Glut unter der Haut
Schreckliches müsste passiert sein, du wärst entführt worden oder so … Dann, als langsam ersichtlich wurde, dass du vorsätzlich gegangen warst und deine Spuren absichtlich verwischtest, durchlebte ich eine Phase der W ut, die auf der W elt wohl kein zweites Mal empfunden wurde. Ich konnte mir einfach nicht erklären, warum …«
Seine Stimme versiegte, und er starrte verloren auf seine Hände hinunter, die sich zu Fäusten geballt hatten. Kathleen lehnte am Fenster und starrte ebenfalls ins Leere. Sie sah nichts, hörte nur die V erzweiflung in Eriks Stimme, die der in ihrem Herzen entsprach.
»Als ich dich dann neulich wiedersah, wollte ich dich umbringen.« Er lachte bitter. »Nein, erst wollte ich mit dir schlafen und dich dann töten.«
Sie schwiegen eine W eile, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend. Erik war es, der das Schweigen brach. »Warum hast du ihn geheiratet, Kathleen?«
Sie holte tief Luft. Sie spürte seinen bohrenden Blick in ihrem Rücken und drehte sich deshalb nicht zu ihm um. W enn sie es täte …
»Ich stellte fest, dass ich schwanger war. Mit T heron.« Sie schluckte den Knoten hinunter, der sich immer in ihrer Kehle bildete, wenn sie an den ersten T ermin bei Dr. Peters zurückdachte und an den Entschluss, den sie damals gefasst hatte. »Zuerst dachte ich, die einzige Lösung sei eine A btreibung. Ich ging ins Krankenhaus. Ich war schon im Operationssaal, konnte sie aber gerade noch vor der Narkose aufhalten.«
»Mein Gott«, stöhnte er.
»Richtig. Gott hat mir an diesem T ag beigestanden. Ich hätte T heron vielleicht niemals bekommen, wenn …« Sie brach ab, weil ihr Körper von einem Beben geschüttelt wurde. A ls sie sich erholt hatte, fuhr sie fort und erzählte ihm von Seths A ntrag und ihrer Heirat. »Er war so gut zu mir, Erik. Er hat mich niemals nach dir – nach dem V ater – gefragt. Er hat mich und T heron bedingungslos akzeptiert. Und er behandelt T heron wie seinen eigenen Sohn.«
»Aber das ist er nicht, Kathleen. T heron ist mein Sohn.«
Sie schwang herum und sah ihn mit bleichem Gesicht an. »Du wirst ihm – du kannst ihm – doch nicht weh tun, Erik. Bitte. Ich flehe dich an!«
»Mistkerl!«, fluchte er wütend, als er aufstand und durch das Zimmer geschritten kam, bis er neben ihr stand. Er sah sie nicht an, schob die Hände in die T aschen seiner Jeans. Er starrte aus dem Fenster wie sie zuvor ins Leere.
Plötzlich drehte er sich um und brüllte: »Wie soll ich gegen einen Mann wie ihn antreten? Einen Querschnittsgelähmten! Ich werde doch für alle W elt automatisch zum Bösewicht, wenn ich T heron für mich beanspruche! Soll ich einem Mann, dem das Schicksal bereits ins Gesicht getreten hat, das Kind wegnehmen, das er wie sein eigenes liebt? W as soll ich nur tun, Kathleen? T heron ist mein Sohn, verdammt!« Er schlug mit der Faust gegen die W and seiner neuen W ohnung und schien dabei den Schmerz, den der Schlag ihm verursachen musste, gar nicht zu spüren.
»Es wäre viel einfacher, wenn Seth ein A rschloch wäre. Pech für mich. Dieser Mann ist ein Heiliger.« Die Bitterkeit in seinem T on traf Kathleen. Es war furchtbar, seine Qual mit ansehen zu müssen.
»Er war großzügiger zu mir, als ich mir je zu erträumen gewagt hätte. Er hat mir das Geld geliehen, damit ich meinen eigenen Laden aufziehen kann. Ohne ihn hätte ich weder die A usrüstung noch das Haus mieten können. Und damit nicht genug. Er hat mich mit den Geschäftsleuten in San Francisco bekannt gemacht, also mit meinen potentiellen Kunden.«
Erik lehnte sich an die W and und schloss die A ugen. Es war ihm anzusehen, wie frustriert er war. »Wie soll ich ihm das alles zurückzahlen? W ie soll ich ihm das Kind nehmen und ihm dazu noch sagen, dass ich scharf auf seine Frau bin?« Er rieb sich die A ugen, als wollte er die moralischen Skrupel wegwischen, mit denen er zu kämpfen hatte. Dann atmete er durch, ließ die Hände sinken und sah Kathleen an. »Du weißt gar nicht, was für ein Opfer du da von mir verlangst, Kathleen.«
Sie sah ihm tief in die A ugen. Ihre Stimme zitterte, als sie sagte: »Doch, Erik. Ich weiß es.«
Er vernahm ihre W orte und las in ihren feuchten A ugen die unausgesprochenen Gefühle. Dann nahm er ihr Gesicht in die Hände und streichelte ihr mit den Daumen über die zitternden Lippen. Ihre Stirnen berührten sich, und er musste die A ugen schließen, weil er es kaum ertrug, ihr so nahe zu sein und sie doch nicht haben zu dürfen.
Das ist die
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