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Glutopfer. Thriller

Glutopfer. Thriller

Titel: Glutopfer. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lister
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dass sie an diesem Tag viel durchgemacht hat und nur Trost braucht.
    »Ich muss wirklich los«, sagt sie.
    »Nur, wenn du zurück ins Hotel fährst, ein langes, heißes Bad nimmst und dann ins Bett gehst.«
    »Ich kann nicht«, sagt sie. »Zu viel zu tun.«
    »Das kann warten. Alles.«
    »Und wenn noch jemand stirbt?«
    »Nicht, weil du mal ordentlich ausschläfst.«
    »Ich glaube, ich kann gar nicht schlafen. Zu aufgedreht. Zu viel Angst vor dem, was ich träumen werde. Angst davor, dass er mir folgt.«
    »Bleib hier«, sagt er.
    »Ich kann nicht.«
    »Nur zum Schlafen. Eine Weile verstecken.«
    »Ich wünschte, es ginge. Es klingt wirklich gut, aber ich kann nicht.«
    »Dann komme ich mit dir zum Driftwood.«
    »Du kannst doch nicht –«
    »Ich setze mich vor deinem Zimmer auf den Flur. Lese. Halte Wache. Damit du schläfst.«
    »Das ist … Danke, aber das kann ich nicht annehmen.«
    »Du kannst mich aber nicht daran hindern.«

26
    »Spuren von einem Kampf?«, fragt Preacher.
    »Nein, Sir«, sagt Travis Brogdon. »Er ist einfach leer.«
    Deputy Margaret Glass, eine dicke, kraushaarige Weiße in den Dreißigern, räuspert sich.
    »Die Schlüssel stecken noch«, sagt sie.
    Sie haben sich um Steves Wagen versammelt, der am Fluss in der Nähe einer Lichtung steht, wo Teenager aus der Gegend am Wochenende zusammenkommen. Die Fläche um den Wagen ist völlig vermüllt. Überall liegen verkohlte Holzscheite, Ruß und Asche von den Lagerfeuern, Bierflaschen, Sodadosen, Chipstüten, Kondomverpackungen und Imbisskartons herum.
    »Sie meinen nicht, dass die Feuer da vielleicht von –«
    »Nein«, sagt Preacher. »Meine ich nicht.«
    Die Sonne sinkt tiefer. Es ist nicht besonders hell auf der Lichtung – und noch dunkler in den Wäldern um sie herum. Die Wasser des Dead River sehen schwarz und bedrohlich aus, wenn die Sonne nicht darauf scheint.
    »Was hat Steve hier draußen gemacht?«, fragt Margaret. »Mit wem ist er von hier weggegangen?«
    »Vielleicht ist er nicht freiwillig gegangen«, sagt Travis.
    »Vielleicht ist er überhaupt nicht gegangen«, sagt Preacher. »Wir müssen den Wald hier in der Gegend durchforsten. Ruft die Hundestaffel vom Gefängnis in Pottersville und lasst ein paar Deputys antreten. Wir fangen gleich am Morgen an. Wenn wir nichts finden, müssen wir den Fluss absuchen.«
    Als Daniel mitten in der Nacht im Driftwood auf einem schwach beleuchteten, leeren Korridor sitzt, bereut er, dass er seine Lektüre nicht sorgfältiger ausgewählt hat.
    In der Lodge hat er rasch nach ein paar alten Lehrbüchern gegriffen, um seine Kenntnisse über Soziopathen und Psychopathen aufzufrischen, doch allmählich ist es ihm unheimlich, darin zu lesen. Weil er überzeugt ist, dass sie keinen Pyromanen oder Brandstifter, sondern vielmehr einen psychopathischen Mörder verfolgen, der Feuer als Waffe benutzt, will er sich noch einmal in die dunkle Materie des wenigen vertiefen, was man von ihnen weiß und versteht.
    Unter den Büchern ist ein relativ neues von Matt Grann mit dem Titel
Die Maske des Soziopathen
, in dem postuliert wird, dass einer von fünfundzwanzig Amerikanern Soziopath ist oder kein Gewissen hat. Die Behauptung steht auf wackligen Füßen, aber Grann ist nicht der Einzige, der sie aufstellt. Immerhin behauptet er nicht, dass vier Prozent der Bevölkerung solche Monster sind wie das, hinter dem sie gerade her sind, aber er redet von Menschen, die keine Scham, keine Schuld und keine Reue empfinden können.
    Sam und Daniel verfolgen einen Psychopathen, und obwohl ein Psychologe erklärt, dass die Begriffe
Soziopath
und
Psychopath
einen Menschen mit antisozialer Persönlichkeit beschreiben und oft synonym verwendet werden, muss man bedenken, dass ein Psychopath durch seine Störung aggressiv oder gewalttätig handelt, während das bei einem Soziopathen nicht unbedingt der Fall ist.
    Die Behauptung leuchtet Daniel ein, wird aber vom
Diagnostischen und statistischen Manual psychischer Störungen
nicht gestützt. Dort beziehen sich beide Begriffe auf eine antisoziale Persönlichkeitsstörung, ein tiefgreifendes Muster von Missachtung und Verletzung der Rechte anderer, das in der Kindheit oder frühen Adoleszenz beginnt und bis in das Erwachsenenalter fortdauert. Die Hauptsymptome dieser Störung werden oft in zwei Kategorien eingeteilt – zwischenmenschlich und sozial. In zwischenmenschlichen Beziehungen ist der Psychopath leichtfertig und oberflächlich, egozentrisch und großspurig, falsch,

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