Gnadenfrist
Junias Hund beschützt werden.
»Er mag Kinder!« protestierte Gaius Baebius, als Ajax an dem dünnen, an seinem Halsband befestigten Strick zerrte, um Micos Familie auf etwas zu reduzieren, das er unter Gaius’ selbstgebauter, mit Pilastern versehener Frühstücksterrasse verbuddeln konnte. Dann wurde Ajax der Schuh hingehalten, damit er seine Aufgabe als Spürhund erfüllen konnte. Er schüttelte den Schuh nur, hielt ihn offenbar für eine tote Ratte. Gaius Baebius meckerte rum, schaute verlegen und gab allen anderen die Schuld.
Helena übernahm das Kommando, unterstützt von Marius. Sie teilten jedem Schwager ein Suchgebiet zu und befahlen ihnen, Ladenbesitzer und Anwohner zu befragen, ob jemand Tertulla im Laufe des Tages gesehen hatte; dann teilten sie meine diversen Neffen als Boten ein, falls etwas herauskam.
»Kommst du, Falco?«
»Marcus muß zu Hause bleiben.« Helena erklärte ihnen, daß ich heute schwer verwundet worden war. Ich weiß, wie man im Notfall matt gucken muß; ich hatte sieben Jahre Armee hinter mir. Die Bande polterte ohne mich die Treppe hinunter. Gaius nahm seinen Wachhund mit. Micos Kinder klammerten sich an ihren Vater und verschwanden mit ihm. Ruhe kehrte ein. Helena löffelte dem Müllbaby Brei in den Mund. Das versprach eine langwierige, schlabberige Sache zu werden. Ich zog mich ins Schlafzimmer zurück, um mich ein wenig hinzulegen. Ich wollte über die interessante Information nachdenken, daß der Arzt Nonnius Albius, was seinen bevorstehenden Tod anging, belogen hatte. Und daß dieser gleiche Arzt zufällig einen Bruder hatte, der im öffentlichen Dienst tätig war – an der Seite von Petronius.
Kaum hatte ich mich ausgestreckt und meinen schmerzenden Arm bequem gebettet, sprang Nux aufs Fußende und rollte sich zusammen, als wäre es ganz selbstverständlich für sie, auf dem Bett ihres Herrn zu schlafen.
»Hör auf, mir die Füße zu wärmen. Ich bin nicht dein Herr!«
Nux öffnete ein Auge, streckte die lange rosige Zunge raus und wedelte begeistert.
XXXIX
Die Schwager ließen sich Zeit. Sie hatten sich vermutlich hinter der nächsten Ecke getroffen und waren erst mal einen trinken gegangen.
Das gab mir Zeit, in meine neue Wohnung rüberzugehen und mit dem Aufräumen weiterzumachen. Mein verletzter Arm behinderte mich zwar bei der Arbeit, aber Helena war mitgekommen und half. Selbst mit zwei auf der Treppe herumlungernden Wächtern hatte ich keinesfalls vor, sie allein zu lassen. Jetzt nicht mehr, wo die bösartige Balbinus-Truppe meine Adresse kannte.
Nux trottete vergnügt hinter uns her. Ich schloß sie aus, aber wir konnten sie an der Türritze schnüffeln hören, während sie auf mein Wiederauftauchen wartete.
»Sie betet dich an!« meinte Helena lachend.
»Das wird ihr auch nichts nützen.«
»Der hartherzige Held! Aber«, sagte sie lächelnd, »bei mir hast du dich auch mal so geziert.«
»Quatsch. Ich war derjenige, der sabbernd vor der Tür stand und dich anflehte, mich reinzulassen.«
»Ich hatte Angst, was passieren würde, wenn ich es tat.«
»Genau wie ich, mein Schatz!«
Ich grinste sie an. Noch immer klopfte mein Herz wie wild, wenn ich daran dachte, wohin uns unsere Beziehung noch bringen mochte.
Um den letzten Müll runterzutragen, mußten wir die Tür öffnen, und sofort wischte der Hund rein. Ich mußte ihn mitnehmen, weil ich ihn nicht mit dem Müllbaby allein lassen wollte. Die beiden würden mich noch fertigmachen.
Während wir arbeiteten, besprach ich mit Helena meine Theorie, daß Nonnius von Petronius hinters Licht geführt worden war.
»War das illegal, Marcus?«
»Glaub ich nicht.«
»Eine Falle?«
»Wenn Nonnius seinem Arzt glaubt, ist er selbst schuld.«
»Und wenn er es herausgefunden hätte? Früher oder später hätte er doch merken müssen, daß diese angeblich tödliche Krankheit nicht zum Tode führt und die Diagnose falsch war.«
»Er konnte sich nicht beschweren. Wäre er am Leben geblieben, hätte er für seine Aussage seinen Anteil an Balbinus’ Vermögen kassiert.«
»Ein cleverer Mann, dein Freund Petronius.«
»Die Stillen sind die schlimmsten«, sagte ich.
Während wir noch in der neuen Wohnung waren, kam Petro vorbei und wollte den Schaden, den der Müller und Ikarus mir zugefügt hatten, in Augenschein nehmen. Anfangs war er sehr besorgt, aber nachdem er mich eingehend gemustert hatte, hellte sich sein Gesicht auf. »Dann sind wir dich also für eine Weile los, Falco? Wie lange wird die Genesung
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