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Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Oberflächen. Alles war so, wie er es sich vorgestellt hatte – und dann wiederum nicht, die Einrichtung war älter, ärmlicher. Dabei musste sie gutes Geld verdienen; sicher waren einige Menschen bereit, ein Vermögen zu bezahlen, um mit den Toten in Kontakt zu treten und endgültige Antworten zu finden. Hatte er ein protzigeres Ambiente erwartet?
    »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen«, sagte er.
    Sie durchquerte den langgezogenen Flur, ging an einer Treppe vorbei und bedeutete ihm, ihr zu folgen. Er gehorchte und sah, wie heruntergekommen das Haus war – zerkratzte Fußleisten, Risse in den Wänden, in der Küche sich biegende Dielenbretter und ein großer Wasserfleck an der Decke. Wäre er ein Freund oder Nachbar gewesen oder damit beauftragt, sich um das Haus zu kümmern, er hätte ihr angeboten, das eine oder andere zu reparieren. Er hätte ihr Handwerker empfohlen, denn inzwischen hatte er gute Kontakte zu Zimmerleuten, Malern, Klempnern, denen er vertraute und die er teilweise seit Kindertagen kannte. Aber dann fiel ihm ein, dass er wegen etwas anderem hier war und besser den Mund halten sollte.
    In der Küche gehorchte er ihrer Geste und setzte sich an den Küchentisch. Als Erstes fielen ihm die vielen Medikamente auf der Fensterbank auf. Die Fläschchen standen zu weit weg, als dass er die Etiketten entziffern konnte. Aber es waren insgesamt zu viele, bestimmt zehn verschiedene Plastikbehälter mit grünem Schraubdeckel. Eloise setzte sich ihm gegenüber und nahm ihm damit die Sicht.
    »Nach unserem Gespräch habe ich sie rennen sehen.«
    Jones versuchte, nicht spöttisch zu grinsen.
    »Tatsächlich. Ist sie gejoggt?«
    Eloise blinzelte unbeeindruckt, wie um ihm zu zeigen, wie wenig komisch sie ihn fand.
    »Sie ist durch den Wald gerannt. Sie hatte Angst. Sie wurde verfolgt.«
    »Aha«, machte er. Herablassend und geringschätzig hätte Maggie seinen Tonfall genannt. Und sie hatte recht. »Ich war damals der zuständige Ermittler. Einer meiner ersten Fälle. Der erste große, um ehrlich zu sein.«
    »Und Sie haben ihn nicht aufgeklärt. Das muss Ihnen wie ein Stachel im Fleisch sitzen.«
    Eigentlich war es anders gewesen. Jones hatte sich nie wegen der Arbeit verrückt gemacht. Was er Eloise auch sagte.
    »Manche Leute wollen nicht gefunden werden«, sagte er. »Und 1987 konnte man wesentlich einfacher abtauchen als 2011.«
    »Woran können Sie sich erinnern?«, fragte sie. Die Frage überraschte ihn. Eigentlich hatte er sie befragen wollen. Aber er antwortete gern.
    »Sie war sehr attraktiv. Atemberaubend schön. Viel zu schön für The Hollows. Zu schön für Mack Holt. Er hat damals ausgesagt, sie sei mit ihrem Liebhaber durchgebrannt. Eines Abends sei der Neue einfach aufgetaucht und habe sie mit seinem schwarzen Mercedes abgeholt. Angeblich wollte sie als Schauspielerin und Model arbeiten.«
    Jones erinnerte sich an das kleine Haus, an den Jungen oben am Kopf der Treppe, an den Zigarettengestank. Nicht ihr Ehemann hatte sie als vermisst gemeldet, sondern ihre Kollegin aus der Bücherei.
    Jones wusste noch, wie seltsam er den Umstand fand, dass sie ihren Schmuck nicht mitgenommen hatte. Aus irgendeinem Grund hatte ihn das beeindruckt. Er erinnerte sich an eine überquellende Schmuckschatulle, teils bunter, billiger Modeschmuck, teils teure, geschmackvolle Stücke. Es wäre ihr ein Leichtes gewesen, die Schatulle im Koffer zu verstauen. Die meisten ihrer Kleider hingen nach Farbe geordnet im Schrank, dazwischen nur wenige leere Bügel. Ihre Schuhe waren zu einer langen Reihe angeordnet, in der offensichtlich einige Paare fehlten. Holt sagte aus, sie habe eine kleine Tasche gepackt und angekündigt, die Kinder zu sich zu holen, sobald sie sich eingerichtet habe. Es tue ihr leid, aber sie fühle sich an seiner Seite nicht mehr wohl, wolle keine Hausfrau mehr sein. Sie liebe ihn nicht mehr. Seine jüngere Tochter hatte Holt zu seiner Schwester gegeben, die nur wenige Kilometer entfernt wohnte. Er musste arbeiten und konnte sich unter der Woche nicht um die Kleine kümmern. Michael war alt genug, sich nach der Schule selbst zu versorgen. Einiges hatte Jones nie vergessen, anderes fiel ihm wieder ein, als er seine alten Notizen las. Er berichtete Eloise davon.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte sie, »so war es nicht. Vielleicht hatte sie tatsächlich einen Liebhaber, aber der war in jener Nacht nicht in der Nähe.«
    »Was ist dann passiert?« Jones beschloss, gute Miene zum bösen Spiel zu

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