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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ich.
    »Klar«, sagte er. »Ihm hab ich auch die Nase abgebissen. Dazu habe ich Pmro-Bohnen gegessen und … irgendeinen Wein … warum muss ich an Chablis denken? Besorgen Sie mir mein verdammtes Tegretol.«
    »Ich will sehen, was ich tun kann«, sagte ich.
    »Lüg mich nicht an, Doktorchen.«
    »Ich werde tun, was ich tun kann.«
    »Nein, das wirst du nicht.«
    Ich verließ ihn, kehrte in das Stationszimmer zurück und piepte die Ärztin an, die die letzte Eintragung vorgenommen hatte - heute am frühen Morgen. Ihr Name war Greenbaum, und sie war Anstaltsärztin im ersten Jahr, was bedeutete, dass ihre Ausbildung erst vor wenigen Monaten begonnen hatte. Als sie zurückrief, sagte sie, dass sie im Moment im County General Hospital sei und nicht vor morgen zurück in Hollywood sein könnte. Ich erzählte ihr, warum ich Salcido besucht hatte, und fragte sie nach der Medikation.
    »Ja«, sagte sie, »er behauptet, er braucht es zur »inneren Stabilisierung«, das hat er mir auch vorgesungen. Ich warte noch auf ein Gespräch mit der Stationsärztin.«
    »Er behandelt sich selbst damit gegen Aggressivität und Stimmungsumschwünge. Wenn er bereits auf Tegretol ist, hat er wahrscheinlich Lithium und die Neuroleptika schon hinter sich. Vielleicht im Gefängnis.«
    »Vielleicht, aber ich habe nichts aus ihm rausgekriegt, das Ähnlichkeit mit einer Krankengeschichte hatte. Nichts gegen Tegretol, aber man muss die Nebenwirkungen bedenken. Ich brauche seine Blutwerte.«
    »Hatten Sie Gelegenheit, mit ihm zu reden?«
    »Er hat nicht geredet.«
    »Inzwischen ist er ein bisschen mitteilsamer«, sagte ich. »Er hat einen beachtlichen IQ. Er weiß, wie es sich anfühlt, bevor die Aggressivität einsetzt, und bemüht sich darum, die Kontrolle zu bewahren.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich will andeuten, dass er zumindest in einer Hinsicht wissen könnte, was für ihn das Beste ist.«
    »Haben Sie seine Haut gesehen?«, fragte sie. »Die ist schwer zu übersehen.«
    »Ziemlich chaotisch für jemanden, der weiß, was das Beste für ihn ist.«
    »Das ist richtig, aber -«
    »Ich verstehe schon«, sagte sie. »Die Polizei hat Sie geschickt, um ihn zu begutachten, und sie wollen, dass er bei Verstand ist, damit Sie mit ihm reden können.«
    »Das ist ein Punkt. Der andere Punkt ist, dass er bereits gewalttätig geworden ist, und wenn etwas bei ihm funktioniert, sollte man es in Erwägung ziehen. Ich will Ihnen nicht vorschrieben, wie Sie Ihren Job -«
    »Doch, genau das wollen Sie.« Sie lachte. »Aber warum nicht? Das macht doch sowieso jeder. Okay, es wäre blödsinnig, wenn er ausrasten und ich um drei Uhr früh aus dem Bett geklingelt werden würde. Ich versuche noch mal mit der Stationsärztin zu sprechen. Wenn sie nichts dagegen hat, bekommt er seine Tabletten.«
    »Er sagt, er hätte dreihundert Milligramm pro Tag genommen.«
    »Sagt er das? Haben die Irren inzwischen die Anstaltsleitung übernommen?«
    »Sehen Sie doch mal in Richtung Washington, D.C.« Sie lachte lauter. »Was will die Polizei von ihm?«
    »Informationen.«
    »Worüber?«
    »Über einen Mord.«
    »Oh. Großartig. Ein Mörder. Ich kann es kaum erwarten, ihn wiederzusehen.«
    »Er ist kein Verdächtiger«, sagte ich. »Sondern ein potenzieller Zeuge.«
    »Ein Zeuge? Ein Typ wie der, was könnte der denn schon bezeugen?«
    »Schwer zu sagen. Im Moment versuche ich eine Verbindung zu ihm herzustellen. Wir reden über seine Familie.«
    »Über seine Familie? Die gute alte Psychoanalyse, wie? Das Zeug, über das man in Büchern liest?«
    Ich kehrte in Donnys Zimmer zurück. Er lag mit dem Gesicht zur Tür da, und er wartete.
    »Keine Versprechungen«, sagte ich, »aber die Ärztin, die Sie heute Morgen untersucht hat, ruft die Stationsärztin an.«
    »Wie lange wird es dauern, bis ich mein Tegretol bekomme?«
    »Wenn sie grünes Licht bekommt, nicht lange.«
    »Eine Ewigkeit. Was für ein Blödsinn.«
    »Nichts zu danken, Mr. Salcido.«
    Er zog seine Lippen zurück und entblößte seine Zähne, von denen die eine Hälfte fehlte, und die verbliebenen abgebrochen und verfärbt waren.
    Ich zog einen Stuhl neben das Bett und setzte mich. »Warum waren Sie auf dem Weg zur Wohnung Ihres Vaters?«
    »Er ist nie zu mir gekommen, warum sollte ich zu ihm gehen?«
    »Aber Sie haben es getan.«
    »Das weiß ich, Sie Blödmann! Das war eine rhetorische Frage, schon mal was von Cicero gehört? Ich hinterfrage meine Motive - betreibe Introspektion. Ist das nicht

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