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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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versprechen, dass ich die ganze Angelegenheit zu einem unmittelbaren Abschluss bringen kann, aber ich habe ebenfalls ein gutes Gefühl. Denn wenn Sie es mal ganz nüchtern betrachten, was hat die Polizei denn schon in der Hand? Die reichlich verspäteten Anschuldigungen eines Gewohnheitsverbrechers, der als Rückfalltäter mit einer lebenslänglichen Haftstrafe rechnen muss? Angeblich bestätigende Zeugenaussagen über irgendeine Art Umschlag, der irgendjemandem von jemand anderem in einer schlecht beleuchteten Kneipe zu wer weiß welchem Zweck ausgehändigt wurde?«
    Ich lächelte. »Richard war rein zufällig da?«
    Safer zuckte mit den Schultern. »Richard kann sich nicht mehr im Detail an dieses besondere Treffen erinnern, aber er sagt, wenn es dazu kam, dann zu dem Zweck, um Mr. Goad zu bezahlen. Es ist nichts Außergewöhnliches, dass er seine Arbeiter mit Bargeld bezahlt, wenn sie knapp bei Kasse sind -«
    »Selbstlosigkeit«, sagte ich. »Oder guter Geschäftssinn, wenn man mit ehemaligen Knastbrüdern zu tun hat?«
    Safer lächelte. »Richard beschäftigt Leute, die niemand sonst einstellen will und hilft ihnen manchmal aus der Patsche. Ich habe eine lange Liste anderer Angestellter, die seinen guten Willen bezeugen werden.«
    »Dann sind die Augenzeugen ein Klacks«, sagte ich.
    »Augenzeugen«, sagte er, als wäre es eine Diagnose. »Ich bin sicher, Sie sind mit der psychologischen Forschung bezüglich der Unzuverlässigkeit der Aussagen von Augenzeugen vertraut. Es würde mich nicht überraschen, wenn eine sorgfältige Überprüfung des biografischen Hintergrunds dieser besonderen Augenzeugen diverse Vorgeschichten von Alkoholismus, Drogenmissbrauch und kriminellem Verhalten an den Tag bringen würden.«
    »Und schlechte Beleuchtung.«
    »Auch das.«
    »Klingt nach einem Kinderspiel«, sagte ich.
    »Übertriebener Optimismus ist gefährlich, Dr. Delaware, aber so lange es keine unangenehmen Überraschungen gibt…« Safers grüne Augen verengten sich. »Gibt es irgendwelche Unwägbarkeiten, mit denen ich rechnen sollte?«
    »Nicht das ich wüsste.«
    »Gut, das ist sehr gut. Also, ich werde mit meiner Arbeit weitermachen und Sie die Ihre machen lassen.«
     
    Hinter der Tür lag ein langer Flur, das Pendant zu dem Korridor im Erdgeschoss. Nackte beigefarbene Wände, Wandschränke und Nischen auf der linken Seite, Schlafzimmer zur Rechten, in der Luft ein Hauch von schmutziger Wäsche. Safer führte mich an einer Flügeltür vorbei, die in ein riesiges Zimmer mit weißem Teppichboden führte. Ich sah die mit goldenem Stoff bezogenen Sessel und die Blumentapete - dieselbe, die auf Erics Schnappschuss von Joanne gewesen war … Ich steckte den Kopf zur Tür hinein, sah das schlittenförmige Bett, das mit einer seidenen Tagesdecke bezogen war. Es fiel mir nicht weiter schwer, mir einen abgetrennten Kopf vorzustellen, einen aufgedunsenen, bis hoch zum Hals eingewickelten Körper …
    Die anderen Schlafzimmertüren waren geschlossen. Safer ging an der ersten vorbei und klopfte an der zweiten. Keine Antwort. Er öffnete die Tür einen Spalt, dann machte er sie vollends auf. Der Geruch nach Schmutzwäsche wurde stärker.
    Verblasste blaue Tapete - ein sich wiederholender Druck von winzigen Sportlern in kämpferischen Posen. Auf einem Poster auf der gegenüberliegenden Wand stand: WILLKOMMEN IM CHAOS. Weitere Poster hingen an den beiden anderen Wänden, hauptsächlich Andenken an Konzerte: Pearl Jam, Third Eye Blind, Everclear, Barenaked Ladies. Außerdem eine Karikatur eines verwirrt aussehenden Albert Einstein mit heruntergezogenen Hosen und baumelnden Geschlechtsteilen. Die Bildunterschrift: WER ZUM TEUFEL SAGT, DASS DU SO KLUG BIST?
    Dazwischen akademische Urkunden, die schief hingen: National Merit Scholarship, Bank of America Award, General Studies Award, Science Achievement Award, Abschiedsredner bei der Schulentlassungsfeier. Das Zimmer hatte drei Fenster mit Vorhängen davor, Türen zu einem separaten Badezimmer und einem Einbauschrank, außerdem ein Regalelement aus Chrom und Glas, voll gestopft mit Taschenbüchern, Spiralblöcken, Aktenordnern, losen Blättern und einer billigen, aus Tijuana stammenden Gipsskulptur eines Stiers. Auf einem der oberen Borde zeugte eine Sammlung goldener Plastikfiguren von den Freuden sportlicher Errungenschaften.
    Mein Blick fiel auf das Doppelbett, dessen Laken verwickelt und zerknittert war und zur Hälfte auf dem Boden hing. Dahinter standen eine Stereoanlage, mehrere

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