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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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verbunden, den Meister architektonischer und dekorativer Erfindungskunst für ihn gebaut hatten. Unsere Konferenz würde in diesem neuen Teil stattfinden. Ich war schon früher dort gewesen. Er machte mich immer noch sprachlos.
    Um hinzukommen, mußten wir vom Palatin hinabsteigen, den kühlen, bewachten Kryptoportikus durchqueren, über das östliche Ende des Forums gehen, vorbei am Haus der Vestalinnen und dem Meta Sudans, dem »schwitzenden Brunnen«, und dann um das Schlammloch herum, das bis vor kurzem der Große See gewesen war, der die von Nero in der Senke zwischen Palatin und Esquilin angelegten Gärten beherrscht hatte. Der See war jetzt eine gigantische Baugrube, dort sollte das von Vespasian versprochene Amphitheater entstehen. Dahinter, am Abhang des Oppius, stand immer noch Neros phantastischer Palast. Die neue Flavierdynastie, die einen zurückhaltenden, aber guten Geschmack hatte, fand ihn zu protzig, doch er war zu exquisit, um ihn für teures Geld abreißen zu lassen. Einen neuen Palast zu bauen, solange Rom in Trümmern lag, wäre eine schlimmere Extravaganz als die Neros gewesen. Also wohnten Vespasian und seine Söhne hier. Zumindest konnten sie ihrem verrückten Vorgänger die Schuld daran geben.
    Claudius Laeta führte uns durch ein Labyrinth von marmorverkleideten Vorhöfen und hohen, reichverzierten Korridoren. Ich glaube, wir befanden uns im Ostflügel; im westlichen schienen die Privatgemächer zu liegen. Die Prätorianerwachen ließen Laeta mit einem Nicken passieren, und er hatte keine Schwierigkeiten, seinen Weg zu finden. Für einen Fremden war das Goldene Haus absichtlich verwirrend. Räume und Durchgänge folgten einander in offenbar zufälliger Anordnung. Das Auge wurde von Gold und feinstem schimmernden Marmor geblendet; der Kopf schwirrte einem von all den Biegungen und Windungen; die Musik der Springbrunnen und Kaskaden attackierte ständig. Petronius stolperte in mich hinein, als er mit offenem Mund zu der minuziös ausgeführten Deckenmalerei hinaufstarrte, während Laeta uns vorwärtsdrängte. Schließlich bogen wir noch einmal nach links, erblickten eine mit einer Apsis versehene Halle, schossen an einem weiteren Raum vorbei und betraten endlich das berühmte, sagenhafte achteckige Speisezimmer.
    Zu Neros Zeiten hatten hier Orgien stattgefunden; typisch, daß wir kamen, als sich die Zeiten geändert hatten und nur eine Konferenz zur Verbrechensbekämpfung zu erwarten war.
    Der Raum war voller Licht. Nach Süden zu hatte man eine atemberaubende Aussicht, von der wir nichts haben würden. Es gab eine dramatische Kaskade (abgestellt). Mit Vorhängen versehene Durchgänge führten in Seitenzimmer, in denen einst die wüstesten Ausschweifungen stattgefunden hatten (jetzt leer). Über unseren Köpfen hatte sich die legendäre drehbare Elfenbeindecke befunden, aus der Geschenke auf die glücklichen Speisenden herabgeregnet waren (abgebaut; keine Geschenke für uns).
    Vespasian und sein älterer Sohn Titus saßen bereits auf Thronsesseln. Die Thronsessel würden Petronius gefallen. Er hatte es sehr mit solchen Förmlichkeiten. Titus, eine jüngere Ausgabe seines Vaters, wenn auch ein bißchen rundlicher, nickte mir freundlich zu; ich zeigte ihm höflich die Zähne. Ruhige Staatsbeamte überreichten den beiden letzte Informationen.
    Die anderen Geladenen trafen zur gleichen Zeit ein wie wir. Man hatte sowohl den Stadtpräfekten, der meinte, die Stadt zu verwalten, als auch den Präfekten der Vigiles, der die eigentliche Arbeit tat, von ihrem Mittagessen weggeholt. Beide hatten einen Schwarm niederer Beamter mitgebracht, die in die Seitenzimmer verfrachtet wurden. Als Sprecher (da man sich nicht mit praktischem Wissen belasten wollte) hatten die Präfekten alle sieben Tribunen der Vigileskohorten mitgebracht, einschließlich Rubella, dem Kommandeur der Vierten Kohorte, dem Petro eigentlich jedes Problem zu melden hatte, bevor die Öffentlichkeit davon erfuhr. Rubella hatte eine Tüte Sonnenblumenkerne mitgebracht, die er verstohlen mampfte. Petros Verachtung zum Trotz fand ich, daß er erfreulich menschlich wirkte.
    Ebenfalls anwesend, obwohl in den Aufzeichnungen nicht namentlich vermerkt, war Anacrites, der Oberspion.
    »Falco!« Sein Blick flackerte nervös, als er sah, daß ich noch lebte und tief in dieses überraschende Unternehmen verwickelt war. Er fragte mich nicht, wie mir das östliche Fiasko gefallen hatte. Wenn ich soweit war, würde ich Vespasian persönlich davon

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