Glut der Versuchung
begonnen hatten.
» In dieser Jahreszeit ist der Park fürwahr sehr hübsch«, sagte Roslyn. »Ich hole nur rasch meinen Umhang, Durchlaucht.« Zwar schien die Sonne, doch die Morgen im Juni konnten ein wenig kühl sein.
Als sie in die Diele kam, wartete der Duke bereits auf sie. Roslyn führte ihn durchs Haus zu einem Seitenpausgang und von dort hinaus auf die Kieswege. Sie blieb auf den Wegen, damit ihre Schuhe nicht vom Tau durchnässt wurden.
Der Park bestand aus sehr schön angelegten Rasenflächen und Blumenbeeten. In der Ferne sah man den Pavillon aufragen, von dem aus man auf den See hinausblickte. Roslyn steuerte geradewegs darauf zu.
»Ich vermute, Sie haben es sich nicht anders überlegt, was meine Unterweisung betrifft«, begann Arden, kaum dass sie ein Stück vom Haus weg waren.
»Nein, das habe ich nicht«, sagte Roslyn freundlich. »Ich würde mich sehr gern von Ihnen in der Kunst weiblicher Verführung unterrichten lassen.«
»Ja, das hatte ich befürchtet.«
»Haben Sie noch einmal über meine Fragen nachgedacht?«
»Habe ich, meine Liebe.«
Sie sah ihn erwartungsvoll an. »Ich bin ganz Ohr, Durchlaucht.«
»Nun, dann fange ich am besten mit der einfachsten Frage an. Sie wollten wissen, was mich an einer Mätresse anspricht, und mir fielen mehrere Attribute ein, die ich wünschenswert finde. «
»Die wären?«
» Zum einen beklagt sich eine gute Mätresse nicht, sie würde vernachlässigt, weil ihr Beschützer sie unregelmäßig besucht. «
»Sie meinen, er verfügt frei über ihre Zeit? «
»Ja, und sie häuft keine Rechnungen bei Modisten und Hutmachern an, die weit über ihre Zuwendung hinausgehen, oder drängt den Gentleman, ihr Juwelen zu kaufen. «
Roslyn nickte nachdenklich. »Es scheint mir nur verständlich, dass ein Beschützer keine Extravaganzen schätzt.«
»Ja, und sollte er ihr Geschenke machen wollen, wählt er sie aus. «
»Mit anderen Worten, falls sie erreichen möchte, dass er sie großzügig beschenkt, müsste sie ihn auf die Idee bringen, ohne dass er es bemerkt.«
Arden schmunzelte. »Ganz genau. Und sie sollte ihn um seinetwillen begehren, nicht wegen seines Vermögens - oder zumindest den Anschein erwecken, sie täte es.«
Stumm betrachtete Roslyn den Duke von der Seite. Er schien reichlich Erfahrung mit Damen zu haben, denen einzig an seinem Vermögen gelegen war. Offenbar war das bei ihm ein wunder Punkt, ähnlich wie ihr Aussehen bei ihr. Sie bezweifelte nicht, dass er bei den Damen als höchst lohnenswerte Beute galt, und dennoch waren es nicht allein sein Reichtum oder sein hoher Titel, die ihn anziehend machten. Allein was sein Äußeres betraf, war er den meisten anderen Adligen bei weitem überlegen.
Zugegeben, sie fühlte sich sehr zu ihm hingezogen, obwohl sie ihrem Prinzip, sich nicht von Äußerlichkeiten leiten zu lassen, niemals abschwören würde. Doch sie hatte entdeckt, dass Arden weit mehr zu bieten hatte, als auf den ersten Blick- erkennbar war. Bei aller aristokratischen Eleganz strahlte er eine Entschlossenheit aus, die innere Stärke signalisierte. Ganz zu schweigen von seinem Charme und seinem Esprit, die sie in Atem hielten ... Roslyn rief sich zur Vernunft, als sie bei Pavillon ankamen, einem kleinen Rundbau aus weißem Marmor, der einem griechischen Tempel nachempfunden war. Der Pavillon hatte keine Wände sondern lediglich ein Dach, das auf runden Säulen auflag.
Innen standen Marmorstatuen und einige Bänke. Roslyn stieg die drei Stufen hinauf und setzte sich auf eine steinerne Bank. Arden folgte ihr, blieb jedoch stehen.
»Was macht eine erfolgreiche Mätresse sonst noch?«, fragte sie, entschlossen, seine Anziehungskraft zu ignorieren.
»Soweit ich es bisher beobachten konnte, gibt sie ihrem Beschützer das Gefühl, im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit zu stehen. Sie sollte ihm gelegentlich schmei-cheln, ihm ihre Bewunderung ausdrücken - was allerdings glaubwürdig sein muss. Und sie sollte zumindest so tun, als würde sie ihm zuhören, wenn er etwas sagt. «
Roslyn zog amüsiert eine Braue hoch. »Sie sollte ihm also Komplimente machen, ihn bewundern und jedes seiner Worte würdigen, selbst wenn sie wenig Bewundernswertes an ihm und nichts Interessantes an seiner Konversation entdeckt?«
»Selbst dann«, antwortete Arden, der nicht minder belustigt klang. »Und wie ich letzte Nacht schon sagte, sollte sie sich seiner physischen Bequemlichkeit und Befriedigung annehmen.«
Unweigerlich wurde Roslyn ein klein wenig rot.
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