Augen funkelten
vergnügt, als er Amelia ansah. »Vielleicht könntest du dafür sorgen, dass mir in der Küche ein Teller Nachspeise aufgehoben wird? Du weißt, dass ich nichts Süßem widerstehen kann.«
    Amelia wollte ihren Bruder schon zurechtweisen, da stand er bereits vom Tisch auf und sagte im Hinausgehen: »Entschuldigt mich bitte.«
    Win war fast krank vor Sorge. Sie wusste, dass die Nachricht etwas mit Merripen zu tun hatte, spürte es in ihren Knochen. »Mylord«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Ist es …«
    »Alles ist in Ordnung«, beruhigte er sie. »Soll ich lieber gehen?«, fragte Cam und starrte Leo eindringlich an. Es war eine völlig neue Situation für sie alle: Leo, der die Rolle des vernünftigen Problemlösers eingenommen hatte. Und besonders neu für Leo selbst.
    »Auf gar keinen Fall«, erwiderte Leo. »Das würde ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen.«
     
    Das Stony-Cross-Gefängnis lag an der Fishmonger Lane. Früher war dort verirrtes Vieh verwahrt worden, eine Tradition, die bis ins tiefste Mittelalter zurückging, als es noch keine Zäune oder sonstigen Begrenzungen auf den Weiden gab. Der Besitzer einer verlorengegangenen Kuh, eines Schafs oder einer

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