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Glutopfer. Thriller

Glutopfer. Thriller

Titel: Glutopfer. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lister
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Ritualmörder.«
    »Wollen Sie damit sagen, die Morde haben kein Motiv?«, fragt einer der Polizisten aus Bayshore.
    Sam schüttelt den Kopf.
    »So etwas gibt es nicht. Wenn keines der üblichen Motive zutrifft, heißt das noch nicht, dass es keins gibt. Die Motive zwanghafter Ritualmörder sind ebenso stark wie die anderer Krimineller, vielleicht noch stärker, aber sie sind nur dem Täter bekannt. Sie sind verinnerlicht. Solche Täter haben für alles, was sie tun, einen Grund.«
    »Wie zum Teufel kriegen wir so einen Mörder zu fassen?«
    »Es wäre gut, wenn wir herausfinden, was ihn antreibt«, sagt sie. »Wie sein Zwang aussieht. Der Stressfaktor vor der Tat. Der Trigger. Was ihn aktiviert.«
    »Und wie bitteschön?«
    »Durch die Hinweise, die er absichtlich und unabsichtlich hinterlässt. Der Tatort sagt uns alles, was wir brauchen. Wir müssen ihn nur richtig lesen.«
    »Sie sagten ›Tatort‹, Singular«, sagt Gibson. »Demnach wäre das Depot der Tatort, den wir lesen müssen.«
    Sie nickt.
    »Bei dem in Louisiana Landing hat er geübt, experimentiert, sich vorbereitet.«
    »Wenn er es überhaupt war.«
    »Er war es, aber das Depot ist sein Anfang. Ich behaupte nicht, dass der andere Tatort uns nichts sagen kann, aber längst nicht so viel.«
    »Gott sei Dank sind Sie da«, sagt Gibson.
    Sie lacht, hält kurz inne, fährt dann fort.
    »Wir müssen unserem Tatort Fragen stellen. Warum war dort alles genau so arrangiert? Wir müssen ein Opferprofil erstellen. Wer sind seine Opfer? Warum wählt er sie aus? Wir müssen das Verhalten unseres UT am Tatort so gut wie möglich rekonstruieren. Wurde das Opfer am Fundort getötet, oder hat er die Leiche dort nur abgelegt? Michelle wird uns das noch bestätigen müssen, aber ich wette, unser Opfer wurde im Depot umgebracht. Warum hat er das Depot ausgewählt? Welche Bedeutung hat es für ihn?«
    Wieder hält sie einen Moment inne, doch man hört nur das Kratzen von Stiften auf Papier.
    »Wir fragen generell, welche Verletzungen dem Opfer zugefügt wurden. In diesem Fall hat er die Leiche fast vollständig vernichtet. Warum? Warum löscht er die Identität des Opfers aus? Wenn die Leiche von Louisiana Landing damit in Verbindung steht, was ich glaube, dann hat er dort offenbar Brandbeschleuniger und Timing getestet, er hat geprobt – für das Depot. Darauf hat er hingearbeitet. Warum? Was hat das zu bedeuten? Bis jetzt wissen wir nicht mal, wer die Opfer sind, aber wenn wir es wissen, können wir schon erheblich mehr sagen. Denken Sie dar­an, alles, was er tut, folgt einem Bedürfnis. Welchem? Und dann sind da noch die objektiven Beweise vom Tatort. Warum hat er sie hinterlassen? Was davon absichtlich, was aus Versehen? Warum hat er dem Opfer nur Gürtel, Uhr, Ring und Schuhe abgenommen? Das hat einen ganz bestimmten Grund. Es ist besonders wichtig. Was hat er am Tatort gemacht, das er nicht unbedingt machen musste? Inwiefern ist er vom direkten Weg abgewichen, um etwas zu tun, das für den Mord nicht erforderlich war? Das ist seine Signatur, und wir müssen sie deuten, um ihn zu fassen.«

16
    Nach einer kurzen Pause kommen alle wieder im Besprechungsraum zusammen, und diesmal ist Michelle Barnes telefonisch über die Freisprechanlage dabei.
    »Ich wünschte, ich hätte mehr für Sie«, sagt Michelle.
    »Wir nehmen alles, was Sie haben«, sagt Sam. »Und wir sind dankbar dafür.«
    »Wir haben das Problem, dass die Leiche aus dem Eisenbahndepot zu stark verbrannt ist, fährt Michelle fort. Und dass die andere Leiche zwar einen geringeren Grad der Verbrennung, aber stärkere Verwesung aufweist.«
    »Scheiß-Florida«, sagt einer der Deputys. »So heiß und feucht, dass das Fleisch von Leichen schmilzt.«
    »Komisch, dass die verwünschten Moskitos die Leiche nicht weggeschleppt haben«, sagt ein anderer.
    »Tja, wie gesagt, unsere Fremdbefunde sind nahezu gleich null – was in Brandfällen natürlich nicht ungewöhnlich ist. Wir können das Opfer nur durch zahnärztliche Unterlagen identifizieren, und dafür bräuchten wir eine ungefähre Vorstellung davon, wo wir suchen müssen.«
    »Was ist mit dem Geschlecht?«
    »Eine Frau, ein Mann«, sagt sie.
    »Die Leiche im Depot?«
    »Weiblich«, sagt sie.
    Michelle hält kurz inne, und durch das Telefon hört man, dass sie blättert.
    »Ich habe aber auch ein paar Leckerbissen für Sie.«
    Sam findet, dass
Leckerbissen
eine seltsame Wortwahl für Obduktions- und Laborbefunde verbrannter und verwesender Leichen ist,

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