Glut der Versuchung
Anstrengung gelang es ihm, stehen zu bleiben, während er etwas stammelnd die Order gab, dass ein Diener zum Brooks Club geschickt wurde, wo sich möglicherweise der Earl of Haviland aufhielt.
Danach sank Drew wieder aufs Sofa.
Er lag halbkomatös auf der Couch ausgestreckt, als es klopfte. Drew schüttelte sich, setzte sich auf und bat den Besucher herein.
Als ein Gentleman in die Bibliothek geschritten kam, blinzelte Drew zunächst mit glasigen Augen. Er dachte, sein Gast wäre Haviland, aber wie es aussah, schien es zwei Havilands zu geben. Die Stimme allerdings war unverkennbar.
»Ich hoffe, Sie können mir die Dringlichkeit erklären, Durchlaucht. Ich hatte gerade ein verteufelt gutes Blatt.«
Drew versuchte, deutlich zu sprechen, aber seine Zunge wollte ihm nicht recht gehorchen, als er antwortete: »Ich we ... er Ihn'n den Ve ... luss ersessen.«
Haviland sah ihn erstaunt an. »Sie sind ja sternhagelvoll, Arden.«
»Voller«, erwiderte Arden und wedelte unkoordiniert mit einer Hand über seinem Kopf.
»Und warum bestellten Sie mich her?«, fragte der Earl.
Drew verzog das Gesicht, während er seinen Mut zusammennahm. »Die v ... fluch'e Wahrheit is', ich ssieh mich ssurück. Sie könn'n sie hab'n.«
»Wen haben? «
»Roschlyn! Von wem ssum Teuf'l soll ich wohl sons red'n? «
»Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
Drew starrte ihn wütend an. »Erssähl'n Sie mir nich', Sie woll'n sie nich' ... Das glaub' ich nich'. «
»Ich hätte durchaus um sie geworben, wäre sie nicht mit Ihnen verlobt. «
»Trossem hab'n Sie's geschaff', dass sie Sie liebt.«
»Sie haben offenbar ein rührendes, wenn auch maßlos übertriebenes Vertrauen in meine Verführungskünste.«
»Nein, hab' ich nich'. Sie hab'n sie verführt, bevor ich sie überhaub' kann'e.«
Zweifel, Misstrauen und Ärger mischten sich im Ausdruck des Earls. »Was, zum Teufel, wollen Sie eigentlich, Arden?«
»Ich will sie glück'ich mach'n! «, schrie Drew beinahe und hielt sich sofort eine Hand an die Schläfe.
»Sie geben Ihren Anspruch auf sie auf?«
Drew schüttelte seinen pochenden Kopf langsam. »Das is' ja das Problem ... ich hatte nie ein'n. Sie gehört Ihn'n, das tat sie immer. «
Haviland verschränkte die Arme vor der breiten Brust. »Ich bin kein Trottel, Durchlaucht. Wenn Sie wieder nüchtern sind, werden Sie es sich anders überlegen, und dann fordern Sie mich zum Duell, weil ich Ihre Dame umwerbe. Ich verspüre keinerlei Drang, mich mit Ihnen zu duellieren, denn sollten Sie auch nur halb so gut schießen wie ich, werden wir dabei beide draufgehen.«
»Sein Sie kein Es'l Havilan'«, konterte Drew wütend. »Ich versuch', verdammt nobel zu sein un'sie dem Mann ssu lass'n, den sie liebt.« Er nahm noch einen Schluck Whisky, bevor er mit allem Nachdruck, den er in seiner Verfassung aufbrachte, sagte: »Roslyn liebt Sie, sie verfluch'er Idiot! «
Es folgte eine längere Pause, während der Haviland die Mitteilung offenbar erst einmal begreifen musste. »Sie hat mir nie zu verstehen gegeben, eine besondere Zuneigung für mich zu hegen.«
»Tut sie aber. Seit ich sie kenne, plant Sie, Sie zu erobern ... und ich dämlicher Idiot hab ihr auch noch geholf'n.« Er lachte verbittert. »Roslyn wird Ihn'n eine«, wieder trank er einen Schluck aus der Flasche, »eine verdammt gute Braut sein. «
»Das bezweifle ich nicht.«
»Sie sollt'n verdamm' froh sein, Havilan'.«
»Auch das steht außer Zweifel.«
Drew sah ihn finster an: »Und Sie mach'n sie lieber verdamm' glücklich, wenn Sie sie heirat'n, oder Sie krieg'n's mit mir ssu tun. Hab' ich mich klar aus'edrückt? «
Havilands Mundwinkel zuckten. »Vollkommen klar, Durchlaucht. Und ich kann Ihnen versprechen, dass ich mir die größte Mühe geben werde. «
Mit diesen Worten drehte Haviland sich um, ging hinaus und schloss leise die Tür hinter sich.
Drew saß da und starrte eine ganze Weile vor sich hin. Ihm war, als klaffte ein riesiges Loch in seiner Brust, wo eigentlich sein Herz sein sollte.
Roslyn und Winifred standen in der offenen Tür zu Constances Krankenzimmer und sahen zu, wie die beiden kleinen Baines-Mädchen auf Zehenspitzen zum Bett ihrer Mutter tippelten.
Nach einem Moment hob die Kranke flatternd die Lider. Beim Anblick ihrer Töchter ging ein mattes Lächeln über ihr Gesicht, und sie flüsterte: »Guten Morgen, meine Süßen.«
»Geht es dir besser, Mama?«, fragte die ältere Tochter Sarah.
»Viel besser, Gott sei Dank«, versicherte Constance.
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