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Glutnester

Glutnester

Titel: Glutnester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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schließt das Fenster und geht zum Tisch. Er muss sich den Unterlagen widmen, die über der noch immer nicht gelesenen Tageszeitung, dem Traunsteiner Tagblatt, liegen. Michael Horn hat sie ihm zugesteckt, als sie sich heute in Point getroffen haben. Nach einer schnellen Autofahrt von München nach Marquartstein und schließlich weiter nach Point. Degenwald greift nach der dünnen grauen Mappe und schlägt sie auf. Die erste Seite ist immer der Beginn einer unsagbaren Geschichte. Er beginnt zu lesen und stutzt.
     
    Elsa steigt die Treppe des Zweifamilienhauses hinauf. Vor einer weiß gestrichenen Tür bleibt sie stehen. Atmet bewusst ein und aus und streckt sich unmerklich dabei. Dann sucht ihr Zeigefinger sein Ziel. Einen kleinen polierten Messingknopf. Die Klingel zu Ben Fürnkreis’ Wohnung. Elsa fühlt kein Zaudern in sich. Nur eine gesunde Anspannung, die der geplanten, nun in die Tat umgesetzten Handlung, dem Klingeln, vorausgeht. Ein eindringlich schriller Ton fährt ihr ins Ohr. Es dauert einen Moment. Dann wird die Tür geöffnet. Ben steht in Boxershorts und T-Shirt, mit nackten Füßen und Rasierschaum im Gesicht, vor ihr.
    »Was machst du denn hier? Um die Zeit!« Ben überprüft irritiert seine Armbanduhr, die an seinem Handgelenk fehl am Platz wirkt, wenn man den Rest seiner Aufmachung bedenkt.
    »Darf ich?« Elsa betritt den Vorraum seiner Wohnung, ohne auf sein »Herein mit dir!« zu warten. Ben, der zur Seite gewichen ist, wischt sich mit einem Handtuch, das auf der Anrichte im Flur offenbar von ihm abgelegt wurde, das Gesicht sauber. »Ist was passiert? Gibt’s Neuigkeiten?«, will er wissen.
    »Ja.« Elsa schaut ihn bestimmt an. Dann tritt sie vor. Ihre Jacke, die sie vorsorglich zugeknöpft hat, streift sein Shirt. »Ich bin endlich wach geworden«, erklärt sie.
    »Aha. Ausgerechnet zur Schlafenszeit?« Ben lacht und will Elsa mit seiner Hand, die er kaum merklich an ihre Schulter geführt hat, ins Wohnzimmer dirigieren.
    »Warte!« Elsa hält ihn mit einem weichen, spielerischen Blick zurück. »Was ich vorhabe, lässt sich auch hier verwirklichen.«
    Sie lehnt sich erneut vor, ihm entgegen. Bis ihr Körper seinen tatsächlich berührt. Ben stößt leise die Luft aus den Lungen. Seine und ihre Haut sind lediglich durch dünne Schichten Kleidung voneinander getrennt. Er muss nur die nötige Fantasie aufbringen. Dann ist die Kleidung nicht länger existent. Dann drängt Elsa sich in ihrer ganzen verführerischen Nacktheit an seine Haut, die bereit ist und auf sie wartet.
    »Elsa«, raunt er und birgt seinen Kopf einen innigen Moment lang in ihrer warmen Halsbeuge. Um den Geruch aufzusaugen, den sie durch die Tage trägt. Diesen für ihn schon so lange begehrlichen Geruch.
    Sie hebt sachte den Kopf und visiert seinen Mund an, der noch nach Rasierschaum duftet. Präzise legt sie ihre Lippen auf seine. Ein erster scheuer Kuss. Er öffnet sich ihr. Lässt einen dünnen Spalt zwischen seinen Lippen entstehen. Elsa folgt ihm nach, breitet ihr feuchtes Fleisch unter ihm aus und lädt Bens Atem ein, in ihr Platz zu nehmen. Sie spürt, wie er lautlos nachgibt. Wie seine Lippen sich an sie klammern, er seinen Mund fester auf ihren presst. Gleichzeitig schlingen seine Arme sich um ihren Körper. Und die ihren um seinen. Seine Zunge schiebt sich in ihre feuchtwarme Höhle hinein. Und ihre sich in ihn. Sie nehmen beide, wechselseitig, ihre intimen Geschmäcker in sich auf. Herbsüß. Ihre Lippen sind jetzt eine einzige Aufforderung. Eine wunderschöne Einladung für etwas Kommendes. Sie küsst ihn über den Beginn und das angenommene Ende seines Mundes hinweg. Bis zu den Wangen. Alles, was er ist, auskostend. Einen Kuss in einer Intensität, wie sie es lange nicht mehr erlebt hat. Ben stöhnt auf. Er schiebt sie vorsichtig von sich weg. Ihre Lippen lösen sich schwer voneinander. Er schaut sie überrascht, aber auch begierig an.
    »Was machst du mit mir«, flüstert er. Seine Hand fährt zärtlich ihren Arm entlang. Bis seine Finger an ihrer Hüfte liegen.
    Eine greifbare Leichtigkeit dringt unerwartet in Elsas Körper. Sie merkt, wie alles in ihr schwerelos wird. Ihr Geist hat diese Leichtigkeit vorweggenommen. Jetzt bringt sie sie in die Realität ihres Körpers. In die Tatsächlichkeit des Moments. Ihre Sehnen, Muskeln, ihr Fleisch, ihr Blut, sämtliche Körperflüssigkeiten reagieren auf ihr Empfinden.
    Elsa schaut Ben an und lächelt aus vollem Herzen. Warm, ehrlich und dabei auf friedvolle Art

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