Glut in samtbraunen Augen
Sie wollte sich schon zu ihm umdrehen, verharrte dann aber. Noch immer hatte sie Tränen in den Augen, und die sollte Cesare unter keinen Umständen sehen.
„Denkst du etwa, ich bin weggelaufen, um nicht mit dir schlafen zu müssen?“, fragte sie, ihm weiterhin den Rücken zugewandt. „Denkst du wirklich, ich mache mir da irgendetwas vor?“ Sie schüttelte den Kopf. „Glaub mir: Ich habe von Anfang an gewusst, worauf ich mich einlasse!“
„Und warum warst du dann vorhin so erschrocken?“ Er war näher an sie herangetreten, denn sie konnte seinen warmen Atem im Nacken spüren, und ohne dass sie es wollte, stieg ein Gefühl der Sehnsucht in ihr auf, und ihr Herz begann heftiger zu schlagen. „Du brauchst keine Angst zu haben, bella gioia “, flüsterte er ihr ins Ohr, und sie schloss die Augen, während sie sich vorstellte, wie es wohl sein mochte, sich diesem Mann voll und ganz hinzugeben.
Schockiert über diesen Gedanken zuckte sie zusammen. Sie wischte sich hastig die Tränen aus dem Gesicht, dann drehte sie sich zu Cesare um. „Ich habe keine Angst!“, fuhr sie ihn an. „Und ich war auch nicht erschrocken. Nur etwas überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass du …“
„Dass ich was?“ Fordernd sah er sie an, und auf seinen Lippen lag ein spöttisches Lächeln. „Dass ich es so bald von dir verlange?“
Sie wollte etwas erwidern, ihn anschreien, ihm klarmachen, dass er überhaupt nichts von ihr verlangen konnte, doch ein Blick in seine dunklen Augen, in denen es bedrohlich funkelte, ließ sie verstummen. Instinktiv wollte sie einen Schritt zurücktreten, wozu es jedoch nicht kam, weil sie direkt vor dem Stamm der Zypresse stand.
Und es wäre ohnehin zu spät gewesen. Ehe sie sich versah, zog Cesare sie an sich heran, und plötzlich spürte sie seine fordernden Lippen auf ihrem Mund. Erschrocken hob sie die Hände, um ihn von sich zu schieben, doch er war zu stark und hielt sie ganz fest umklammert. Ihr Widerstand begann zu erlahmen. Alles in ihr bebte. Tief in ihrem Innern spürte sie, dass dies genau das war, wonach sie sich im Grunde ihres Herzens sehnte. Die Gefühle, die sein Kuss in ihr auslöste, waren gleichermaßen erschreckend wie verzaubernd und entfachten eine Glut in ihr, die sie niemals für möglich gehalten hätte. Sie spürte Cesares Körper an ihrem und hätte am liebsten laut aufgestöhnt, während heiße Wellen der Erregung sie durchfluteten.
Da gab Cesare ihren Mund frei und ließ sie unvermittelt los.
Vanessa fühlte sich wie benommen. Ihr war schwindelig, und sie wusste nicht, ob sie ihn anschreien oder ihn doch lieber bitten sollte, weiterzumachen. Doch kaum, dass sie diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, schämte sie sich für ihn. Was war bloß in sie gefahren, einen Mann zu begehren, der ihr so viel genommen hatte?
„Ich denke, es ist besser, wenn wir jetzt zurückfahren“, bestimmte Cesare. „Es ist vielleicht doch nicht so gut, unsere Gäste den ganzen Tag allein zu lassen.“
„Tatsächlich?“ Sie reckte das Kinn. „Willst du denn nicht lieber weitermachen? Immerhin kannst du jetzt nach Belieben über mich verfügen.“
Er schüttelte den Kopf und strich ihr übers Haar. „Ich habe es nicht nötig, eine Frau zu irgendetwas zu zwingen“, stellte er unmissverständlich klar. „Und das wäre auch gar nicht nötig, denn eines ist sicher: Lange wirst du mir ohnehin nicht widerstehen können, bella gioia , das hat mir deine Reaktion auf meinen Kuss gerade deutlich gezeigt.“
Mit diesen Worten wandte er sich um und ließ sie einfach stehen, um zurück zum Wagen zu gehen.
Gedankenverloren sah Vanessa ihm nach und spürte, wie die Wut wieder von ihr Besitz ergriff. Konnte ein Mensch wirklich so kalt und abgebrüht sein? Cesare trug die Verantwortung für den Tod ihrer Eltern, und jetzt spielte er mit ihr, als sei er sich keiner Schuld bewusst. Ahnte er denn wirklich nicht, wie es in ihr aussah? Welchen Verlust sie erlitten hatte?
Sie schüttelte den Kopf. Aber hatte sie denn wirklich etwas anderes erwartet? Nein, ihr war von Anfang an klar gewesen, auf was für einen Mann sie sich mit dieser Hochzeit einließ.
Etwas anderes schockte sie dafür umso mehr, und zwar das, was Cesare eben gesagt hatte: Lange wirst du mir ohnehin nicht widerstehen können, bella gioia.
Sie spürte, wie sich alles in ihr wehrte, es zuzugeben, und doch konnte sie es nicht länger leugnen, denn inzwischen war ihr eines deutlich bewusst geworden: Wenn es ihr nicht schnellstens
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