Gnadenlos: Auf der Flucht (German Edition)
marschierte wie ein Miniatursoldat in Hawaiiblau über den unebenen Boden der Cantina. Ihre kleinen Knopfaugen fixierten Acadia, während sie auf sie zeigte und ihre Schimpftirade ihren Höhepunkt erreichte. » ¡Bebiendo como una borrachera! ¿Jugando las cartas?« , spuckte sie aus. Betrunken und Karten spielend. »¡Usted es una mujer ingrata!«
Acadia fuhr zusammen. Sie war keinealkoholkranke, undankbare Ehefrau. Sie besorgte Geld, um ihren ungeduldigen Ehemann hier fortschaffen zu können! Trotzdem biss sie sich auf die Zunge und ließ den Kopf hängen. »Tut mir leid«, jammerte sie und warf José einen Seitenblick zu. »Ich wollte gerade zurück in die Mission gehen, wenn Police Officer Fejos fertig ist.«
Schwester Clemencia feuerte eine maschinengewehrartige Salve Spanisch ab, die Josés Lippen sich zu einer dünnen, blassen Linie formen ließ. » Sí« , knurrte er regelrecht und ließ sie los. Vielleicht begnügte er sich doch mit dem Lottogewinn. Er warf den anderen Männern einen eindringlichen Blick zu und wandte sein Gesicht mit einem wissenden Grinsen von der wütenden kleinen Nonne ab.
Acadia bewegte sich mit hängenden Schultern an die Seite der Alten, während Clemencia ihnen mit ihrem knorrigen Finger drohte. Sie verstand nicht alles, aber es reichte, um zu wissen, dass die winzige Nonne nicht besonders viel von Männern hielt, die eine junge Frau zur Sünde verführten.
Sie zuckte zusammen, als die Nonne sich gegen sie richtete. »Ihr Mann«, sagte sie tonlos. »Er ist wach und sucht seine Frau. Gehen Sie. Seien Sie eine gute Ehefrau.« Sonst … hing in der Luft, solange Acadia neben der Nonne hermarschierte, durch die Bar und auf die Tür zu.
Die Männer sahen ihr hinterher, bis sie aus der Tür und ins Abendlicht trat.
Als die Tür hinter Schwester Clemencia zuschwang, atmete Acadia tief ein, flüsterte: » Muchas gracias«, und rannte, was das Zeug hielt, über die Straße und zu Zak zurück.
Happy Birthday. Sie hatte gerade den sicheren Weg hier raus gewonnen.
558 362 328 559 675 625 355 565 583 623 285 967 562 535 556 558 362 328 596 756 …
Zak sah dieselbe nicht endende Zahlenfolge, die ununterbrochen vor seinen Augen vorbeizog, mit absoluter Klarheit. Wie ein gottverdammter Börsenticker wälzte sie sich von links nach rechts.
Die Zahlen verschwanden nicht, sondern schienen sich für immer in seinem Kopf eingenistet zu haben. Tag und Nacht. Bei Licht und im Dunkeln. Egal, wo er hinschaute, die Zahlen verdeckten den unteren Rand von allem, was er ansah. Wenn er die Augen schloss, sah er sie ebenso klar. Der einzige Zustand, in dem er die verdammten Dinger nicht sah, war, wenn er schlief.
Ein Morsecode? Irgendein Algorithmus? Eine Chiffrierung?
Scheiße. Er musste aufhören, Sinn in etwas zu suchen, das ein Produkt seiner Fantasie war.
Er war nie krank gewesen. Himmel, er ging so gut wie nie zum Arzt, außer vielleicht, um sich für eine Reise impfen oder einen gebrochenen Knochen richten zu lassen, aber hiermit würde er schnellstens hingehen.
Es lenkte ihn nicht nur ab, sondern bereitete ihm auch ernsthafte Sorgen. Es gefiel ihm nicht, obwohl er sich vorstellen konnte – wie verrückt hoffte –, dass es sich um eine Art vorübergehende Halluzination handelte. Für ihn sahes verdammt echt aus. Vielleicht war es noch eine Nachwirkung des Fiebers? Oder bei dem Schlag auf den Kopf im Hotel, wo alles angefangen hatte, hatte sich eine Schraube gelockert.
Gideon hätte das bestimmt sehr lustig gefunden!
Zak und Acadia saßen in einem länglichen Curiara, einem Einbaum, und ein ältlicher Pemón und sein Enkel fuhren sie den Orinoco hinunter bis nach Ciudad Bolívar.
Der Himmel war tiefblau. Es war noch nicht ganz dunkel, aber einige Sterne blitzten schon am gewaltigen Himmelszelt über ihnen auf. Die Bäume, die das Flussufer säumten, waren voll mit roten, gelben und blauen kreischenden Papageienschwärmen und Hunderten großer schwarz-orangener Trupiale, die mit ihren langen Schwänzen und dicken Schnäbeln heruntergeschossen kamen, sich ins Wasser stürzten und die Insekten fraßen, die herumschwirrten. Ein Reiher stand auf einem Bein und sah zu, wie sie an ihm vorbeischossen. Ein Stück Holz oder ein Alligator lauerte im hohen Gras am Ufer. Zak hielt die Augen nach jeder raschen Bewegung offen.
»Ich werde ihn vermissen«, sagte Acadia, als der Junge heftig winkend am Ufer stand, den dürren Hund an seiner Seite.
»Wir haben uns wahrscheinlich Flöhe bei ihm
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