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Gnadenlose Jagd

Gnadenlose Jagd

Titel: Gnadenlose Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Erregung, während ihre Hände die oberste Zaunlatte umklammerten. Charlie war keineswegs ein Fabelwesen. Er war ein Pferd aus Fleisch und Blut, und sie würde bald wissen, ob ihr eigenes Fleisch und Blut ihn überlebte.
    In ein paar Minuten werde ich Hope zu dir schicken. Seit Maestros Geburt hat sie angefangen, Frankie zu mögen. Sie sieht, wie liebevoll Frankie mit dem Fohlen umgeht. Und sie weiß, dass meine Tochter keine Gefahr für sie darstellt. Genauso wie du weißt, dass ich für dich keine Gefahr darstelle.
    Ich werde dich morgen reiten. Nicht am Vormittag. Ungefähr um dieselbe Zeit wie jetzt. Ich möchte nicht, dass unser Feind in der Nähe ist, wenn ich es tue. Ich werde keinen Sattel benutzen, weil das deinen Stolz verletzen und dich an all die anderen Menschen erinnern würde, die dich gequält haben. Aber ohne Sattel zu reiten, ist für mich schwieriger. Du kannst mich abwerfen, und wenn ich nicht schnell genug bin, kannst du mich töten. Wenn du das willst. Was ich nicht hoffe.
    »Ist es so weit, Mom?« Frankie war neben sie getreten. »Hope ist ganz unruhig.«
    »Ja, es ist so weit. Mach die Stalltür auf.« Sie sprang vom Zaun und öffnete das Tor. »Sie können es kaum erwarten, wieder zusammen zu sein.«
    Gleich darauf galoppierte Hope in die Koppel, wo sie von Charlie freudig begrüßt wurde. In Augenblicken wie diesem bekam der Name Die Zwei eine andere Bedeutung. In solchen Momenten war die Brutalität und Wildheit, die die Pferde über die Jahre an den Tag gelegt hatten, vergessen. Die Zuneigung zwischen der Stute und dem Hengst war nicht zu übersehen. Zwei gegen den Rest der Welt …
    So ähnlich wie das Band zwischen ihr und ihrer Tochter.
    Grace schloss das Tor. Morgen, Charlie.

16
    »ICH GEHE RAUS AUF DIE KOPPEL, FRANKIE«, SAGTE GRACE. »Du kannst dich solange um Hope und das Fohlen kümmern.«
    »Soll ich Hope und Maestro auch auf die Koppel bringen?«
    »Nein, und auch nicht Hope alleine, solange ich dir nicht Bescheid gebe.«
    »Kann ich nicht eine Weile mit dir kommen?« Frankie zuckte zusammen, als sie Grace’ Gesichtsausdruck wahrnahm. »Du willst es machen«, flüsterte sie. »Heute Nacht?«
    »Ich werd’s probieren. Es hängt von Charlie ab, ob ich es tatsächlich tue.«
    »Ich will mitkommen und dir zusehen.«
    »Lieber nicht. Es kann gut sein, dass ich im Dreck lande.«
    »Das hab ich doch schon öfter gesehen.« Frankies Lippen zitterten. »Das ist gar nicht der Grund, warum ich nicht zusehen soll, stimmt’s?«
    Grace zögerte. »Nein, das ist nicht der Grund.«
    »Du hast Angst, dass Charlie dich verletzen könnte.«
    »Es ist nicht auszuschließen.«
    »Dann tu’s nicht.«
    »Frankie …«
    »Warte, bis du dir sicher bist.«
    »Es ist möglich, dass ich mir nie ganz sicher sein werde. In den letzten drei Tagen habe ich große Fortschritte gemacht, aber man kann nie wissen, ob es reicht.«
    »Ich will dabei sein«, sagte Frankie entschlossen. »Vielleicht brauchst du mich.«
    Grace schaute sie lange an, dann umarmte sie ihre Tochter. »Falls Charlie mich abwirft, komm auf keinen Fall auf die Koppel. Die Wachmänner werden mich beobachten und mich notfalls da rausholen. Marvot will nicht, dass mir etwas zustößt.« Sie hoffte inständig, dass sie mit ihrer Vermutung richtiglag. Alle hier fürchteten sich halb zu Tode vor den Zweien, und womöglich würden sie zögern, bis es zu spät war. »Aber wahrscheinlich wird das ohnehin nicht passieren. Ich glaube ganz fest daran, dass ich das unbeschadet überstehen werde.«
    Frankie holte tief Luft. »Dann lass uns rausgehen und es hinter uns bringen.«
     
    »Heiliger Strohsack«, murmelte Kilmer. Er verlagerte sein Gewicht auf dem Ast des hohen Baums, auf dem er saß, und richtete sein Infrarotsichtgerät aus.
    Sie war im Begriff, es zu tun.
    Sie wirkte angespannt, als sie auf das Pferd zuging, als würde sie über ein Minenfeld laufen.
    Und wenn sie es auf den Rücken des Hengstes schaffte, würde sie womöglich eine ähnliche Explosion auslösen, als wäre sie auf eine Landmine getreten.
    Jetzt stand sie direkt vor ihm und redete mit ihm.
    Der Hengst rührte sich nicht.
    Ganz langsam, während sie immer weiter auf ihn einredete, näherte sie sich dem Pferd von der Seite.
    Gott, sie musste den Verstand verloren haben. Der Gaul war nicht mal gesattelt.
    Immer noch redend, streckte sie vorsichtig die Hände aus und griff in die Mähne des Hengstes.
    Kilmer sah, wie die Wachmänner, die sich mittlerweile alle am Zaun

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