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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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waren vermutlich noch verfallener. Bei der Wäscherei angekommen, schaute ich mich sicherheitshalber noch mal um, aber nichts bewegte sich.
    Auf den endlosen Stufen zu meiner Wohnung hätte ich mich zuversichtlicher fühlen sollen. Ich befand mich jetzt auf meinem eigenen Territorium. Aber gerade das kann von tödlicher Gefahr sein. Man entspannt sich, nimmt an, daß die Probleme des nächtlichen Roms hinter einem liegen. Man kennt sich zu gut aus, um wirklich wachsam zu bleiben. Die Ohren achten nicht mehr auf unnatürliche Geräusche. Und so kann man leicht von jemandem überfallen werden, der auf halber Treppe im Dunklen lauert.
    Aber niemand griff mich an. Wenn da jemand lauerte, bekam ich es nicht mit. Ich erreichte meine Wohnungstür, öffnete sie leise und schlüpfte hinein.
    Auch hier brannte kein Licht, aber ich spürte die vertraute Gegenwart meiner Möbel und Besitztümer. Ich konnte Helena atmen hören. Sonst nichts. Nichts Bedrohliches. In diesen zwei Räumen waren alle in Sicherheit. Sie hatten den Tag ohne meinen Schutz überstanden, und jetzt war ich zu Hause.
    Leise sagte ich: »Ich bin’s.«
    Der Hund wedelte, blieb aber unter dem Tisch liegen. Das Baby sagte nichts, weil es mich natürlich nicht gehört hatte. Helena wurde halb wach, als ich zu ihr ins Bett kroch, und kuschelte sich warm und verschlafen in meine Arme. Heute würden wir nicht mehr reden. Ich streichelte ihr Haar, bis sie wieder einschlief, und war bald danach ebenfalls eingeschlafen.
    Draußen würden die Patrouillen auf der Suche nach Bränden und Plünderern durch die Straßen marschieren. Irgendwo hielt auch Petronius Wache, lauschte in die scharfe Oktoberluft hinaus, vernahm das endlose Geraschel und Gehusche nächtlicher Bösewichte, aber nie den Schritt des Mannes, den er suchte. Im ruhelosen Herzschlag der Stadt krochen Diebe über Fenstersimse und Balkone, schmiedeten Verschwörer finstere Pläne, tranken und fluchten dienstfreie Verbrecher, grapschten und fummelten Lüstlinge, hielten Räuber Frachtkarren an und raubten Villen aus, während gefesselte Pförtner blutend im Flur lagen und die verängstigten Besitzer sich unter ihren Betten versteckten.
    Und irgendwo lag Balbinus Pius aller Wahrscheinlichkeit nach in friedlichem Schlummer.

LVII
    Ein Tag mochte reichen. Auf jeden Fall dafür, mich zum Idioten zu machen. Wenn wir das Bordell den ganzen Tag beobachteten, ohne kriminelle Aktivitäten festzustellen, konnte ich einpacken. Falls ich dann noch länger schmollend rumhängen wollte, um mich an Gaius und Phlosis für die Sache in Ostia zu rächen, bliebe das mir überlassen. Martinus würde mich auf jeden Fall verfluchen, davonstürmen und der gesamten Kohorte erzählen, was für unfähige, nervtötende Holzköpfe Privatermittler sind und wie man ihn verschaukelt hatte.
    Sollten aber genügend bekannte Mitglieder der verschiedenen Balbinus-Banden ein und aus gehen und so eine Verbindung zu seiner Organisation gerechtfertigt erscheinen lassen, wäre ich fein raus. Kein Held, aber berechtigt, im Badehaus ein wenig anzugeben. Zur Abwechslung mal was Nettes.
    Martinus und ich begannen im Morgengrauen. Zunächst hockten wir uns wie entlaufene Sklaven in einen Hauseingang. Später machte nebenan ein trauriges Thermopolium auf, nachdem eine klapprige Alte erst endlos mit einem abgenagten Besen und einem Eimer Dreckwasser den Boden gewischt hatte. Wir beobachteten ihre nutzlosen Versuche, den Tresen zu polieren, dann fummelte sie an den drei Borden mit Bechern und Krügen herum, leerte ein paar geschwärzte Töpfe in die in den Tresen eingelassenen Gefäße und lehnte einige Amphoren kreuz und quer an die Wand.
    Wir schlenderten hinein und sagten, wir wären auf der Pirsch – auf der Suche nach günstigen, natürlich illegalen »Gelegenheiten«. Sie wirkte weder überrascht noch schockiert. Martinus verhandelte kurz mit ihr, Münzen klimperten in ihre Schürzentasche, und wir wurden aufgefordert, drinnen auf hohen Hockern Platz zu nehmen. So würde es aussehen, als pickten wir an ein paar Oliven herum, während wir »Platons Akademie« beobachteten. Wir bestellten etwas in kalter dunkler Sauce. Ich ließ das meiste stehen.
    Am Anfang tat sich nicht viel. Trotz meiner guten Vorsätze blieb ich in der gleichen Kneipe wie mein Assistent (und ignorierte die Tatsache, daß er anzunehmen schien, ich würde ihm assistieren). Die einzige andere Imbißbude in der näheren Umgebung war die, in der Petro und ich uns vor unserem ersten

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