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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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den Ganoven aufräumen?«
    »Ich wollte weg von sauer eingelegtem Hirn!«
    Helena hatte das Baby vom Balkon geholt. Sie gab mir den Kleinen; ich schaukelte ihn beruhigend auf einem Arm, reichte ihn aber bald aus bestimmten Gründen an Mama weiter. Als sein Schreien nachließ, musterte ich Helena besorgt. Sie war bleich, wirkte aber gefaßt, während sie sich das Haar hochstrich und es mit zwei Kämmen wieder über den Ohren feststeckte. Wir würden später miteinander reden, wenn alle anderen weg waren.
    Während ich vorsichtig meinen Körper auf bleibende Schäden hin überprüfte, bemerkte ich, daß Mama Helena scharf anschaute. Nichts deutete darauf hin, daß es Helena übel war, aber Mama erstarrte. Manchmal plapperte sie sofort los, wenn sie ein Geheimnis entdeckt hatte; doch wenn ihr das besser in den Kram paßte, konnte sie auch den Mund halten. Ich zwinkerte Helena zu. Mama sagte nichts. Sie wußte nicht, daß wir sie durchschaut hatten.
    Helena sah sich in dem verwüsteten Raum um. Als er ihren Blick spürte, sprang der kleine Hund ihr geradewegs auf den Arm und leckte ihr wie ein Wilder das Gesicht. Als Springer hätte er glatt bei den Olympischen Spielen die Krone gewonnen.
    »Ich adoptiere keinen Hund«, versuchte ich die beiden zu warnen.
    Helena umklammerte immer noch das verrückte Fellbündel. Die kleine Hündin war voller Leben. Klar, jetzt sah sie die Chance, sich in einem gemütlichen Heim einzunisten. »Natürlich nicht«, sagte Mama und ließ sich auf einen Schemel fallen, um zu verschnaufen. »Aber der Hund scheint dich adoptiert zu haben!«
    »Vielleicht könntest du ihm beibringen, deine Kleider im Badehaus zu bewachen«, schlug Porcius vor. »Da wird in letzter Zeit ziemlich viel geklaut. Es kann ganz schön peinlich sein, wenn du nackt rauskommst, und deine Tunika ist weg.«
    »Niemand klaut so alte Fetzen wie meine Tuniken!«
    Mama und Maia waren dabei, Marius zu trösten. Froh, jemand noch Jüngeren zu haben, auf den er herabschauen konnte, versetzte Porcius ihm einen freundlichen Kinnstüber. »Du bist ganz schön gerissen, Marius! Falls dein Onkel immer noch im Geschäft ist, wenn du groß bist, würdest du einen prima Assistenten abgeben.«
    »Ich werde Rhetoriklehrer«, beharrte Marius. »Aber ich bringe meinem Bruder bei, für unseren Onkel zu arbeiten.«
    »Ancus?« Ich mußte über die Art lachen, wie mir hier etwas untergeschoben wurde. »Taugt er was?«
    »Er ist hoffnungslos«, sagte Marius.
    Das Leben ist ein Eierkorb; ich picke mir unweigerlich die Knickeier raus.
    Mama und Maia waren im rechten Moment aufgetaucht, aber jetzt, wo ich Zeit hatte, darüber nachzudenken, war mir klar, daß es einen Grund dafür geben mußte. Einen, der mir nicht gefallen würde. »Danke, daß ihr die Festivitäten unterbrochen habt, aber warum seid ihr hier? Sagt bloß nicht, daß Tertulla immer noch verschwunden ist.« Sie nickten düster. Maia erinnerte mich an mein Versprechen, einen Suchtrupp zusammenzustellen, und teilte mir freudestrahlend mit, daß in Kürze der größte Teil meiner Schwager – eine grausige Bande von Faulenzern und Idioten – hier auftauchen würde, um mich dabei zu unterstützen. Ich stöhnte. »Hör mal, sie rennt dauernd weg. Ich hab im Moment genug um die Ohren. Findest du diesen ganzen Heckmeck um ein ungezogenes Gör gerechtfertigt?«
    »Sie ist gerade mal sieben Jahre alt«, wies Maia mich zurecht. Schweigend dachten wir an die brutalen Verbrechen, die an einem Kind verübt werden konnten.
    »Da ist was passiert.« Mutter schürzte die Lippen. »Wenn du uns nicht helfen kannst, würdest du uns dann wenigstens sagen, was wir unternehmen sollen?«
    »Ich helfe ja!« knurrte ich.
    »Oh, du bist zu beschäftigt. Wir wollen dich nicht damit belästigen!«
    »Ich habe gesagt, ich helfe euch!«
    Porcius machte ein neugieriges Gesicht. »Ist das was für die Vigiles?«
    »Ein vermißtes Kind.«
    »Davon hatten wir in letzter Zeit eine ganze Menge.«
    »Sind sie wieder aufgetaucht?« fragte ich.
    »Offenbar ja. Die Eltern kommen völlig aufgelöst zu uns und verlangen Haus-zu-Haus-Befragungen, dann tauchen sie kurze Zeit später verlegen wieder auf und sagen, ihr Liebling sei nur bei Tantchen gewesen oder rumgestromert, um was Aufregendes zu erleben …« Damit wäre die Sache vom Tisch gewesen, hätte er nicht hinzugefügt: »Petro meint, das hätte Methode, aber wir haben noch keine Zeit gehabt, uns näher damit zu befassen.«
    Ich sagte: »Jeder, der Tertulla entführt,

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