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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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berufliche Solidarität gefaßt, aber nicht auf das, was dann kam: »Er ist mein Bruder.«
    Dann lächelte Scythax uns an wie jemand, der viel zu klug ist, um weitere Kommentare abzugeben, und verschwand.
    Ich fing den Blick von Petros leicht beeindruckbarem Rekruten auf. Sein Mund stand offen, während ihm, ein wenig langsamer als mir, die Bedeutung der letzten Bemerkung des Kohortenarztes aufging. Freundlich sagte ich: »Laß dir das eine Lehre sein, Porcius. Du arbeitest für einen Mann, der nicht so ist, wie er scheint. Ich spreche von Petronius Longus. Er gilt als milde – doch dahinter verbirgt sich der verschlagenste und ausgebuffteste Ermittler von ganz Rom!«

XXXVIII
    Maia war ein Organisationstalent, wie es Generäle lieben. Sie hatte die Männer unserer Familie in Angst und Schrecken versetzt. Ihre Reaktion auf Maias Befehl, sich zwecks Suche nach der kleinen Tertulla in der Brunnenpromenade einzufinden, war reiner Kadavergehorsam; selbst Marius, der zukünftige Gelehrte, hatte seine Grammatikaufgaben im Stich gelassen. Ich war beeindruckt. Meine Schwager kamen alle gleichzeitig – alle bis auf Lollius, den Bootsmann. Er war der Vater des vermißten Kindes. Von diesem Kriecher Interesse zu erwarten, war zuviel verlangt. Selbst Galla, seine Frau, zählte nicht auf Lollius.
    Die anderen vier waren schlimm genug. Was für eine Gurkentruppe! Dem Alter meiner Schwestern entsprechend waren da:
    Mico . Der arbeitslose, unvermittelbare Stukkateur. Bleichgesichtig und von ermüdender Munterkeit. Er zog seine fünf Kinder allein groß, nachdem seine Frau Victorina gestorben war. Und machte seine Sache schlecht. Jeder fühlte sich verpflichtet zu sagen, daß er es zumindest versuchte. Die Kinder hätten bessere Überlebenschancen gehabt, wenn er nach Sizilien gesegelt und nie zurückgekommen wäre. Aber Mico verteidigte seine Nutzlosigkeit wie ein Löwe. Er würde niemals aufgeben.
    Verontius . Allias Schatz. Ein verschlagener, unzuverlässiger Straßenbauer, der nach saurem Hering und ungewaschenen Achselhöhlen stank. Man würde meinen, er hätte den ganzen Tag die Schaufel geschwungen, aber er tat nichts anderes, als Aufträge zusammenzuschnorren. Kein Wunder, daß er schwitzte. So wie er die Regierung betuppte. Ein Blick in Verontius’ hinterlistige, schuldbewußte Augen reichte aus, sämtliche Schlaglöcher auf der Via Appia zu erklären.
    Gaius Baebius . Ein furchtbarer Langweiler. Ein schwerfälliger Zollbeamter, der meinte, alles zu wissen. Er wußte gar nichts, vor allem nichts über die Verschönerung des eigenen Heims, ein Thema, über das er sich stundenlang auslassen konnte. Gaius Baebius hatte Ajax mitgebracht, seinen und Junias verwöhnten, unkontrollierbaren Wachhund. Offenbar war irgendein Schlaukopf auf die Idee gekommen, daß Ajax an einem von Tertullas Schuhen schnüffeln und sie so aufspüren könnte. Gaius und Ajax produzierten ein Chaos aus Pfoten und unordentlichem schwarzen Fell; wir mußten Nux ins Schlafzimmer sperren, um sie vor Ajax’ (dessen Bissigkeit bereits legendär war) Attacken zu retten.
    Famia . Maias Liebling war der Beste des ganzen Haufens, obwohl ich zugeben muß, daß Famia ein schlitzäugiger, rotnasiger Säufer war, der Maia regelmäßig betrogen hätte, wenn er die nötige Energie dazu hätte aufbringen können. Während sie die Kinder großzog, vertrödelte er sein Leben als Pferdedoktor in den Rennställen. Er arbeitete für die Grünen. Meine Sympathie galt den Blauen. Unsere Beziehung konnte und würde nie florieren.
     
    Alles wuselte lärmend durcheinander. Einige meiner Schwager sahen so aus, als hofften sie, wir würden die Idee mit der Suche aufgeben und uns gemütlich mit einer Amphore niederlassen. Helena belehrte sie rasch eines Besseren. Dann mußten wir die unvermeidlichen Witze wegen des Müllbabys über uns ergehen lassen. Die meisten hielten den Kleinen offenbar für ein Resultat meiner Junggesellentage. Damit fertig zu werden, war meine Aufgabe. Ein Gutes hatten die Schwager. Da sie mit meinen Schwestern verheiratet waren, hatten sie alle gelernt, daß sie gegen den Sarkasmus der Familie Didius nicht ankamen.
    Da niemand zu Hause war, der sich um seine Kinder kümmern konnte (außer seiner alten Mutter, die heute abend zum Würfelspielen in die Caupona beim Tempel der Isis gegangen war), hatte Mico seine drei Jüngsten mitgebracht. Diese unerfreulichen Gören wollten unterhalten werden, dauernd was zu trinken haben und mußten vor Gaius’ und

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