Glut der Versuchung
eigene Schwäche ist die Ursache. Ich konnte ihm nicht widerstehen. Und, was denkst du? «, fragte sie Tess. »War es richtig von mir, das Angebot einer zeitlich befristeten Verlobung anzunehmen? «
»Ich denke«, begann Tess versonnen, »dass du unter den gegebenen Umständen keine andere Wahl hattest. Und dein Plan, über den Sommer verlobt zu bleiben, ist nicht schlecht. Du musst der Liebe zwischen euch Zeit geben, sich zu entwickeln. Es ist durchaus möglich, dass sie erblüht, wenn man sie nur ein wenig fördert.«
Der vorsichtige Optimismus ihrer Freundin überraschte Roslyn nicht. Tess hatte ein positiveres Bild von der Liebe und der Ehe als irgendeine der Loring-Schwestern , denn sie hatte ihren Verlobten vor dessen Tod bei Waterloo vor zwei Jahren wahrhaft geliebt. Ihr Herz erholte sich gerade erst von der Trauer.
»Aber«, fügte Tess hinzu, »nach allem, was ich von Arden hörte, wird es nicht leicht, seine Liebe für dich zu wecken.«
Roslyn verzog das Gesicht. »Ich will es nicht einmal versuchen. Mir fiele nie ein, ernstlich um ihn zu werben denn er hasst es, das Ziel habgieriger Damen zu sein, und er kennt sämtliche weiblichen Taktiken, einen Mann zu erobern. Folglich würde er sofort durchschauen, was ich vorhabe.«
»Du könntest es ein wenig subtiler anstellen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht die Absicht, ihn in mich verliebt zu machen. Falls es ihm wirklich ernst damit ist, mich zu heiraten, wird er sich um eine Liebesheirat bemühen müssen. «
Tess sah amüsiert aus. »Du erwartest, dass er die ganze Arbeit leistet?«
»Genau. Aber wie du bezweifle ich ebenfalls, dass er auch nur das geringste Interesse an einer Liebesheirat hat. «
Roslyn glaubte nicht, dass Drew seine Einstellung so drastisch ändern könnte. Sie mochte sich fragen, ob er sie jemals lieben könnte, was an sich schon töricht war, aber im Grunde wusste sie, dass er viel zu zynisch war, um irgendjemandem sein Herz zu schenken.
»Was willst du deinen Schwestern erzählen?«, fragte Tess.
»Ich werde Arabella natürlich von der Verlobung erzählen«, antwortete Roslyn, »doch nicht den Rest ... nichts von meiner Liederlichkeit. Marcus betrachtet sich nach wie vor als unser Beschützer, und er wäre nicht erfreut zu erfahren, dass ich mit seinem Freund intim war. Ich schicke morgen einen Brief an Belle auf den Familiensitz von Marcus in Devonshire. Obwohl ... es hat keine Eile, denn sie werden erst in der nächsten Woche dort erwartet. «
»Und was ist mit Lily? Du weißt, dass sie nicht gerade froh sein wird, von deiner Verlobung mit einem Mann zu hören, den du nicht liebst und der dich vielleicht nie lieben wird. «
»Ja, ich weiß«, seufzte Roslyn. »Ich denke, es ist das Beste, wenn ich nach London fahre und es ihr persönlich sage. Dabei sollte ich selbstverständlich sehr diskret sein, denn Lily möchte ja alle glauben lassen, sie wäre bei unseren alten Freunden in Hampshire.«
»Ja, das wäre klug«, stimmte Tess ihr zu und trank von ihrem Wein, ehe sie weitersprach: »Darf ich dir eine Frage stellen, Roslyn?«
»Nur zu. «
Tess zögerte. Sie wirkte seltsam verlegen. »War ... die Leidenschaft so erstaunlich wie Fanny behauptete? «
Roslyn fühlte, wie sie errötete. »Sie war noch besser«, sagte sie leise. Ach verstehe jetzt, warum Fanny ihre vornehme Erziehung hinter sich ließ, um sich solchen Wonnen hinzugeben.«
Nun war es an Tess zu seufzen. »Ich bedaure, dass ich solche Leidenschaft womöglich nie kennenlerne. Ja, fast beneide ich dich ... « Dann schüttelte sie den Kopf und machte den Rücken gerade. »Aber ich habe mir vorgenommen, mich nicht mehr an die Vergangenheit zu klammern. Und nun muss ich als Lehrerin zu dir sprechen. « Sie sah Roslyn streng an, wenngleich ein amüsiertes Funkeln in ihren Augen lag. » Falls du vorhast, wieder mit dem Duke intim zu werden, solltest du Vorkehrungen treffen.«
»Vorkehrungen?«, fragte Roslyn.
»Gegen eine mögliche Empfängnis. Bist du nämlich erst mal guter Hoffnung, wirst du gezwungen sein, ihn zu heiraten, ungeachtet deiner Gefühle für ihn. «
Roslyns Wangen glühten buchstäblich. »Ich gestehe, dass ich daran überhaupt nicht gedacht habe. Fanny sorgt sich nie um solche Dinge.«
»Nun, es gibt Möglichkeiten zu verhindern, dass der Samen eines Mannes Wurzeln schlägt. Du solltest Fanny danach fragen. «
Roslyn nickte. Es war ein weiser Rat. Bei aller romantischen Sentimentalität war Tess immer schon vernünftig und
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