Gnadentod
verängstigt. Ich hatte gerade das Zimmer verlassen, als Eric stehen blieb und seine Faust schwang. Schaumiger Speichel hatte sich in seinen Mundwinkeln gesammelt.
»Verschwinden Sie aus unserem Leben! Wir kommen prima ohne Sie zurecht!«
Über seine Schulter sah ich Stacy vornübergebeugt dasitzen, das Gesicht in den Händen vergraben.
Eric sagte: »Diesen Fall sind Sie los, Sie beschissener Verlierer.«
22
Ich fuhr nach Hause. Meine eiskalten Hände krallten sich um das Lenkrad, und mein Herz hämmerte gegen meinen Brustkorb.
Versuch die Kinder zu vergessen, sie sind nicht länger deine Sache. Konzentrier dich auf die Tatsachen, dachte ich.
Milo hatte Recht. Die Tatsachen passten zueinander. Sein Instinkt hatte ihn zu Richard geführt, und wenn ich ganz ehrlich war: meiner mich auch. Beim ersten Mal, als ich von Mates Tod hörte, war mir sofort Richard in den Sinn gekommen. Ich hatte es nicht wahrhaben wollen und mich hinter der Komplexität eines moralischen Konflikts versteckt, aber jetzt spuckte mir die Wirklichkeit regelrecht ins Gesicht.
Ich musste wieder an Richards hämisches Frohlocken denken, als ich Mates Tod erwähnt hatte: Ein Grund zum Feiern. Der Hurensohn hat endlich bekommen, was er verdient.
Endlich. Hieß das, dass er sich an jemand anderen gewandt hatte, als Goad seinen Auftrag nicht in die Tat umsetzte?
Mittel und Motiv, indirekte Gelegenheit, sofort ein Alibi zur Hand. Milo hatte es von Anfang an durchschaut. Menschen wie Richard erledigten ihre Drecksarbeit nicht selbst.
Sollte das bedeuten, dass sich nach all meinen Theorien das Schlachtfest im Lieferwagen auf einen dummen, blutigen Racheakt reduzierte?
Aber warum? Was konnte jemanden von Richards Intelligenz dazu verleiten, so viel wegen eines Mannes zu riskieren, der nicht mehr getan hatte, als seiner Frau bei der Verwirklichung ihres letzten Wunsches zu helfen? War er einer dieser geschickten Psychopathen, die klug genug waren, ihre Triebe in finanzielle Transaktionen umzuleiten?
Marode Immobilien. Ein Mann, der vom Unglück anderer profitierte. Hatte auch Richard seine Augen vor der Wahrheit verschlossen, der Tatsache, dass Joanne ihn völlig aus ihrem Leben ausgeschlossen und den Tod in einem billigen Motelzimmer einem Leben mit ihm in den Palisades vorgezogen hatte?
In der Gesellschaft eines anderen Mannes zu sterben … die Intimität des Todes. In S(Hero), diesem feministischen Magazin, hatte sich jemand darüber Gedanken gemacht, dass die überwiegende Anzahl der Reisenden Frauen waren, und hatte Spekulationen über die sexuellen Untertöne der Sterbehilfe angestellt. Hatte Richard Joannes letzte Nacht als die schlimmste Art des Ehebruchs angesehen? Ich vermutete, dass das möglich war, dennoch kam es mir immer noch so … plump vor.
Steckte Richard hinter dem falschen Buch und dem kaputten Stethoskop? Du bist nicht mehr im Geschäft, Doc!
Eine unangenehme Beklommenheit überkam mich. Glückliche Reise, du kranker Mistkerl. Warum hatte Richard mich innerhalb einer Woche nach dem Mord angerufen? War der Grund Stacys Zukunft auf dem College, wie er behauptet hatte, oder war es, weil er sich - in dem Bewusstsein, dass Quentin Goad verhaftet worden war - genau auf das vorbereiten wollte, was dann schließlich eingetroffen war?
Auch mit Eric hatte ich auf seinen Wunsch hin ein Gespräch geführt.
Kümmern Sie sich um meine Kinder, solange ich weg bin … Sieh mal an, was aus dieser Idee geworden war.
Plötzlich musste ich an etwas viel Schlimmeres denken. Eric, all das Gerede über Schuld und Sühne.
Das gelenkte Kind, der begabte Erstgeborene, der das College verlassen hatte, um sich um seine bettlägrige Mutter zu kümmern, und der sich damit abzufinden schien. Er verließ plötzlich das Zimmer in seinem Wohnheim, blieb die ganze Nacht auf … besessen von Schuld, weil Schuld alles war, was er empfand?
War sein Vater so grausam, so verrückt gewesen, ihn einzubeziehen?
Ich hatte mir die Überlegung gestattet, ob Eric Mates Mörder war. Nachdem ich ihn jetzt in seiner Wut erlebt hatte, gewannen diese Spekulationen an Gewicht.
Richards Abmachung mit Goad verläuft im Sande, also sorgt er dafür, dass die Sache in der Familie bleibt.
Dad ist in San Francisco und der Sohn für ein paar Tage in L. A., mit dem Schlüssel zu Dads Auto.
Ich wollte so gerne glauben, dass Richard zu schlau dafür war, aber wenn er bereit war, seine Familie aufs Spiel zu setzen, indem er jemandem Bargeld in einer zwielichtigen Kneipe
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