Glut unter der Haut
entschlossen, die Erinnerungen zu verdrängen. Doch wie von selbst fanden ihre Hände die Stellen, die er erobert hatte, und ihr Bemühen, sein Bild auszulöschen, war vergebens. Doch ihre Nerven lagen noch zu bloß, waren zu wund, und anstatt sie zu erlösen, erregten ihre Hände sie noch mehr.
Sie rollte sich auf den Bauch und presste das Gesicht ins Kissen, unfähig, sein Bild zu verbannen. Erst viele Stunden später glitt sie in die W elt der T räume.
Doch auch dort wartete Erik auf sie.
Kapitel 6
Der nächste T ag begann mit strahlendem Sonnenschein. Kathleen hatte sich gewünscht, irgendeine Laune des W etters möge den heutigen A usflug zum Bisonfluss unmöglich machen, aber da dies offensichtlich nicht der Fall war, zog sie sich an und packte ihren kleinen Rucksack.
Damit sie für jeden Notfall gerüstet war, packte sie Pflaster, Jod, Sonnenmilch und Zinksalbe gegen Sonnenbrand, Creme gegen Insektenstiche, T ücher, Schmerztabletten, ein zusätzliches Handtuch, Socken und Kleidung zum W echseln für sich ein. Mit dem sicheren Gefühl, das vergessen zu haben, was sie am nötigsten brauchen würde, verschloss sie den Rucksack, schwang ihn sich über die Schulter und trat aus ihrer Hütte.
Das Frühstück verlief wie gewohnt; Kathleen aß mit großem A ppetit. A ls Erik den Speisesaal betrat, tat sie so, als würde sie ihn nicht sehen. Die für den A usflug auserkorenen Kinder bekamen kaum einen Bissen runter vor lauter A ufregung, und als die Glocke läutete, stürmten sie zum wartenden Bus hinaus; es gab ein wildes Gerangel um die begehrten Fensterplätze.
»Viel Spaß, aber seid bitte vorsichtig«, rief Edna noch.
»Wir sind rechtzeitig zum A bendessen zurück«, sagte Kathleen lachend. »Und wir werden einen Bärenhunger mitbringen.«
»Ich erwarte euch dann.« A us den A ugenwinkeln sah Edna, wie Erik den Bus bestieg. Sie schaute zu Kathleen, als wollte sie etwas sagen, tätschelte ihr dann aber nur die Hand und sagte: »Viel Spaß.«
Kathleen plauderte ein wenig mit dem Fahrer, der den Bus schon seit so vielen Jahren fuhr. Eriks A usrüstung war auf einem der freien Plätze im hinteren T eil verstaut worden, aber er hatte sich nicht von seiner Kamera trennen wollen. Er setzte sich auf den Platz gegenüber von Kathleen auf der anderen Seite des Gangs.
Dann war es endlich so weit; der Bus fuhr los und zum T or hinaus. Bei dem Lärmpegel der Kinder, die sangen, sich zankten und balgten, und dem lauten Rumpeln des Busses war es unmöglich, sich während der Fahrt zu unterhalten.
Kathleen saß direkt hinter dem Fahrer; mit jedem Kilometer entspannte sie sich mehr. A ls sie schließlich zu Erik hinüberschaute, bemerkte sie, dass er sie unverhohlen beobachtete. Zuerst lächelte er ihr zaghaft zu, dann, als sie weder den Blick abwandte noch ihn böse anfunkelte, wurde sein Lächeln breiter, und sie musste unweigerlich ebenfalls lächeln.
Alle paar Kilometer kamen sie durch eines der verschlafenen Bergdörfer und kleinere Siedlungen, die die zweispurige Straße säumten. Diese Ortschaften sahen alle gleich aus. Stets gab es eine T ankstelle mit einem Lebensmittelladen. Einige Ortschaften hatten sogar eine Post; oft war es nicht mehr als ein für diese Zwecke umgebauter W ohnwagen, und doch flatterte davor stolz die amerikanische Flagge im W ind.
Die Häuser, die zumeist direkt an der Straße standen, boten ein zum V erwechseln ähnliches Bild. W äsche hing zum T rocknen aus. A uf der V eranda – die es bei jedem Haus gab – stand der obligatorische Schaukelstuhl. In den Gärten reifte das Obst und Gemüse des Sommers, fast überall von einer V ogelscheuche bewacht. Oft versorgte so ein Garten die Familie für viele Monate mit Nahrung.
In einer dieser Ortschaften machten sie kurz Rast an einer uralten T ankstelle. Kathleen, die sich Eriks A nwesenheit ständig bewusst war, bemerkte ihn plötzlich inmitten des T rubels nicht mehr. Sie schaute sich nach ihm um und entdeckte ihn, als er gerade einen schmalen staubigen W eg überquerte und zu einem einsamen Häuschen auf einem bewaldeten Hügel ging.
Instinktiv folgte sie ihm, bis sie sah, was sein Interesse geweckt hatte. A uf der V eranda des Hauses saß ein alter Mann in einer zerschlissenen Jeanslatzhose und spielte auf seiner Fiedel. Sein runzliges Gesicht erinnerte an gegerbtes Leder, das schlohweiße Haar stand ihm wirr vom Kopf ab.
Als er Erik näher kommen sah, hieß er ihn mit einem zahnlosen Lächeln willkommen und stampfte mit dem
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