Glut der Versuchung
Roslyn.
Sie lächelte ihn an, und dieses Lächeln war wie ein Geschenk. Obwohl er sich dagegen sträubte, verfehlte es seine verführerische Wirkung nicht. »Ich schlug vor, dass er damit beginnt, Cobbetts Geschichte des Parlaments zu lesen. Ich kann ihm meine Bände schicken. «
»Oder ich leihe ihm meine.«
»Nein, Sie wollen doch nicht, dass er Sie für blaustrümpfig hält. «
Sie lachte. »Wohl nicht.«
Dann wurde sie nachdenklich und blickte ihn fragend an. »Ich bin neugierig, Durchlaucht. Wenn Sie Ihre herzoglichen Pflichten so ernst nehmen, beabsichtigen Sie dann, eines Tages zu heiraten? Ich würde meinen, dass Sie Erben für Ihr Herzogtum wollen. «
»Ja, irgendwann«, antwortete Drew.
»Dessen war ich mir nicht sicher. Sie hegen eine solch starke Aversion gegen die Ehe, dass ich dachte, Sie hätten vielleicht beschlossen, niemals zu heiraten.«
Sein Lächeln war eher eine Grimasse. »Ich kenne meine Pflicht. Und ich bin bereit, eine Ehefrau zu ertragen, um Erben zu bekommen.«
»Sie klingen, als verachteten Sie Frauen.«
»Falsch, ich mag Frauen durchaus«, erwiderte er grinsend. »Ich ertrage lediglich den Gedanken nicht, ein Leben lang an eine bestimmte gekettet zu sein.«
»Ja, es ist ein Jammer, dass das Ehegelübde dem Mann abverlangt, sich für bloß eine Gattin zu entscheiden«, entgegnete sie scherzhaft. »Ich vermute, Sie werden eher eine Vernunftehe eingehen als eine Liebesheirat? «
»Selbstverständlich«, antwortete er. »Aristokraten heiraten nicht aus Liebe. Für Mitglieder unserer Klasse ist die Ehe eine geschäftliche Transaktion, bei der Gefühle nichts verloren haben. Eine Verbindung von Blut, Titeln und Vermögen, die sich in den meisten Fällen als lästig oder sogar widerlich erweist.«
»Was für entzückende Aussichten! «, Sagte Roslyn trocken. »Meine Vorstellungen von einer Ehe unterscheiden sich offenbar sehr von Ihren.«
»Oh ja, denn Sie glauben an Märchen.«
Sie lächelte. »Wie schade, dass Sie sich nichts Besseres erhoffen können. Aber womöglich begegnen Sie eines Tages einer Dame, die Sie tatsächlich heiraten wollen.«
Drew fragte sich, wie er dazu kam, über die Ehe zu reden. Normalerweise wich er diesem Thema weiträumig aus. Zwar war ihm klar, dass er letztlich seiner Pflicht nachkommen musste, er hatte jedoch noch nie überlegt. welche Frau er irgendwann heiraten würde. Er wusste nur, dass sie nicht so sein sollte wie seine Mutter - kalt, gierig, machthungrig.
»Hatten Ihre Eltern etwas mit Ihrer Aversion gegen das Heiraten zu tun, so wie meine? «, fragte Roslyn recht unschuldig.
Seine Mutter hatte eine Menge mit seiner Einstellung zur Ehe zu tun. »Ich würde sagen, ja.«
»Warum?«, fragte sie neugierig. »Waren sich Ihre Eltern auch so furchtbar feindselig gesonnen? «
»Nein, sie haben selten überhaupt irgendwelche Gefühle gezeigt. Für sie war jedwede Form von Gefühlsausdruck ein Indiz für mangelnde Bildung.«
»Und so haben sie auch Sie erzogen?«
Allmählich wurde das Gespräch unangenehm. An etwa«, war alles, was Drew dazu sagen wollte.
»Dann haben Ihre Eltern aus Vernunft geheiratet.«
»Um die illustre Linie fortzusetzen. Ihrer beider Vorfahren reichen zurück bis zu William, dem Eroberer. «
»Ich vermute, Sie beabsichtigen, es genauso zu halten.«
Wieder zuckte er mit den Schultern. »Abgesehen von der Fortsetzung der Linie birgt die Ehe wenig Vorteile.«
» Glauben Sie das wirklich? «
»Ja, und genau genommen bringt eine Vermählung viele Nachteile mit sich.«
»Als da wären? «
»Zum einen haben Paare, die aus Vernunft heiraten, wenig gemeinsam, also finden sie auch entsprechend wenig
Vergnügen an der Gesellschaft des anderen. «
»Mag sein«, gab sie zu.
»Und eine Ehe kann unendlich langweilig sein. Wenn man an eine einzige Frau gebunden ist, wird man sie nicht so einfach wieder los. Eine Mätresse kann man wenigstens gegen eine andere tauschen, falls man ihrer überdrüssig wird. «
Ihre blauen Augen funkelten amüsiert. »Das ist fürwahr ein Vorteil, den ich nicht bedachte.«
Drew lehnte sich zurück, denn nun begann die Unterhaltung, Spaß zu machen. »Die Ehe kann ein veritabler Nährboden für Feindseligkeiten sein, wie nicht zuletzt Ihre Eltern bewiesen.«
»Wenigstens stimmen wir in diesem einen Punkt überein«, sagte Roslyn. »Was noch?«
»Ein Junggeselle ist an keine Familie gebunden und kann tun und lassen, was er will.«
»Oh ja, es ist fraglos lästig, auf die Gefühle eines anderen
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