Glut unter der Haut
vor ihrem geistigen A uge entstand. Dann lief sie rastlos im Zimmer auf und ab und weinte, was dafür sorgte, dass sie sich noch schuldiger fühlte, weil sie Seth damit betrog. W enn auch nicht wirklich, so doch zumindest in ihrer V orstellung.
Am übernächsten T ag nahm sie ihre A rbeit wieder auf. Eliot schien von der Reise überhaupt nicht mitgenommen zu sein, im Gegenteil, er war aufgekratzt, und seine Begeisterung über die neue Kollektion ging Kathleen gehörig auf die Nerven – wie alles andere auch.
Die Zeit von A nfang November bis W eihnachten war für den Handel die hektischste Phase, und Kirchoffs bildete da keine A usnahme. T rotzdem ließ Seth es nicht zu, dass die V orbereitung für die W erbekampagne zu kurz kam. Der Flug in die Karibik wurde für die erste W oche im Dezember angesetzt. Kathleen wollte nichts damit zu tun haben, musste dann aber feststellen, dass sie sogar sehr viel
damit zu tun haben würde.
»Bist du dir eigentlich darüber im Klaren, dass du Unmögliches verlangst?«, entrüstete sie sich. Sie drei hatten sich in Seths Büro versammelt, um die bevorstehende Reise zu besprechen. Kathleen sprang aus ihrem Sessel und tigerte mit vor der Brust verschränkten A rmen, den Rücken den Bücherregalen zugewandt, im Zimmer auf und ab. W ie oft musste sie sich das noch bieten lassen? Das war schon das dritte Meeting dieser A rt innerhalb einer W oche. W ieder und wieder wurde sie zur Zusammenarbeit mit Erik gezwungen, wo sie ihn doch im Moment am liebsten gar nicht gesehen hätte.
»Kathleen«, versuchte Seth zu beschwichtigen. »Wir wissen sehr wohl, was wir dir damit aufladen. A ber wenn wir mit unserer Kampagne rechtzeitig fertig werden wollen, muss Erik die A ufnahmen bis kurz vor Neujahr produziert haben. Und dazu brauchen wir die Muster so zeitig.«
Sie wandte sich zu ihnen um. Erik lümmelte lässig, die Beine ausgestreckt, in seinem Sessel und taxierte sie. Sie wünschte, er würde sie nicht so ansehen; eswar ihr unangenehm.
»Natürlich, Seth, ich bin ja nicht begriffsstutzig«, entgegnete sie patzig. »Aber kannst du dir denn nicht vorstellen, wie schwierig es wird, die Muster zu diesem frühen Zeitpunkt zu besorgen? Ich weiß ja nicht mal, ob ich überhaupt einen Designer dazu überreden kann. W ahrscheinlich lachen die mich glatt aus.«
»Uns ist bewusst, unter welchen Druck wir dich damit setzen. Und wir wissen, dass du dein Bestes versuchen wirst. Die ganze Kampagne ist nun mal sinnlos, wenn wir nicht die neue Kollektion zeigen können.«
»Ich weiß, ich weiß«, meinte sie müde, Seth damit andeutend, dass er es ihr schließlich schon hundertmal gesagt hatte. »Aber die Frühjahrskollektion ist noch nicht einmal produziert. Ich muss es ja wissen, immerhin bin ich gerade aus New York zurückgekommen, schon vergessen?«
»Nein, nein«, antwortete Seth, ungerührt von ihrem sarkastischen T on. »Und wie ich von Eliot gehört habe, hat man dich dort auf den ersten Blick geliebt, stimmt’s? Du hast die ganze Seventh A venue um den Finger gewickelt. Bestimmt werden sie dir diesen kleinen – pardon – diesen großen Gefallen tun.«
Kathleen seufzte, hob die Schultern und ließ sie dann in einer theatralischen Geste fallen.
»Welche Größe hat das Mädchen?«
»Tamara«, sagte Erik. »Sie heißt T amara.«
»Oh, Entschuldigung«, zischte Kathleen.
»Achtunddreißig. W ir nehmen nur Models mit achtunddreißig, um es dir etwas leichter zu machen.«
»Zu gütig von euch!«, flötete Kathleen und klimperte mit den W impern. »Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr mir euer Mitgefühl weiterhilft …«
Ein bedrückendes Schweigen senkte sich über den Raum, während sie alle vermieden, einander anzuschauen. Kathleen schämte sich sofort für ihre zynische Bemerkung. W as war nur mit ihr los?
»Erik, würdest du uns bitte einen Moment entschuldigen?«, bat Seth schließlich.
»Aber sicher.« Erik stemmte sich aus dem Sessel und schlenderte aus dem Raum.
Wieder entstand ein angespanntes Schweigen; Kathleen zupfte an einem losen Faden an ihrer Bluse. Endlich, als sie schon meinte, gleich platzen zu müssen, wenn Seth sie nicht wegen ihres unmöglichen Benehmens zurechtwiese, sagte sie: »Es tut mir leid. Ich weiß, ich habe dich vor Erik blamiert, und das tut mir wirklich leid.«
Seth sagte nichts darauf, so dass sie gezwungen war, ihn anzuschauen, doch sie fand in seinem Blick keinerlei V orwurf oder Zorn, sondern allein Sorge. »Kathleen, was ist nur los mit
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