Glut der Versuchung
und betrachtete ihre Schwester prüfend. »Lily ... verheimlichst du mir etwas?«
»Nein, natürlich nicht! Mach dir keine Sorgen um mich, meine Liebe. Es ist nichts, was ich nicht selbst regeln könnte«, versicherte Lily lächelnd und fügte leiser hinzu: »Ich will einfach um jeden Preis verhindern, dass mir irgendein Mann den Hof macht.«
Roslyn hätte weiter nachgehakt, aber Lily wollte das Thema eindeutig nicht vertiefen. Und da ihre Schwester alt genug war, um zu wissen, was sie wollte, entschied Roslyn, sich wieder auf ihre Angelegenheiten zu konzentrieren - vor allem auf ihr Treffen mit Lord Haviland um drei Uhr, wenn er seinen kommenden Ball mit ihr besprechen wollte.
Nachdem sie alle Hochzeitsgeschenke aufgelistet hatte, begann sie, die unzähligen Details zu notieren, die zu entscheiden waren, um einen großen Ball auszurichten.
Um halb drei ging sie nach oben, wo sie sich mit Hilfe ihrer Zofe Nan umkleidete. Sie wählte ein Jaconnetkleid aus der neuen Garderobe, die Marcus ihr geschenkt hatte und dessen Blau exakt die Farbe ihrer Augen wiedergab. Anschließend kehrte sie in den kleinen Salon im Erdgeschoss zurück, wo sie ihren Gast empfangen wollte, da es hier bequemer und weniger förmlich war als im großen. Erst im letzten Monat waren alle Räume von Danvers Hall unter Arabellas Regie neu gestaltet worden.
Roslyn war etwas nervös, als sie auf den Earl wartete, und musste sich zwingen, höchstens alle paar Minuten aus dem Fenster zu sehen. Derweil ging sie im Geiste Jene Techniken durch, die Arden sie heute Morgen gelehrt hatte ... Augen, Mund, Schmollen ...
Schmunzelnd fragte sie sich, ob Ardens Tricks wohl irgendeine Wirkung auf Haviland hätten. Bisweilen gab sie sich Tagträumen hin, in denen sie sich ausmalte, wie es würde, wenn Haviland erst richtig um sie warb. Selbstredend würde er sich von Anfang an unwiderstehlich zu ihr hingezogen fühlen, ihr binnen kürzester Zeit seine Liebe gestehen und um ihre Hand anhalten.
Möglicherweise jagte sie einem Märchen nach, das schloss Roslyn nicht aus, doch sollte sie Havilands Verlangen nach ihr auf irgendeine Weise entfachen können, war sie bereit, sich nach Kräften zu bemühen. Und wenngleich ihr gemeinhin jede Form der Verstellung fremd war, würde sie auch vor Koketterie nicht zurückschrecken.
Um Punkt drei Uhr kam Haviland, allerdings war er zu Roslyns Überraschung nicht allein. Als Simpkin ihn in den Salon führte, erschien er in Begleitung des Duke of Arden. Die beiden Adligen, die ungekünstelt freundlich miteinander umgingen, behaupteten, sich vor Danvers Hall getroffen zu haben.
Roslyn sah fragend zu Arden, denn es verwunderte sie, dass er ausgerechnet zu jener Zeit herkam, zu der sie ihre Verabredung mit dem Earl hatte - von der er bekanntlich wusste.
»ich dachte, Sie würden gern erfahren, wie die Suche nach dem Wegelagerer vorankommt«, erklärte er, ohne dass sie ihn gefragt hatte.
Haviland zog die Brauen zusammen. »Nach welchem Wegelagerer?«
Er hatte noch nichts von dem gestrigen Überfall gehört, so dass Roslyn ihm kurz zusammenfassen musste, was geschehen war.
»Und was wurde bislang in der Sache unternommen? «, wollte Haviland wissen.
Der Duke antwortete nun, dass die Bediensteten des Freemantle-Anwesens seit morgens die Gegend absuchten. »Sie haben im gesamten Bezirk nach Blutspuren oder sonstigen Hinweisen Ausschau gehalten, konnten jedoch noch nichts entdecken. Er kann überallhin geflohen sein, sogar bis nach London. «
»Vielleicht sollten wir die Straßen einige Nächte lang von bewaffneten Dienern patrouillieren lassen«, regte Haviland an.
»Das ist bereits arrangiert«, sagte Arden.
»Gut. Und wir sollten die Anwohner informieren, damit sie die Augen offenhalten und ihren Besitz bewachen. Ich möchte niemanden unnötig in Angst versetzen, doch eine erhöhte Vorsicht scheint mir geboten.«
Simpkin kam mit dem Teetablett herein, und Roslyn bot Haviland an, sich neben ihr auf das Sofa zu setzen. Falls sie erwartet hatte, dass Arden sich nun verabschieden würde, wurde sie enttäuscht, denn er machte es sich in einem der Sessel gemütlich. Offenbar hatte er nicht vor, bald wieder zu gehen. Während Roslyn den Herren Tee einschenkte, sprach Arden den geplanten Ball des Earls an, was sie ziemlich irritierte. Sie hatte auf ein wenig Zeit allein mit Lord Haviland gehofft.
Leider ließ der Duke ihr keine andere Wahl, und so fragte sie Haviland lächelnd, welche Pläne er für seinen Ball
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