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Glutopfer. Thriller

Glutopfer. Thriller

Titel: Glutopfer. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lister
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und tippt hastig Joels Nummer ein.
    Weil Brian gerade gekommen ist, verdächtigen sie nun Joel – zumal er nicht so weit weg wohnt wie Brian und vor ihm hätte da sein müssen.
    »Joel wohnt gleich da drüben«, sagt Brian und zeigt durch das Fenster auf ein Gebäude mit Eigentumswohnungen.
    »Er geht nicht ran«, sagt Sam.
    Daniel wendet sich Esther zu.
    »Wo war er, als du mit ihm gesprochen hast?«
    »Er meinte, er ist zu Hause und kommt gleich.«
    »Wird er auch vermisst?«, fragt Brian.
    »Am besten wir sehen mal nach«, sagt Sam. »Esther, Sie versuchen es weiter bei ihm. Wir gehen rüber.«
    »Alles okay?«, fragt Brian.
    Daniel nickt.
    »Weitere Attacken?«
    Er schüttelt den Kopf.
    Die beiden Männer gehen ein paar Schritte hinter Sam auf das Apartmenthaus zu, in dem Joel wohnt. Brians Stimme ist ganz leise und durch den Wind und die Wellen kaum zu hören, aber Daniel will gar nicht, dass er lauter spricht. Weil Sam offenbar versteht, dass sie für sich sein wollen, geht sie nicht langsamer und wartet auch nicht auf sie.
    »Hast du schon entschieden, ob du zu einem Therapeuten willst?«, fragt Brian.
    »Ich weiß noch nicht. Es war so viel zu tun für diesen Fall – und jetzt, wo Ben vermisst wird …«
    »Es gibt immer Gründe, sich davor zu drücken«, sagt er. »Ich verstehe, dass im Moment alles ziemlich verrückt ist, aber irgendwann wird es wieder ruhiger. Allerdings können wir immer eine Ausrede finden, um uns nicht mit dem zu beschäftigen, womit wir uns beschäftigen sollten.«

53
    »Ich gehe jetzt rein«, sagt Sam.
    Sie hat eine ganze Weile geklopft.
    »Ich weiß nicht«, sagt Brian. »Das ist –«
    »Ben hat nicht mehr viel Zeit«, sagt Daniel.
    »Helft mir, das Schloss aufzubrechen.«
    »Was? Nein«, sagt Brian. »Moment. Ich habe einen Schlüssel. Ich zeige die Wohnung manchmal Leuten, wenn er nicht da ist.«
    Sam und Daniel sehen ihn verständnislos an.
    »Er muss sie jedes Jahr für eine gewisse Zeit vermieten, sonst kann er sie sich nicht leisten.«
    »Und wo wohnt er dann?«
    Brian zuckt mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht genau.«
    »In seiner Werkstatt?«
    Sam nickt.
    »Wahrscheinlich.«
    Brian wirkt verwirrt.
    »Welche Werkstatt? Oh. Ihr irrt euch. Wenn Joel was damit zu tun hat, dann als Opfer.«
    Joels Eigentumswohnung ist makellos, die weißen Fliesenböden, Teppiche und Oberflächen peinlich sauber.
    »Joel?«, schreit Sam. »Polizei.«
    »Sieht aus wie ein Filmset«, sagt Daniel.
    Sam nickt.
    Brian schüttelt den Kopf und seufzt.
    »Ich sagte doch, er vermietet sie. Also muss sie immer perfekt aussehen.«
    »Verteilt euch«, sagt Sam. »Schaut euch um. Versucht, nichts durcheinanderzubringen. Wenn ihr was Verdächtiges findet, ruft mich.«
    Lange dauert es nicht.
    In knapp zehn Minuten haben sie die gesamte Wohnung durchsucht, ohne etwas zu finden, das auch nur entfernt verdächtig wäre, bis auf einen großen, verschlossenen Schrankkoffer, der unter Decken hinten in Joels Wandschrank steht.
    Mit Hammer, Schraubenzieher und Kombizange aus einem kleinen Werkzeugkasten, den sie hinter der Spüle gefunden haben, brechen Sam und Daniel den Koffer auf, während Brian erklärt, wie peinlich es ihnen sein wird, wenn sie Joels Pornos finden.
    »Ich sage euch, er ist es nicht«, sagt Brian. »Ich kann mir nicht –«
    Er hält mitten im Satz inne, als der Koffer aufspringt und man die Souvenirs eines zwanghaften Mörders sieht.
    Sam zieht ein paar Latexhandschuhe aus der kleinen Tasche an ihrem Gürtel, streift sie sich über, kniet sich vor den Koffer und fängt an, seinen Inhalt durchzusehen.
    Unter einer Schicht aus Gürteln, Schuhen, Armbanduhren und Schmuck, jeweils in separaten Plastiktüten, liegen Bücher und Internetausdrucke über Feuer, Brandbeschleuniger, die Mosaischen Gesetze, das Erscheinungszelt, den Holocaust, außerdem religiöse Lehrbücher und Handbücher über Brand- und Mordermittlung sowie Tagebücher, in denen das Monster seine Arbeit katalogisiert, seine Gründe aufgezeichnet hat.
    »Der Dreckskerl ist ein Onkel Tom«, sagt Brian und schüttelt den Kopf.
    »Was?«, fragt Sam und blickt erschrocken auf.
    »Nicht zu fassen, dass er einer von denen ist.«
    »Du meinst, er ist ein Selbsthassjude?«, fragt Daniel.
    »Ein was?«, fragt Sam.
    »Wenn ein Individuum die negativen Stereotype über seine ethnische Identität internalisiert«, sagt Daniel. »Man nennt das auch den stillen Holocaust. Es handelt sich um einen Minderwertigkeitskomplex, der aus dem

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