Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
»Ihr Sohn hat schon recht, Senator. Mir wurde sozialer Aufstieg versprochen, und er ist mir verweigert worden.«
    Camillus mußte durch Helena davon erfahren haben. Als Mitglied des Senats schien er sich persönlich verantwortlich zu fühlen. Er kratzte sich an der Nase, und das Licht blitzte in seinem bescheidenen Granatsiegelring. »Das war ein Mißverständnis, Marcus. Es läßt sich klären.«
    »Nein, Domitian Cäsar hat eine sehr klare Entscheidung getroffen, und als ich die Sache letzte Woche mit Titus besprach, war er nicht in der Lage, das zu ändern.«
    »Titus hat’s mir erzählt«, erwiderte der Senator. »Entscheidungen neigen dazu, unumstößlich zu werden, wenn sie mit der Verweigerung wohlverdienten Lohns zu tun haben!« Sein Sinn für Humor war immer erfrischend trocken. »Tja, sag mir, wie ich dir helfen kann … Wie ich höre, arbeitest du momentan bei dieser Sonderkommission?« Da sah man mal wieder, wie geheim die Nachuntersuchung zum Fall Balbinus wirklich war.
    »Ja, ich bin ihr zugeteilt worden.«
    Camillus bemerkte meine düstere Stimmung. »Es gefällt dir nicht?«
    »Gemischte Gefühle; unklare Loyalitäten.« Das Gespräch hatte sich verändert. Der Senator und ich unterhielten uns jetzt auf einer Ebene, die Aelianus ausschloß. Ich kam noch mal auf etwas zurück, das Camillus gesagt hatte: »Ich frage mich, wieviel von unserem persönlichen Geplauder Titus Cäsar weitergegeben hat, Senator? Ist er da einem Gespräch, das ich mit Ihnen führen wollte, zuvorgekommen?«
    Camillus bedeutete mir mit einem Lächeln und einem Wedeln der Hand, er sei nicht böse darüber, von jemand anderem als mir erfahren zu haben, daß er Großvater werden würde. »Mir war klar, daß Titus voreilig war.«
    »Das tut mir leid. Sie wissen ja, wie so was läuft.«
    »Du mußtest die Gelegenheit ergreifen«, stimmte er zu. Allein schon um Helenas willen hätte er gewollt, daß ich es versuchte. Unsere Beziehung würde nicht darunter leiden. »Freust du dich?« fragte er. Ich antwortete mit einem Grinsen. Dann hörten wir beide auf, so begeistert zu schauen, und dachten als pflichtbewußte Männer an die Gefahren für Helena.
    »Ich bin immer noch der Meinung, daß sich etwas für dich arrangieren läßt, Marcus.« Vespasian hatte, wie jeder gute Römer, seinen privaten Freundeskreis, der ihn beriet; der Senator war einer davon, hatte dem Kaiser früher nähergestanden, wurde aber immer noch konsultiert. Er konnte sich für mich einsetzen – wenn ich einverstanden war. Der Senator kannte meine Gefühle in diesem Punkt. »Wirst du mich mit dem alten Mann sprechen lassen?«
    »Besser nicht.« Ich lächelte. Selbst bei seinem persönlichen Interesse war dieses Angebot sehr großzügig. Aber ich konnte es nicht annehmen. Ich mußte mich selbst durchsetzen. »Meine neue Aufgabe ist sehr komplex. Warten wir das Resultat ab, bevor ich den Kaiser daran erinnere, daß er mir noch was schuldig ist!«
    »Vielleicht sollten Sie besser meine Schwester in Ruhe lassen«, mischte sich Aelianus in die Unterhaltung ein, obwohl er nicht recht wußte, um was es ging.
    »Ich werde mir Ihren Rat merken«, sagte ich freundlich. Plötzlich war ich zu wütend, um weiter seine Sticheleien hinzunehmen. »Es tut mir leid, Sie in Sorge zu sehen. Aus dem Ausland nach Hause zu kommen und herauszufinden, daß die ehrbare Familie, die Sie zurückgelassen hatten, nun durch einen Skandal besudelt ist, muß sicher schwierig sein.« Er machte den Mund auf. Mit erhobener Hand gebot ich ihm Einhalt. »Der Skandal, den ich meine, hat nichts mit Ihrer Schwester zu tun. Ich meine den traurigen Schlamassel, der mich überhaupt erst mit den Camilli in Kontakt gebracht hat, als verschiedene Ihrer noblen Verwandten – jetzt zum Glück tot – in einen Umsturzversuch von unglaublicher Dämlichkeit verwickelt waren! Bevor Sie sich für ein öffentliches Amt bewerben, Camillus Aelianus, sollten Sie Ihren Vater bitten, Sie zu informieren, wieviel der Kaiser vertuschen ließ.«
    Der Mund des nicht so noblen Aelianus stand immer noch offen. Offenbar war ihm nicht klar gewesen, daß ich von der Beinahe-Entehrung seiner Familie wußte.
    »Verzeihen Sie«, entschuldigte ich mich bei seinem Vater, da ich normalerweise diese Episode nicht erwähnte.
    »Haben Sie die Vertuschung organisiert?« Aelianus hatte sich wieder gefangen. Jetzt nahm er an, Helena Justina sei das Unterpfand für mein Schweigen.
    »Meine Aufgabe ist es, Dinge ans Tageslicht zu bringen. Trotzdem

Weitere Kostenlose Bücher