Glut der Versuchung
Türen könnten verriegelt sein«, erwiderte sie unsicher.
»Dann brechen wir ein. Sie können unmöglich hier im Stall bleiben, nass wie Sie sind.«
Sie verließen den Stall und liefen durch den strömenden Regen zur Cottagetür, die tatsächlich verschlossen war. Drew schlug eines der Fenster ein, um sich Einlass zu verschaffen. Er kletterte hinein, öffnete Roslyn von innen die Tür und schloss sie gleich hinter ihr wieder.
»Ich glaube nicht, dass Mrs Jearson uns verübeln wird, hier Zuflucht gesucht zu haben«, bemerkte Roslyn, als sie durchnässt und tropfend dastand, »aber sie wird nicht erfreut sein, dass wir ihr Heim beschädigt haben. «
»Ich werde ihr die Reparatur selbstredend bezahlen. «
Drinnen war es kühl und dunkel, da durch die geschlossenen Läden nur wenig Licht eindrang. Aber es war makellos sauber und ziemlich gemütlich - oder würde es zumindest werden, wenn erst einmal ein Feuer im Kamin brannte.
Wie Drew feststellte, gab es zwei Räume, von denen der größere als Wohnzimmer und Küche diente, der kleinere als Schlafzimmer.
»Die Unterkunft ist wohl nicht das, was ein Duke gewöhnt ist«, sagte Roslyn, die in die Küche ging. »Mrs Jearson ist das ehemalige Kindermädchen von Sir Alfred und Lady Perry. Sie hat ihre Kinder bis zu ihrem Ruhestand betreut, also verfügt sie nur über das Ruhegeld, das sie ihr zahlen. Entsprechend schlicht ist ihr Zuhause. «
»Das genügt vollkommen«, sagte Drew und meinte es ehrlich.
Genau genommen war er froh, dass die Witwe nicht zu Hause war. Nicht dass er dieses Debakel von langer Hand geplant hätte, aber es war ihm sehr recht, mit Roslyn allein sein zu können. So könnte er nicht bloß die Disharmonie zwischen ihnen klären, sondern gewann auch die nötige Zeit, um sie zu überzeugen, seinen Antrag doch anzunehmen.
Drew schüttelte versonnen den Kopf und schmunzelte spöttisch vor sich hin. Allein die Tatsache, dass er sich freute, in ein scheußliches Unwetter zu geraten, weil es ihm die Chance bot, seine Heiratsabsichten voranzutreiben, war ein schlagender Beweis dafür, dass er langsam aber sicher den Verstand verlor.
Im Kamin war bereits alles für ein Feuer aufgeschichtet, so dass er sich nur noch hinknien und es entfachen musste. Währenddessen zündete Roslyn eine Lampe in der Küche an.
Nun wurde das Innere des Cottages in ein warmes Licht getaucht. Draußen peitschte der Regen gegen die Mauern und das Dach; der Wind rüttelte an den Läden. Im Innern indes war es wunderbar still.
»Ich möchte den Herd nicht anmachen«, sagte Roslyn, als sie die Schränke durchsah, »denn ich hoffe, dass das Unwetter bald vorbeigezogen ist und wir wieder wegfahren können. Aber ich könnte uns im Kamin Teewasser machen. «
»Das können Sie?«, fragte Drew.
»Ja. Hier ist eine Dose mit Tee, und im Krug ist frisches Wasser. «
»Ich meine, wissen Sie, wie das geht?«
»Ich bin sehr wohl imstande, Wasser zu erhitzen, Durchlaucht«, erwiderte sie ein bisschen spitz.
Seine Mundwinkel zuckten. »Ich habe nie daran gezweifelt, dass Sie über vielerlei Talente verfügen«, sagte er, setzte sich auf einen Holzstuhl und zog seine durchnässten Stiefel aus. »Aber ich hätte nicht erwartet, dass Sie etwas vom Kochen verstehen.«
Achselzuckend sah sie zu ihm hinüber. »Wir wurden als privilegierte Kinder erzogen, richtig, aber wir mussten uns eine Menge Fertigkeiten aneignen, nachdem wir unser Zuhause und unser Vermögen verloren hatten.« Ihr Blick verharrte prüfend auf ihm. »Sie scheinen verwundert.«
Ja, er war in der Tat verwundert. Nie im Leben könnte er sich vorstellen, dass seine Mutter sich dazu herabließe, sich selbst einen Tee über offenem Feuer zu machen, geschweige denn zuvor ihr eigenes Pferd trockenzureiben.
Hingegen schien Roslyn genau zu wissen, was sie tat, als sie den Kessel befüllte und in den offenen Kamin hängte.
Sie blieb vor dem Feuer stehen, um sich die Hände zu wärmen, und selbst über das Knistern der Scheite hinweg hörte Drew, wie ihre Zähne vor Kälte aufeinanderschlugen, während sie am ganzen Körper zitterte.
»Sie müssen Ihr nasses Kleid ausziehen«, sagte er und streifte sich seinen zweiten Stiefel und den Strumpf ab.
Sie sah über die Schulter zu ihm, eine Braue hochgezogen. »Sie scherzen.«
»Fürchten Sie, ich könnte über Sie herfallen? Wenn Sie so reizvoll aussehen, wie ein begossener Pudel? «
Sie betrachtete ihn schweigend, mit sorgenvoll gekräuselter Stirn.
Drew mühte sich, möglichst
Weitere Kostenlose Bücher