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Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Augenbrauen hoch und fragte interessiert: »Tatsächlich?« Dabei zog es ihr den Boden unter den Füßen weg.
    »Sieht danach aus, als hättest du vergessen, mir von dem Geld zu erzählen.«
    Sie überlegte, ihn anzulügen und eine Show abzuziehen. Aber dann entschied sie sich anders. Sie schwieg und zuckte knapp die Achseln. Oben im ersten Stock hatte Claires Weinen sich zu Gebrüll gesteigert. Sie war es nicht gewohnt, auf ihre Mom warten zu müssen.
    Kevins Gesicht wurde milde.
    »Paula, ich weiß, dass es in der letzten Zeit nicht gut lief zwischen uns. Aber wie konntest du mir das verschweigen?« Er bemühte sich, nett und verständnisvoll zu klingen. Sie konnte sogar sehen, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Dabei war sein Blick völlig leblos; das Spiel war aus, das wusste sie.
    Sie hatte sich Wissen angelesen. Ein Soziopath hat keine Gefühle. Er kennt weder Reue noch Schuldgefühl, keine Liebe und kein Mitleid. Er nimmt nur seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche wahr. Dabei ist er ein geschickter, großartiger Schauspieler. Und so wie Soziopathen sich völlig ungehindert und unerkannt durch die Welt bewegen, beherrschen sie auch eine Masche perfekt: die Mitleidstour. Werden sie enttarnt oder zur Rede gestellt, werden sie immer um Verständnis und Mitleid buhlen, um ihr Gegenüber zu manipulieren. Paula hatte davon gelesen. Sie hegte den Verdacht, dass ihr Mann zu diesem Menschentypus gehörte; aber erst in diesem Moment musste sie es sich endgültig eingestehen.
    »Ich habe dir alles gegeben«, sagte er und kam einen Schritt näher. Paula wich zurück. »Ich habe so hart gearbeitet, für uns. Aber es hat nicht gereicht. Ich habe versagt. Die Firma steht vor der Pleite. Bald sind wir insolvent.«
    Sie wusste davon, aber sie schwieg.
    »Baby, die Wahrheit ist: Wir brauchen dieses Geld! Es könnte uns retten.«
    Ohne sie kam er an die Summe nicht heran. Das wusste Paula. Verheiratet oder nicht – das Konto lief auf ihren Namen, und er hatte auf das Geld keinen Zugriff. Andernfalls würde er jetzt nicht dieses Theater veranstalten. Er hätte sich das Geld einfach genommen. Und wenn sie sich weigerte, es ihm zu überschreiben, bliebe ihm nur noch ein einziger Weg, es zu bekommen. Paula tastete nach dem Hammer.
    »Es tut mir leid, Kevin«, sagte sie, »das Geld gehörte Janie, und sie wollte, dass ich und die Kinder es bekommen. Es ist das Geld meiner Familie.«
    Kevin lachte auf.
    » Ich bin deine Familie!«
    Vor ein paar Monaten noch hätte er sie damit beeindrucken können. Heute nicht mehr.
    »Ich weiß von deinen Schulden«, sagte sie, »und auch von deiner Affäre. Ich weiß von den Lügen, die du über mich verbreitet hast.«
    Sie sah das Zucken in seinem Gesicht. Er wurde wütend. Ein weiteres Merkmal für einen Soziopathen. Man sollte sie nicht provozieren, indem man sie mit ihren Lügen konfrontiert, denn ein Soziopath wird alles versuchen, um sein Lügengebäude aufrechtzuerhalten. Die Experten sind sich einig, dass man Abstand suchen, den Kontakt abbrechen und sich um jeden Preis schützen sollte. Claire im Obergeschoss war verstummt. Paula konnte nur noch ein unglückliches Wimmern hören. Claire hatte eine volle Windel und Hunger. Cameron musste vom Hort abgeholt werden. Sie würde ihren Jungen zu spät abholen. Sie hatte sich noch nie verspätet. Beim Gedanken daran, wie er allein vor dem Kindergarten stand, drehte sich Paulas Magen um.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte Kevin. Seine Stimme klang erstickt, war kaum mehr als ein Flüstern. »Alles in Ordnung, Liebling? Was ist los mit dir?«
    Er kam auf sie zu. Sie umklammerte den Hammer. Und dann sah sie, wie er die Pistole aus seinem Hosenbund zog. Die Sekunden dehnten sich aus. Paula hörte ihren eigenen Atem und das Klopfen ihres Herzens. Für den irren Bruchteil einer Sekunde dachte sie an das Kinderspiel mit der Schere, dem Papier und dem Brunnen. Sie und Kevin spielten eine neue Version: Pistole, Hammer, Spielzeuglaster.
    Den ganzen Vormittag war sie über das Plastikteil hinweggestiegen, bis es zuletzt zur Einrichtung zu gehören schien. Sie war mit dem Wäschekorb darüber hinweggestiegen und mit der Teetasse. Und jedesmal hatte sie gedacht: Ich sollte das Ding wirklich wegräumen, jemand wird darüber stolpern und sich den Hals brechen. Aber sie kam nicht mehr dazu.

VIERZEHN
    W ie geht es Willow?«
    Dass du es wagst, das zu fragen!, hätte Bethany am liebsten gesagt, aber sie schwieg. An diesem Nachmittag fiel es ihr

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