Gnadenlose Gedanken (German Edition)
meine Träume jäh unterbrochen. Der Mann mit dem Drang zu töten war wieder in mein Gehirn eingedrungen. Ohne Vorwarnung, sogar der typische Stich hinter dem Ohr blieb aus, waren sie plötzlich da. Diese wirren Gedanken , die von Blut und Tod sprachen.
[Da ist er ja wieder, der Krüppel mit seinen erbärmlichen Spinnenbeinchen. Ob er es wohl spüren kann, wenn ich sie ihm breche? Wahrscheinlich fühlt er gar nichts mehr, da unten. Er würde wohl noch nicht einmal spüren, wenn ich ihm ein Streichholz unter seinen Sack halten würde. Oder doch? Ich könnte mich ja auch langsam an ihm hocharbeiten, bis ich endlich die Stelle finden würde, wo er noch funktionierende Nerven besitzt. Ich müsste ihn noch nicht einmal fesseln. Seine Behinderung würde das schon für mich erledigen. Ich könnte eine Menge Spaß mit ihm haben, könnte mit ihm spielen, und bräuchte noch nicht einmal Angst davor zu haben, er könnte mir wieder weglaufen. Ich könnte mich ganz auf den Spaß konzentrieren. Wie er nur guckt! Wie ein kleines Kaninchen, das den Fuchs kommen hört, ihn aber nicht
sehen
kann. Es weiß genau, dass es gleich sterben wird, aber kann nichts dagegen unternehmen. Ein schöner Gedanke.]
Das fand ich überhaupt nicht! Warum musste er sich ausgerechnet mich aussuchen? Hier liefen doch genügend Gestalten herum, die geradezu danach schrieen, getötet zu werden! Warum ich?
Wild flog mein Kopf hin und her, um den Sender dieser grässlichen Gedanken ausfindig machen zu können. Doch so sehr ich auch versuchte, mir vorzustellen, wie so ein Geisteskranker aussehen könnte, fand ich niemanden, der kaputt genug aussah. Ich spürte, dass ich ernsthaft in Gefahr war, er waren mehr als Gedanken
spiele
, die da in seinem Hirn kreisten. Das waren schon konkrete Pläne für eine Folter, und
ich
sollte das Opfer sein!
Warum denn immer nur ich? Warum zog ich das Unglück wie ein Magnet an? Sechzigtausend Zuschauer sitzen im Fußballstadion. Und wer bekommt am Ende den Ball in die Fresse? Ich! Warum denn kein anderer? War das mein Schicksal? War das die Strafe für die Scheiße, die ich manchmal dachte? Das konnte doch kein Zufall sein!
Da drüben, dieser alte Knacker! Der die zwei alten Türken anblaffte, nur weil sie die Unverschämtheit besaßen,
nebeneinander
zu gehen. Der Alte war der Meinung, sie hätten ihm gefälligst Platz machen müssen, schließlich wäre es doch
sein
Land. Warum kam denn niemand auf die Idee,
den
umzubringen? Wäre das denn ein so großer Verlust, würde der denn von jemandem vermisst werden? Wohl kaum! Doch der Alte konnte weiterhin die zwei „Kanaken“ anpöbeln. Ja, er bekam sogar noch Unterstützung von einer Gruppe Jugendlicher, die auf dem Platz herumlungerten. Warum hatte sich mein Feind nicht diese Figuren ausgesucht? Oder waren sie ihm einfach zu ähnlich? Waren sie etwa genauso verrückt wie er? Eine beängstigende Vorstellung! Langsam wurde mir der Platz zu eng, ich geriet beinahe in Panik. Ich wollte fliehen, doch ich wusste nicht wohin, da ich keine Ahnung hatte, woher die Gefahr denn überhaupt kam.
[Warum ist es denn nicht erlaubt, so einen Krüppel umzubringen? Er stört doch nur. Alle anderen Lebewesen löschen doch die Schwächsten ihrer Rasse aus, sortieren sie aus. Weil sie die gesamte Gruppe schwächen. In der Natur überleben nur die Starken. Warum dürfen schwache Menschen alt werden? Das ist doch nicht richtig! Wie viel Geld kostet uns dieser nutzlose Krüppel? Wie viele Menschen werden benötigt, um ihn zu pflegen? Diese Menschen könnten doch viel besser dazu eingesetzt werden, unsere Rasse stark bleiben zu lassen. GOTT kann doch nicht wirklich wollen, dass wir eine Rasse sind, die Schwächlinge und Außenseiter am Leben lässt. Wir müssen doch darauf achten, die Stärksten zu bleiben. Sonst werden eines Tages die Ratten die Herrschaft über die Erde übernehmen. GOTTES Erde, unsere Erde. Bei den Ratten überleben nur die Schlauen und die Starken. Die Schwachen werden lediglich als „Vorkoster“ benutzt, als „Vorhut“. Denn die Ratten wissen ganz genau, dass ihre Existenz gefährdet wäre, wenn sie diese Hackordnung nicht hätten. Sie sind unsere gefährlichsten Feinde, sie sind klüger als wir. Weil wir uns den Luxus erlauben, solche Kreaturen wie diesen Rollstuhlfahrer überleben zu lassen. Weil meine Artgenossen es noch nicht begriffen haben. Es ist meine Aufgabe, SEINE Welt zu retten. Ich muss SEINE Schöpfung davor bewahren, von den Ratten zerstört zu werden. Doch
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