Glut der Versuchung
Heath unterstellen, er würde vollkommenen Blödsinn reden, nur war Drew nicht sicher, ob dem tatsächlich so war. »Du kannst unmöglich glauben, dass ich an Heirat denke.«
»Tust du nicht? Und warum beobachtest du Roslyn dann, als wolltest du sie geradewegs in deine Höhle schleppen?«
War es so offensichtlich? fragte Drew sich, dem nicht wohl bei dem Gedanken war, jemand könnte es bemerkt haben.
»Keine Angst«, sagte Heath, als wüsste er, was in ihm vorging. »Niemand sonst wird etwas vermuten. Ich kenne dich nun einmal zu gut. «
»Du hebst meine Stimmung nicht unbedingt«, raunte Drew mit zusammengebissenen Zähnen.
Heath lachte. »Nein, wohl nicht. Aber du solltest lieber aufpassen, wenn du dich nicht an eine Ehefrau gekettet wiederfinden willst. Mit ihr kannst du nicht machen, woran du denkst, ohne sie heiraten zu müssen. Marcus würde dich in Stücke reißen, ganz abgesehen davon, dass dein Ehrgefühl es nicht zuließe.«
Als Drew nur leise knurrte, versetze Heath ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. »Ich glaube, ich begebe mich nach London zurück, ehe du mich noch zum Duell forderst. Hier gibt es ohnehin nichts Amüsantes zu erleben. Genau genommen wäre ich schon fast froh, deinen Wegelagerer zu treffen. Das würde meinem Leben mal ein bisschen Farbe verleihen. «
Auch er fand es hier wenig amüsant, dachte Drew, als Heath wegging. Das lag zunächst einmal daran, dass es ihm gar kein Vergnügen bereitete, Roslyn mit Haviland tanzen zu sehen; aber seine Unzufriedenheit reichte tiefer.
Die Vorstellung, dass sie Haviland verführen wollte, mit ihm schlafen könnte, weckte eine unerklärliche Wut in Drew. Die grausame Wahrheit war, dass sie seinem Empfinden nach mit keinem anderen Mann außer ihm intim sein sollte.
Er wollte derjenige sein, der sie in die Geheimnisse der Sinnlichkeit einführte, der ihre Leidenschaft entfachte und ihr all die Wonnen bereitete, die ein Mann und eine Frau gemeinsam erleben konnten.
Was ihn maßlos verwirrte.
Zum ersten Mal in seinem Leben war er auf einen anderen Mann eifersüchtig. Und er war ehrlich erstaunt, wie besitzergreifend er wurde, wenn es um Roslyn ging.
Das Schlimmste jedoch war, dass er überhaupt keine Lösung seines verfluchten Dilemmas sah. Er hatte nicht den geringsten Wunsch zu heiraten, und dennoch konnte er den primitiven, rein männlichen Drang, »Roslyn in seine Höhle schleppen zu wollen«, wie Heath es so treffend formulierte, nicht leugnen.
Andererseits verstieß es nicht gegen Anstand und gute Sitten, wenn ein Gentleman eine junge Dame auf einem Ball beim Tanz in den Armen hielt, dachte Drew.
Roslyn wirkte nicht froh, ihn zu sehen, wie Drew bemerkte, als er nach der Quadrille auf sie zukam und ihre angeregte Unterhaltung mit Haviland unterbrach, um sie zum nächsten Tanz aufzufordern.
»Es macht Ihnen hoffentlich nichts aus, wenn ich sie Ihnen für einen Tanz entführe, mein Guter?«, fragte Drew Haviland und schloss jede Verneinung von vornherein aus, indem er Roslyns Ellbogen umfasste.
Der Earl blickte ihn durchbohrend an, verneigte sich dann jedoch höflich. »Wie Sie wünschen, Arden. Ich möchte Miss Lorings Zeit keineswegs für mich allein beanspruchen, so angenehm ich es auch finde. Doch ich sollte mich um meine anderen Gäste kümmern.«
Drew wusste, dass Roslyn ihm ebenfalls nicht widersprechen konnte, und so führte er sie zum Walzer auf die Tanzfläche.
»Und wenn es mir etwas ausmacht?«, fragte sie ihn hörbar verärgert.
Er sah sie unschuldig an. »Haben Sie etwas dagegen, mit mir zu tanzen? «
»Selbstverständlich habe ich das. Winifred steckt mal wieder dahinter, stimmt's? Sie hat Sie gebeten, mich aufzufordern, habe ich Recht?«
»Nun, ja«, antwortete er wahrheitsgemäß, »aber ich entschied, es zu tun.«
»Sie hätten mir die Höflichkeit erweisen können, mir eine Wahl zu geben.«
»Sie hätten ohne weiteres ablehnen können.«
»Nicht ohne eine Szene zu machen.«
» In der Gefahr befinden Sie sich augenblicklich auch«, bemerkte Drew, »denn die Musik hat begonnen, und wir stehen einfach nur hier.« Als sie schuldbewusst zusammenzuckte, nahm er ihre Hand und zog sie näher zu sich. »Lächeln Sie, meine Liebe. Sie sollten aussehen, als würden Sie sich amüsieren.«
Roslyn gehorchte, obwohl das Funkeln in ihren Augen keinen Zweifel daran ließ, dass sie furchtbar wütend auf ihn war. Drew lächelte vor sich hin. Fraglos machte der Abend nun doch noch Spaß, ja, zum ersten Mal
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