Gnadenlos (Sara Cooper)
habe es nicht kapiert“, sagte Sara mit monotoner Stimme.
„Bitte was?“ Cruz war entsetzt und stockte. „Wir waren so knapp dran, haben aber die Zusammenhänge zu spät erkannt“, sagte er leise.
„Welche Zusammenhänge?“, wollte Sara wissen, und Cruz berichtete ihr von Toms und Ricks Vergangenheit. „Rick hat gespürt, dass mit seinem Freund irgendetwas nicht stimmt, und ist immer skeptischer geworden. Er hat uns schließlich auf seine Spur gebracht, aber da war es schon zu spät“, sagte Cruz mit gedämpfter Stimme.
Sara rieb sich die Augen. „Was ist mit diesem Geschäftsmann? Habt ihr mittlerweile seinen Namen? Ist er der Vater von Claires Baby?“
„Lilly und ich sind auf dem Weg zu ihm. Wenn wir mit ihm gesprochen haben, wissen wir hoffentlich mehr. Und du wirst nicht glauben, um wen es sich dabei handelt: Senator John Walters.“
Sara atmete tief ein, sie wunderte aber mittlerweile gar nichts mehr. „Meine Stimme hat er noch nie bekommen“, gab sie trocken zurück. „Sobald Claire transportfähig ist, bringe ich die beiden Mädchen heim. Sie stehen allerdings noch unter Schock“, sagte sie leise, verabschiedete sich und legte auf. Sie blickte aus dem Fenster und dachte nach. Eine Sache verstand sie nicht: Warum hatte Tom auf Claire geschossen, wenn es ihm um Mia ging?
Kapitel 66
Bangkok
Tom lief mit dem Jungen enge Straßen mit vielen kleinen Lädchen in Bangkok entlang und überlegte fieberhaft, was er jetzt tun sollte. Immer wieder blickte er sich um, aus Angst, die Polizei könnte hinter ihm sein. Claire konnte unmöglich tot sein, das beruhigte ihn. Er hatte absichtlich an ihr vorbei gezielt. Erst jetzt bemerkte er, dass der Junge immer noch ganz ruhig in seinem Arm lag und sich überhaupt nicht wehrte. Das Kind hatte ihm die Arme um den Hals gelegt. Es wog kaum etwas. Schließlich blieb Tom stehen und setzte den Kleinen ab. „Los, du kannst nach Hause. Hau ab!“, sagte er zu ihm und machte eine Handbewegung, dass er gehen sollte. Doch der Kleine rieb sich die Augen und fixierte Tom. Er schien keine Angst zu haben und machte keine Anstalten wegzurennen. Wahrscheinlich verstand der Kleine kein Wort. Er war sich nicht sicher, ob der Junge ein Thai war, aber auf jeden Fall Asiate. Was kümmerte es ihn. Er drehte sich um und ging.
Am Straßenrand säumte ein Laden den nächsten: Gemüse, Obst, Kleidung. Er dachte nach. Als nächstes würde er ein Hotel aufsuchen, dann würde er weitersehen. Als er stehen blieb, um sich zu orientieren, griff plötzlich der Junge wieder nach seiner Hand. Tom war irritiert und raunzte den Kleinen an. „Du sollst nach Hause gehen. Verschwinde, verdammt nochmal.“ Der Junge durfte kaum älter als 5 Jahre sein. Unter den dunklen Haaren, die in seine Stirn fielen, blitzten braune Augen hervor. Seine Hose war voller Löcher und sein T-Shirt schmutzig. Warum rannte er nicht weg? Tom ignorierte ihn, aber der Kleine lief wie ein Schatten hinter ihm her. „Hau ab!“ Tom drehte sich um. Dieses Mal brüllte er so laut, dass der Kleine zusammenzuckte und stehenblieb. Tom hoffte am Ziel zu sein und ging schnellen Schrittes weiter. Da heulte der Junge hinter ihm auf. Ein Ladenbesitzer hielt ihn fest und wollte ihm einen Apfel aus der Hand reißen, den der Kleine wohl gerade mitgehen lassen hatte. „Ich glaub es nicht“, murmelte Tom und wollte sich abwenden. Doch dann packte der Mann den Jungen so harsch am Arm, dass dieser wieder aufheulte. Tom zuckte zusammen. Er eilte schließlich zu ihm und riss ihn aus den Händen des Mannes. „Gibt es ein Problem?“, fragte er auf Thai. Es war schnell klar, dass der Junge den Apfel klauen wollte. Tom schmiss dem Mann ein paar Baht hin, nahm den Kleinen wieder auf den Arm und verschwand mit ihm.
Kapitel 67
Downtown, San Diego
Cruz und Lilly fuhren durch den abendlichen Berufsverkehr zum Büro von Senator Walters. „Shawn macht dir zu schaffen, richtig?“ Als sie an einer roten Ampel standen, drehte sich Lilly kurz zu ihrem Kollegen.
Cruz hob die Schultern, und obwohl Lilly wieder nach vorne auf die Straße schaute, bemerkte sie aus den Augenwinkeln, dass ihr Freund sie ansah. „Er nervt mich einfach. Er soll seinen Job machen und seine Ego-Probleme nicht mit mir austragen. Ich kann nichts dafür, dass ich das Team leite, und das sollte ihm eigentlich auch bewusst sein.“
Die Ampel schaltete um auf Grün und Lilly fuhr weiter. „Er meint es nicht böse, das weißt du. Eigentlich ist er ein anständiger
Weitere Kostenlose Bücher